Paralympics: Eine Bühne, so groß wie nie

11 Tage vor

Paris hat es geschafft, den Schwung und Esprit Olympias auch auf die Paralympics zu übertragen. Wer dabei war, wird diese Spiele nie vergessen.

Paralympics - Figure 1
Foto ZEIT ONLINE

8. September 2024, 16:13 Uhr

Ihr Browser unterstützt die Wiedergabe von Audio Dateien nicht. Download der Datei als mp3: https://zon-speechbert-production.s3.eu-central-1.amazonaws.com/articles/ed25bdb6-8d53-4789-96c6-a188b82b40a8/full_4f93fd78ceb858673e9e3e0f3f409b959bf89ab559380f4947e0039b7119abd68e780155db346304ae5baae9fbcad74d.mp3

7 Kommentare
Der Brasilianer Maicon Junior dos Santos Mendes (links) und der Argentinier Maximiliano Espinillo während des Halbfinales im Blindenfußball © JULIEN DE ROSA/​Getty Images

Nie ist es in diesem Sommer in Paris so still gewesen wie an den vergangenen Abenden in der Arena unter dem Eiffelturm. Denn ausgerechnet dort, wo die Beachvolleyballer bei den Olympischen Spielen ihre Partys feierten, wo Bässe wummerten und Tribünen bebten, haben bei den Paralympischen Spielen die Blindenfußballer ihre Spiele ausgetragen. 

Beim Blindenfußball muss es leise sein, während das Spiel läuft. Die Spieler können den Ball nicht sehen, also müssen sie ihn hören. Dafür sind Rasseln im Leder eingenäht. Wird ein Freistoß gepfiffen, klopft ein Guide, der außerhalb des Spielfelds steht, die beiden Pfosten des Tores mit einem Metallstück ab. Und auch die Anweisungen des Torwarts, der als einziger Spieler sieht, müssen zu hören sein. Die Spiele der Blindenfußballer waren vollständig ausverkauft. 

An diesem Sonntag enden in Paris die Paralympischen Spiele. Und wer auch nur einen der insgesamt 549 Wettbewerbe am Fernseher erlebt hat, wer vielleicht sogar dabei war, als mehr als 12.000 Zuschauerinnen und Zuschauer unter dem Eiffelturm lautlose La-Ola-Wellen auf die Tribünen gezaubert haben, um die Blindenfußballer nicht zu irritieren, eine anmutige Choreografie wie in einem Stummfilm – der wird diese Spiele nicht vergessen.

Noch nie ist Behindertensport so sichtbar gewesen

Deutschland war beim Blindenfußball nicht vertreten. Aber Friedhelm Julius Beucher, seit vielen Jahren Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), ist extra noch einmal zum Eiffelturm gefahren, um sich die Arena dort anzuschauen. Das türkisfarbene Spielfeld, die steil aufragenden Tribünen, die untergehende Sonne und den Turm, der abends blinkt und alles überragt. Beucher steht noch unter dem Eindruck: Eine solche Kulisse für ein Blindenfußballspiel, das habe er noch nicht erlebt. 

Nachdem die Olympischen Spiele vor vier Wochen zu Ende gegangen waren, haben die Organisatoren stets betont, es sei noch nicht vorbei. Die "zweite Halbzeit" komme noch. Tatsächlich ist es ihnen gelungen, nicht nur die Spielstätten, sondern auch den Schwung und Esprit dieser Spiele zu bewahren. So haben sie dem Behindertensport eine nie dagewesene Bühne bereitet – unter dem Eiffelturm, im Grand Palais oder im Schlosspark von Versailles. 

Mehr als zwei Millionen Eintrittskarten wurden für die paralympischen Wettkämpfe in Paris verkauft. In Deutschland haben ARD und ZDF, die oft gescholtenen öffentlich-rechtlichen Sender, Para-Schwimmen und Rollstuhlbasketball zum ersten Mal in der Primetime übertragen. Nicht jeden Abend wie bei den Olympischen Spielen, aber doch mehr als jemals zuvor. Fast 100 Stunden haben ARD und ZDF zusätzlich gestreamt. Noch nie ist Behindertensport so sichtbar gewesen wie in den vergangenen elf Tagen. 

Dabei haben die Paralympics selbst in vielen Disziplinen einen gewaltigen Sprung gemacht, auch das ist in Paris deutlich geworden. Einer der Athleten, die das erfahren mussten, ist der deutsche Leichtathlet Johannes Floors. Der 29-Jährige läuft mit zwei Prothesen, bei den Spielen in Tokio hatte er in seiner Klasse über 400 Meter die Goldmedaille gewonnen. Auch in Paris war er als Favorit angetreten. Am Ende musste er froh über Silber sein. 

"Die Leistungsdichte in der Leichtathletik hat enorm zugenommen", sagt Johannes Floors am Tag nach dem Wettkampf. Klar sei er enttäuscht, aber im Grunde genommen sei er froh über die Entwicklung. Die Professionalisierung habe zugenommen, die Wettkämpfe seien dadurch offener und spannender geworden. "Das ist kein Sport, den man nach Feierabend macht." 

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten