Bundeswehr: Warum Boris Pistorius zwei weitere Kriegsschiffe ...

31 Mai 2024
Bundeswehr-Aufrüstung Warum Boris Pistorius zwei weitere Fregatten kaufen muss

Das Verteidigungsministerium plant den Kauf von zwei neuen Kriegsschiffen F126 – offenbar ohne die Bezahlung geklärt zu haben. Auch bereits bestellte Schiffe werden deutlich teurer.

Pistorius - Figure 1
Foto WirtschaftsWoche

Zur feierlichen Kiellegung der ersten von vier hochmodernen neuen Fregatten kommt der Verteidigungsminister persönlich. Boris Pistorius reist am Montag auf die Peene-Werft in Wolgast westlich von Usedom. Bezeugen will er das traditionelle Nageln der Platten und das Unterschlagen der Kiellegungsplatte des hoffentlich bald neuen Stolzes der deutschen Marine. 

Die F126 wird das kampfstärkste Schiff des Landes. „Zur dreidimensionalen Seekriegsführung“ sei die Fregatte fähig, schreibt die Bundeswehr. Ein Hightech-Boot, das Ziele unter Wasser, auf dem Wasser und in der Luft bekämpfen kann. Bereit für die Seeraumüberwachung, zur Jagd auf feindliche U-Boote oder zur plötzlichen Evakuierungen aus Krisenregionen. 

Rund fünf Milliarden Euro hatte die Bundesregierung dafür veranschlagt. Damit ist die F126 das größte Schiffbauprojekt in der Geschichte der deutschen Marine. Kein Wunder also, dass Pistorius selbst zu Besuch kommt, wenn es um das Glück des Projekts geht. Zumal ihm das Thema in Berlin gerade intern einigen Druck bereitet. Und neue Kosten verursacht.

Vier plus zwei

Denn das Verteidigungsministerium beabsichtigt aktuell, sogar noch zwei weitere Fregatten einzukaufen. Das geht aus einer Vorlage mit dem Vermerk VS hervor – also nur für den Dienstgebrauch – die das Finanzministerium an den zuständigen Haushaltsausschuss des Bundestags geschickt hat. Sie liegt der WirtschaftsWoche vor. Eigentlich hatte Pistorius' Vorgängerin Christine Lambrecht im Jahr 2022 nach deftiger Ausgaben-Kritik des Bundesrechnungshofs entschieden, die Option auf die beiden Schiffe vorerst nicht mehr bei deren Herstellern Damen Naval und Blohm+Voss zu ziehen.

Genau das hat aber offenbar für Verzögerungen gesorgt, die jetzt doch noch Tatsachen schaffen. Der Kauf soll vollzogen werden: Die Schiffe fünf und sechs haben laut Vorlage einen Gesamtauftragswert von 2,88 Milliarden Euro. Dazu kommen noch einmal zusätzliche Leistungen in Höhe von knapp 300 Millionen Euro. „Die Lieferung von Schiff 5 soll im Januar 2033 und von Schiff 6 im Januar 2034 erfolgen“, schreibt das Finanzministerium. 

Was dahinter steckt? Laut Beteiligten muss das Verteidigungsministerium die beiden Fregatten offenbar jetzt geradezu unter Druck und auch wesentlich teurer einkaufen, weil die letzte von drei Optionsfristen abläuft. Ohne den Kauf müssten Pistorius' Leute den Vertrag demnach neu aufzusetzen, was allein aufgrund der so verfehlten Nato-Verpflichtungen sowie der entstehenden Kosten einer Katastrophe gleichkäme. Dieser Zustand führt dazu, dass es aktuell noch überhaupt keinen richtigen Plan dafür gibt, wie die Schiffe überhaupt bezahlt werden sollen.

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So gibt es laut Vorlage von 2025 bis 2027 bislang „keine Haushaltsvorsorge“ für das Projekt. Das Verteidigungsministerium habe lediglich zugesichert, die nötigen Mittel im Rahmen des Bundeshaushalts 2025 bereitzustellen. Was bürokratisch klingt, sorgt bei Haushältern bereits für einige Aufregung. „Das Ministerium darf jetzt also Verträge unterschreiben, ohne Geld dafür zur Verfügung zu haben“, kritisiert ein Mitglied. Gerade vor dem Hintergrund des andauernden Haushaltsstreits zwischen FPD-Finanzminister Christian Lindner und SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius sei das ein schwer nachzuvollziehender Zustand, heißt es. Auch, dass der Bundestag jetzt trotz Bedenken geradezu zustimmen muss, um das Scheitern der Option zu verhindern, sorgt für Ärger.

Ein anderes Problem ist das Personal. Der Bundesrechnungshof hatte kritisiert, dass die Bundeswehr überhaupt nicht genug Soldatinnen und Soldaten habe, um die beiden neuen Kriegsschiffe zu bestücken. Dem hält das Verteidigungsministerium entgegen, dass die Beschaffung von zwei weiteren Fregatten dieser Klasse ein dringendes operatives Erfordernis sei, „um den Vorgaben der Nato und damit dem Ziel einer glaubhaften Abschreckung gerecht zu werden.“ Pistorius' Haus versichert: Zum Zeitpunkt des Einsatzes der neuen Fregatten werde sich die Personallage „signifikant verbessert“ haben. Ob das wirklich klappt, bleibt ungewiss.

Auch die bereits bestellten Schiffe werden teurer

Weitere Kritik gibt es an einer zweiten Vorlage an den Haushaltsausschuss, die der Wirtschaftswoche ebenfalls vorliegt. Darin geht es diesmal um die bereits bestellten Schiffe. Für diese will das Verteidigungsministerium 323,2 Millionen Euro mehr ausgeben als bisher abgemacht. Grund sei ein Änderungsvertrag mit den Herstellern. 

„Die Preisanpassung ist aus Sicht des Auftragnehmers zwingend erforderlich“, argumentiert das Verteidigungsministerium. Dieser mache die weltweite Inflation nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine für gestiegene Kosten verantwortlich. 

„Damit gibt es das erste Mal eine sehr große Vertragsanpassung, wo ein Rüstungsunternehmen sehr viel Geld mehr als Inflationsanpassung bekommt, als vertraglich vorher vereinbart“, heißt es unter Haushältern. Man befürchtet, dass jetzt auch andere Anbieter die Möglichkeit sehen, ihre Preise im Nachhinein nach oben zu schrauben.

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