Peer Steinbrück bei Markus Lanz: So will der Ex-Minister den Staat ...
Von Marko Schlichting 04.12.2024, 05:11 Uhr Artikel anhören
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Wie lässt sich der Wirtschaftsstandort Deutschland retten? Wie der Sozialstaat erhalten? Der frühere Bundesfinanzminister Steinbrück macht sich dazu gerade im professionellen Rahmen Gedanken. Bei Lanz erklärt er, wo er Handlungsbedarf sieht.
Der glücklose SPD-Kanzlerkandidat und ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat Großes vor. Er will den Staat bezahlbar machen. Gemeinsam mit Ex-Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière, dem ehemaligen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle und der Medienmanagerin Julia Jäkel hat er dazu die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat" gegründet, die unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Steinmeier steht. Im Oktober nächsten Jahres sollen die vier ihre Vorschläge vorlegen, die sie gemeinsam mit mehr als 50 Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Gesellschaft erarbeiten wollen. Ein erster Zwischenbericht ist schon nach der Bundestagswahl geplant. Am Dienstagabend erklärt Steinbrück bei Markus Lanz im ZDF schon einmal, wo er Handlungsbedarf sieht.
"Es geht um Wohlstandssicherung", sagt Steinbrück, denn: "Wir verlieren Wohlstand, wenn wir jetzt nicht bereit sind, das Notwendige zu tun." Die Probleme hat Steinbrück schon erkannt, die Lösungen fehlen noch. Steinbrück will vor allem den Wirtschaftsstandort Deutschland retten. Die deutsche Wirtschaft und ihr hoher Industrieanteil sei exportorientiert, dabei aber rohstoff- und energiearm. Gleichzeitig habe sie mit globalen Verschiebungen zu kämpfen, zum Beispiel mit der wachsenden chinesischen Wirtschaft. Besonders im Stahlbereich kann sich Steinbrück Zölle auf chinesische Produkte durchaus vorstellen.
Ein weiteres Problem, mit dem sich Steinbrück und die von ihm mitgegründete Initiative beschäftigen will, ist der Erhalt des Sozialstaats. Der stehe wegen des demografischen Wandels unter finanziellem Druck. Erste Ideen hat Steinbrück schon: ein höheres Renteneintrittsalter und die Reform des Bürgergeldes. "Das Bürgergeld darf nicht so hoch sein, dass Leute den Eindruck haben, sie können über die Addition von Sozialleistungen darauf verzichten, sich einen Job zu suchen", sagt Steinbrück.
Weitere Schwerpunkte für eine Reform des Staates sieht Steinbrück in einer - so wörtlich - "stärkeren Aktivierung von Arbeit", der Förderung des Klimaschutzes bei Produktion, Konsum und der Lebensweise der Deutschen, und er will die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gewährleisten. Schaut man sich die Pressemitteilung an, die die Initiative vor drei Wochen veröffentlicht hat, stellt man zwei weitere Themenbereiche fest, auf die deren Mitarbeiter eine Antwort suchen wollen: Wie klappt eine schnelle Digitalisierung Deutschlands, und wie kann Bürokratie abgebaut werden?
Der positive BlickDie Erkenntnisse, wo es hapert, sind nicht neu. Die Schlüsse, die Steinbrück zieht, auch nicht. "Wir leben in einer Zeitenwende", sagt der Politiker. Damit meint er den Überfall Russlands auf die Ukraine. Nun ist Donald Trump zum zweiten Mal als Präsident der USA gewählt worden. Für Steinbrück bedeutet das: "Wir haben noch einmal eine Zeitenwende hinter der Zeitenwende." Deswegen müsse Deutschland erhebliche Anstrengungen unternehmen, um weiter das Wohlstandsniveau und das Sozialniveau zu erhalten.
Das scheint schwierig, doch Steinbrück ist optimistisch: "Dieses Land ist nach wie vor die stärkste Ökonomie in Europa. Es ist die drittgrößte Ökonomie der Welt, mit einem glänzenden Mittelstand, mit einer hervorragenden Wissenschaftsinfrastruktur mit vielen gut ausgebildeten Leuten, und nach wie vor einem sehr sicheren Rechtssystem, kaum Korruption - und mit unendlich viel Potential, sowohl in der Arbeitnehmerschaft als auch im Management. Wir sind auch kein kranker Mann, sondern es geht darum, Zuversicht und Vertrauen in die eigenen Kräfte nach vorne zu bringen und uns nicht selber zu kasteien." Deutschland braucht Reformen, sagt Steinbrück. Und: "Wir müssen darüber nachdenken, warum Reformen in Deutschland nicht gelingen."