Arabische Staaten verurteilen Angriff auf Lager bei Rafah

27 Mai 2024
Rafah
Nach Angriff auf Lager bei Rafah Arabische Staaten erheben schwere Vorwürfe

Stand: 27.05.2024 13:39 Uhr

Es gibt weiter viele offene Fragen nach dem Luftangriff in der Nähe von Rafah. Arabische Staaten werfen Israel vor, ein Zeltlager für Geflüchtete getroffen zu haben. Israel spricht hingegen von einem Präzisionsschlag gegen Hamas-Kämpfer.

Mehrere arabische Staaten haben die Bombardierung eines Lagers bei Rafah scharf verurteilt. Das israelische Militär hatte gestern einen Luftangriff in der Nähe von Rafah durchgeführt. Dabei soll laut Angaben des Roten Halbmondes ein Zeltlager von geflüchteten Zivilisten getroffen worden sein.

Das ägyptische Außenministerium nannte den Angriff eine "absichtliche Bombardierung der Zelte der Geflüchteten" und spricht von einem "neuen und eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht". Jordaniens Außenministerium bezeichnete den jüngsten Angriff als "abscheuliches Kriegsverbrechen der israelischen Besatzungstruppen im Gazastreifen".

Der Vermittlerstaat Katar zeigte sich besorgt, dass der Angriff die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg behindern könnte. Das Außenministerium in Doha forderte die internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um das "Verbrechen eines Völkermords" zu verhindern. Aus Kuwait kamen ähnlich scharfe Worte. Das dortige Außenministerium verurteilte den Angriff aufs Schärfste.

Israel spricht von Präzisionsschlag

Bei dem israelischen Luftangriff am Sonntag in der Stadt Rafah im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mindestens 35 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen meldet mehr als 15 Tote.

Das israelische Militär bestätige auf der Plattform X, dass es einen Luftangriff auf ein Gelände der islamistischen Hamas gegeben habe. Neben Jassin Rabia, dem maßgeblichen Kopf hinter den Terroraktivitäten der Islamistenorganisation im Westjordanland, sei auch das ranghohe Hamas-Mitglied Chaled Nagar getötet worden.

Der Luftangriff sei im Einklang mit internationalem Recht erfolgt, erklärte das Militär weiter. Die Berichte, dass infolge des Luftangriffs ein Feuer ausgebrochen sei, bei dem Unbeteiligte zu Schaden gekommen seien, würden überprüft. Israels oberste Militäranwältin, Generalmajorin Jifat Tomer-Jeruschalmi, sagte zu den Vorwürfen: "Ein Teil der Vorfälle - wie jener gestern in Rafah - sind sehr schwerwiegend." Israels Armee bedauere es immer, wenn Unbeteiligte zu Schaden kämen. Der konkrete Vorfall werde noch untersucht.

Vermehrt Vorwürfe gegen Israel

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf Israel auf X vor, seine Militäraktionen entgegen der Anordnung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) fortzusetzen.

Der IGH hatte Israel am Freitag verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah unverzüglich zu beenden. Entscheidungen des Weltgerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock betonte mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten die Bedeutung internationalen Rechts: "Es gab weitere Raketen auf Tel Aviv von der Hamas, und zugleich sehen wir, dass es kein Gewinn für Israels Sicherheit ist - dass keine Geisel freikommt - wenn jetzt Menschen in Zelten verbrennen", sagte Baerbock.

"Das internationale Völkerrecht, das humanitäre Völkerrecht, das gilt für alle", sagte Baerbock weiter. Auch Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs seien bindend und müssten natürlich befolgt werden, so Baerbock. Man erlebe aber gerade das Gegenteil.

Interne Untersuchungen in 70 Fällen

Losgelöst von den jüngsten Vorwürfen hat Israel hat nach Angaben der obersten Militäranwältin seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast acht Monaten in 70 Fällen Ermittlungsverfahren gegen israelische Soldaten eingeleitet. Dabei gehe es um mutmaßliche Vergehen wie Plünderungen, Gewalt sowie den Tod von Gefangenen aus Gaza, sagte Generalmajor Tomer-Jeruschalmi. Israel kämpfe gegen Feinde, denen das Kriegsrecht egal sei, sagte die Anwältin.

Sie wies den Vorwurf der Aushungerung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ebenso zurück wie den der gezielten Tötung von Zivilisten. "Im Krieg passieren auch Vorfälle, die den Verdacht des Verstoßes gegen das Kriegsrecht und gegen militärische Befehle wecken", sagte Tomer-Jeruschalmi. Dies seien jedoch Ausnahmen. Es handele sich um die Taten Einzelner, die den Werten der israelischen Armee entgegengesetzt seien. Sie fügten aber dem internationalen Ansehen des Staates Israel und seiner Armee schwerwiegenden strategischen Schaden zu.

Deutschland stockt wohl Hilfe auf

Deutschland stockt unterdessen wohl seine humanitäre Hilfe für den Gazastreifen um rund 39 Millionen Euro auf. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Delegationskreisen erfuhr, soll das Geld insbesondere der Gesundheitsnothilfe in Gaza und der Bekämpfung von Krankheitsausbrüchen wie etwa Cholera dienen.

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