Schauspieler Peter Sodann gestorben

7 Apr 2024
Peter Sodann
Peter Sodann hat als Theaterchef in Halle zu DDR-Zeiten aus einem maroden Gebäudekomplex die Kulturinsel aufgebaut, die bis heute ein Kulturzentrum der Stadt ist.Als Kommissar Bruno Ehrlicher im Tatort wurde er ab 1992 auch als Schauspieler einem breiten Publikum bekannt.Später wurde er chancenlos als Bundespräsident aufgestellt und gründete eine DDR-Bibliothek.

Der Schauspieler, Regisseur und Theaterintendant Peter Sodann ist tot. Er starb am Freitag im Alter von 87 Jahren in Halle, wie seine Familie am Sonntag mitteilte. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet.

Obwohl Peter Sodann vielen Menschen durch sein Wirken in Halle bekannt wurde, war er eigentlich gebürtiger Sachse. 1936 in Meißen geboren, holte er nach einer Ausbildung als Werkzeugmacher Mitte der 50er-Jahre sein Abitur nach. Anschließend studierte Sodann vier Semester Jura in Leipzig. Von 1959 bis 1961 absolvierte er an der Theaterhochschule Leipzig eine Schauspielausbildung.

Parallel leitete Sodann in Leipzig das Studentenkabarett "Rat der Spötter" und eckte dabei mit der Staatsmacht an. Wegen staatsfeindlicher Hetze und Vorbereitung der Konterrevolution wurde er verurteilt und verbrachte mehrere Monate im Gefängs. Nach seiner Haftentlassung 1962 trat er zunächst im VEB Starkstromanlagenbau Leipzig eine Ausbildung zum Spitzendreher an, bevor er 1963 sein Schauspielstudium fortsetzen und abschließen konnte.

Theaterchef in Halle

1964 holte ihn Helene Weigel, die Ehefrau von Bertolt Brecht, an das Berliner Ensemble, wo Sodann zwei Jahre nicht nur als Schauspieler wirkte sondern auch erste Regierfahrungen sammelte. Nach Stationen in Erfurt, Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) und Magdeburg gelangte er schließlich 1980 als Schauspieldirektor des "Theaters des Friedens"  nach Halle.

Hier initiierte er, mit Unterstüzung seines Theaterteams, sein großes Werk: die Verwandlung eines maroden Gebäudekomplexes in der Altstadt zu einer Kulturinsel und damit einem der bedeutendsten ostdeutschen Kulturzentren. Ein altes Kino wurde zum "Neuen Theater", nach und nach kamen weitere Bühnen hinzu, außerdem ein Literaturcafé, eine Galerie und gastronomische Einrichtungen. Bis heute ist die Kulturinsel ein lebendiges Zentrum des Kulturbetriebes in Halle.

Persönlich enttäuschender Abgang

Natürlich wurde auf der Kulturinsel auch Theater gespielt, unter Sodann immer eins, das gerne auch zum Publikum hingedacht war, Volkstheater im besten Wortsinn.

Ein Jahr vor Sodanns 25-jährigem Bühnenjubiläum und seinem 70. Geburtstag gab es 2005 jedoch eine Entscheidung gegen den Kulturschaffenden. Die Verantwortlichen der Stadt Halle waren der Meinung, dass es genug für Sodann sei. Ende Juli sollte für ihn Schluss als Schauspieldirektor und Intendant des Neuen Theaters sein. Kurz zuvor war er noch zum Ehrenbürger der Stadt Halle ernannt worden. Sodann schrieb damals dazu auf seiner Homepage, dass er "vor die Tür gesetzt" werde und das "tut schon sehr weh." Und weiter: "Schließlich habe ich diese Kulturinsel mit meinen Leuten selbst aufgebaut; jeden Nagel, jedes Brett habe ich besorgt."

Es war ein Rausschmiss, den Sodann lange nicht verziehen hat. Erst als er 80 Jahre alt wurde und ein anderer Kollege als sein damaliger Nachfolger Intendant des Neuen Theaters war, hat er das Haus wieder betreten.

Dass ich vor die Tür gesetzt werde, tut schon sehr weh, schließlich habe ich diese Kulturinsel mit meinen Leuten selbst aufgebaut; jeden Nagel, jedes Brett habe ich besorgt.

Beliebter Tatort-Kommissar in Dresden und Leipzig

Zu tun gab es für Sodann aber auch sonst immer genug. 45 Mal spielte er ab Anfang 1992 Kommissar den Bruno Ehrlicher im Tatort. Auch in zahlreichen anderen Film- und Fernsehrollen eroberte er sein Publikum. In Frank Beyers TV-Zweiteiler "Nikolaikirche" nach Erich Loests Roman spielte er den Chef der Stasi-Zentrale, im ZDF-Zweiteiler "Deutschlandspiel" verkörperte er an der Seite u.a. von Peter Ustinov den ehemaligen Stasi-Chef Erich Mielke. Zu einer seiner wichtigsten Rollen zählte er selbst die des Pfarrers Helander in der Bernhard-Wicki-Verfilmung des Romans "Sansibar oder der letzte Grund" von Alfred Andersch.

Auf Sodann waren zu DDR-Zeiten zeitweise bis zu 80 Stasi-Spitzel angesetzt. Dennoch äußerte er persönlich auch Nachsicht mit den Mitläufern und Tätern des DDR-Spitzelregimes. Er sprach sich immer wieder für eine individuelle Beurteilung der Einzelfälle aus.

Nominiert als Bundespräsident

Auch darüber hinaus engagierte sich Sodann immer wieder politisch und gesellschaftlich. Zur Bundespräsidentenwahl im Frühjahr 2009 wurde er von der Bundestagsfraktion der Linken als Kandidat aufgestellt. Chancen hatte er zwar keine, aber am Ende zwei Stimmen mehr, als die Linke ihm in der Bundesversammlung hätten geben können. Gewonnen hatte seinerzeit Amtsinhaber Horst Köhler.

Der Büchersammler: DDR-Bibliothek

Eine große Leidenschaft wurde Sodann das Sammeln von Büchern, die nach 1945 im Osten Deutschlands erschienen waren. Mit seiner DDR-Bibliothek hat er ganze Büchereibestände vor der Müllhalde bewahrt. Ihm ging es um das Kulturerbe der DDR. Sodann glaubte, "dass unsere Enkel einmal nachlesen wollen, was ihre Großväter gemacht haben".

Nach Stationen in Halle und Merseburg siedelte er die auf etwa vier Millionen Bände angewachsene Büchersammlung 2012 in der Gemeinde Staucha an. Die Peter-Sodann-Bibliothek wurde als Genossenschaft angelegt, damit seine Idee auch ohne ihn weiterexistieren kann.

Quelle: MDR KULTUR, dpa
Redaktionelle Bearbeitung: op,lig

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