Atomrakete RS-28 Sarmat: Rückschlag für Putins „Weltzerstörrakete“

6 Tage vor
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Russland Atomrakete RS-28 Sarmat

Startplatz verwüstet – Rückschlag für Putins „Weltzerstör-Rakete“

Stand: 19:13 UhrLesedauer: 3 Minuten

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Foto DIE WELT
Der bislang einzige Flugtest des Gesamtsystems – mit Sprengkopfattrappen – fand am 20. April 2022 stattQuelle: picture alliance/dpa/Russian Defence Ministry

Die Interkontinentalrakete RS-28 Sarmat, von Experten auch als „Weltzerstör-Rakete“ bezeichnet, ist offenbar im Startsilo explodiert. Das zeigt ein aktuelles Satellitenbild. Fachleute bezeichnen den Fehlschlag von Putins selbst ernannter „Wunderwaffe“ als militärisches Fiasko.

Gescheiterte Raketentests mit katastrophalen Folgen lassen sich in Zeiten hochentwickelter Aufklärung aus dem Weltraum nicht mehr verheimlichen. So ist jetzt offensichtlich ein Exemplar der als „Weltzerstör-Rakete“ bezeichneten neuen russischen Interkontinentalrakete RS-28 Sarmat im Startsilo explodiert.

Ein Beobachtungssatellit lieferte eine Aufnahme, die ein restlos zerstörtes Startsilo der Rakete samt großem Krater auf dem abgeschotteten Weltraumbahnhof Plessek im hohen Norden Russlands zeigt. In Expertenbeiträgen im Kurznachrichtendienst X wird von einem Fiasko gesprochen.

Es ist der mindestens vierte Fehlschlag in der Entwicklungsgeschichte der neuen russischen Interkontinentalrakete für Atomsprengköpfe, die von der Nato als Satan II bezeichnet wird. Das Modell ist die weltweit größte Interkontinentalrakete. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Super-Rakete bereits 2018 angekündigt und Mitte 2023 erklärt, die Sarmat-Raketensysteme werde „in naher Zukunft ihren Kampfeinsatz aufnehmen“. Das wurde bei westlichen Experten allerdings skeptisch beurteilt, zumal das gesamte Raketenprogramm immer wieder von Verzögerungen und Rückschlägen begleitet wird.

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Der bislang erste und einzige Flugtest des Gesamtsystems – mit Sprengkopfattrappen – fand am 20. April 2022 statt, also kurz nach dem Beginn des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine. Putin sprach von einer „wirklich einzigartigen Waffe“. Der russische Präsident behauptete, dass die Sarmat-Rakete mit 18.000 Kilometern Reichweite und mehr als 200 Tonnen Gewicht „unvergleichbar“ sei und die Atomsprengköpfe Abwehrsysteme überwinden könnten. Der Anflug, etwa auf US-Großstädte, könnte auf Flugrouten über den Nord-, aber auch über den Südpol erfolgen. Experten sprechen von zehn bis zwölf Atombomben, die in der Raketenspitze transportiert werden könnten.

Bemerkenswert ist die Entwicklungsgeschichte der dreistufigen Sarmat-Rakete mit gut 35 Meter Länge. Ihr Vorgänger, das Modell R36-M (Nato-Code Satan), beruhte vornehmlich auf ukrainischen Entwicklungen in der ehemaligen Sowjetunion. Putin strebte aber eine von russischen Ingenieuren gebaute Interkontinentalrakete an.

Für den Münchner Raketenspezialisten und -analysten Markus Schiller ist der jüngste Unfall mit der Sarmat-Rakete ein Beleg, „dass sie noch nicht zuverlässig ist“. Offensichtlich gebe es tiefergehende Probleme in Russlands Raketenindustrie, sagte Schiller WELT. Ob der Fehlschlag beim Betanken mit Flüssigtreibstoff oder bei einem Sarmat-Startversuch passierte, lasse sich derzeit nicht beurteilen.

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Russland nutzt bei der Rakete sogenannte hypergole Treibstoffe, die sich sofort und von selbst entzünden, wenn sie miteinander in Kontakt kommen. Die USA verwenden Feststofftriebwerke bei ihren aus Silos abgefeuerten Interkontinentalraketen. Von den Dimensionen und der Leistungsfähigkeit sei die Sarmat-Rakete mit einer Weltraumrakete vergleichbar, sagt Schiller.

Bilder kommen aus Deutschland

Die Aufnahme von dem zerstörten Sarmat-Startsilo auf dem abgeschirmten Weltraumbahnhof lieferte der amerikanische Weltraumbilder-Dienstleister Planet Labs.

Bemerkenswert ist, dass die Europa-Zentrale der Weltraumspäher ihren Sitz in Berlin hat. Planet Labs beliefert in Deutschland bereits verschiedene Ministerien und Behörden und hat jüngst mit der Deutschen Raumfahrtagentur einen Mehrjahresvertrag unterzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass zahlreiche westliche Spionagesatelliten den russischen Weltraumbahnhof im Norden regelmäßig genau unter die Lupe nehmen.

Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft- und Raumfahrt und Militär.

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