Russlands Wirtschaft zerbricht Putin bereitet neue Phase der ...

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Stand: 07.06.2024, 13:18 Uhr

Von: Bona Hyun

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Putin will Russland auf eine jahrzehntelange Kriegswirtschaft einstellen – doch das birgt Risiken. Denn die Folgen der Sanktionen holen ihn ein.

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Foto Frankfurter Rundschau

Moskau – Erstmals mehr Geld für Militär und Sicherheit als für Sozialausgaben: Kremlchef Wladimir Putin schwört Russland nach mehr als zwei Jahren seines Angriffskrieges gegen die Ukraine auf einen Ausbau der Kriegswirtschaft ein. Das Land stelle sich auf eine jahrzehntelange Kriegswirtschaft ein, hieß es auf dem 27. St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF).

„Heute ist der militärisch-industrielle Komplex die Lokomotive der Wirtschaft“, sagte der russische Ökonom Pjotr Fradkow. Was offenbar viele in Russland nicht wahrhaben wollen: genau diese wirtschaftliche Abhängigkeit vom Krieg wird sich rächen.

Milliarden für Militär: Putin schickt Russlands Wirtschaft ins Verderben

Putin will Russland auf eine jahrzehntelange Kriegswirtschaft vorbereiten – doch das birgt Risiken. © Sergei Bobylev/imago

Seit dem Ukraine-Krieg hat Putin die Ausgaben für das Militär angekurbelt, um die Produktion im Rüstungssektor zu steigern. Putin habe eine ganze Liste von Anweisungen für die Entwicklung des Rüstungssektors unterschrieben, um noch mehr Waffen und Munition zu produzieren, sagte der erste Vizeregierungschef Denis Manturow auf dem (SPIEF), welches seit Mittwoch (5. Juni 2024) läuft und Samstag endet.

Allein für den Haushaltsposten Verteidigung gibt der Kreml in diesem Jahr umgerechnet etwa 110 Milliarden Euro aus. Hinzu kommen weitere 34 Milliarden Euro für die Bereiche nationale Sicherheit und Sicherheitsorgane. Insgesamt sind das 38,6 Prozent aller Ausgaben des russischen Etats oder acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Angesichts westlicher Waffenlieferungen an die Ukraine, die damit auch russisches Staatsgebiet beschießen will, drohte Putin bei dem Forum mit einer „asymmetrischen Antwort“. Moskau könnte demnach künftig russische Waffen an jene Länder liefern, die im Konflikt stünden zu den USA und anderen Nato-Mitgliedern.

Russlands Wirtschaft wirklich robust wie Putin darstellt? Einbruch bei Öl und Gas

Putin machte auch deutlich, dass sich Russland gegen die Erwartung vieler bisher gut behaupte gegen die Strafmaßnahmen des Westens. Westliche Experten bestätigen, dass die russische Wirtschaft trotz des Drucks durch die Sanktionen vergleichsweise robust sei. Doch zugleich wächst die Sorge, dass Russlands Wirtschaft an den Folgen des kriegsbedingten Wachstums zerfallen wird. Investitionen, die Russland gerade tätigt, seien keine, „die langfristig einen positiven Effekt auf die Wirtschaft haben“, sagte Prof. Dr. Michael Rochlitz, Universität Oxford zum ZDF am 5. Juni 2024.

Russland sei im Moment zudem extrem abhängig von Öl- und Gaspreis. Russlands Wirtschaft musste bereits wegen des Ukraine-Kriegs verheerende Einbrüche beim Export von Gas hinnehmen, wie man auch am jüngsten Beispiel Gazprom sieht: Russlands Energieriese hatte im Jahr 2021 noch über 174 Milliarden Kubikmeter Erdgas in europäische Länder exportiert. 2023 beliefen sich die Erdgaslieferungen von Gazprom nach Europa jedoch nur noch auf 28,3 Milliarden Kubikmeter, wie Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters zeigen (Stand Januar 2024). Erstmals seit 1999 erzielte das Unternehmen keine Gewinne. Aufgrund der westlichen Sanktionen fällt es Putin immer schwerer, Abnehmer für russisches Gas zu finden. Ein wichtiges Gaspipeline-Projekt mit China droht zu scheitern.

Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft wirken sich auf Finanzsektor aus

Ähnliche Wirkungen haben auch Sanktionen auf Russlands Geschäfte im Finanzsektor. Besonders seit der Androhung der USA, härter gegen Institute vorzugehen, die Russland finanziell unterstützen, haben viele Banken Russland den Rücken zugewandt. Chinas Banken haben den Zahlungsverkehr eingestellt und die Annahme von Yuan-Zahlungen aus Russland gestoppt. Auch Banken aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten machten einen Rückzieher. „Blutgerinnsel haben sich in allen Hauptgefäßen gebildet“, sagte Russlands Ex-Finanzminister Michail Zadornov dazu.

Zudem erschweren laut Wladislaw Inosemzew, Direktor des Moskauer Zentrums zur Erforschung postindustrieller Gesellschaften, die westlichen Sanktionen generell Transaktionen. Der Kapitalabfluss finde kaum noch statt, weil die EU Konten für Russen geschlossen habe, sagte er im Gespräch mit der Welt. Russlands Wirtschaft sei wie „ein geschlossener Dampfkessel voller Geld“, sagte Oleg Vjugin, ehemaliger Vizechef der russischen Zentralbank ebenfalls zur Welt. (bohy mit Material der dpa)

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