Die Ukraine sollte nach Worten von Papst Franziskus den Mut haben, die „weiße Fahne“ zu hissen und ein Ende des Krieges mit Russland auszuhandeln. Er denke, „dass der Stärkste derjenige ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt, den Mut der weißen Fahne hat und verhandelt“, sagte Franziskus in einem am Samstag vom Schweizer Sender RSI veröffentlichten Interview. „Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln“, sagte Franziskus.
Es gebe viele Akteure, die als Vermittler bereitstünden, darunter die Türkei. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich am Freitag als Gastgeber für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine angeboten. Das Nato-Mitglied Türkei hat seit Beginn des Krieges seine Kontakte sowohl zur Ukraine als auch zu Russland aufrechterhalten.
Franziskus war gefragt worden, ob er eher bei jenen stehe, die eine Aufgabe der Ukraine fordern, weil sie Russland nicht habe zurückzuschlagen können, oder bei jenen, die sagten, eine Aufgabe würde die Aktionen der stärksten Seite legitimieren. Der Interviewer hatte dabei den Begriff „weiße Fahne“ verwendet.
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Franziskus warf die Frage auf, wie viele Tote es bei dem Krieg am Ende geben werde und erklärte, man sollte unter Einbeziehung internationaler Mächte und eines Vermittlers ins Gespräch kommen. „Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird“, sagte der Papst. In einem anderen Teil des Interviews, in dem es um den Krieg zwischen Israel und der Hamas ging, sagte er: „Verhandeln ist niemals eine Kapitulation.“
In dem seit mehr als zwei Jahre dauernden Krieg gerät Kiew zunehmend in die Defensive. Die ukrainischen Soldaten an der Front leiden unter Munitionsmangel – unter anderem wegen der Verzögerung weiterer Militärhilfe aus den USA.
Vatikan-Sprecher Matteo Bruni erklärte später in einem von „Vatican News“ veröffentlichten Statement, dass Franziskus von der „weißen Fahne“ gesprochen habe, „um eine Einstellung der Feindseligkeiten zu bezeichnen, einen Waffenstillstand, der mit dem Mut zur Verhandlung erreicht wurde“. Er wiederholte den Aufruf des Papstes zu einer „diplomatischen Lösung auf der Suche nach einem gerechten und anhaltenden Frieden“ in der Ukraine.
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat wiederholt gesagt, er wolle zwar Frieden. Er fordere aber den Abzug russischer Truppen aus der gesamten Ukraine und die Wiederherstellung der ukrainischen Staatsgrenzen. Russland hat Friedensgespräche zu von Kiew festgelegten Bedingungen abgelehnt.