Städtetrip während der Olympischen Spiele: So kommen Sie sicher ...

25 Jul 2024

Wenn die Olympischen Spiele eröffnet werden, wird sich ganz Paris nicht nur in eine Riesenarena, sondern zugleich in eine Hochsicherheitszone verwandelt haben. Denn zu Olympia und zu den Paralympischen Spielen werden insgesamt rund 15 Millionen Besucher und Besucherinnen erwartet. In Paris selbst leben rund zwölf Millionen Menschen. Das heißt, es wird voll, sehr voll.

Olympia - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

Zugleich wird die ganze Welt während des Ereignisses auf diese Stadt blicken. Es herrscht höchste Terroralarmstufe. Der größte Albtraum wäre ein politisch motivierter Anschlag mit vielen Toten. Aber die persönliche Sicherheit kann bei derartigen Massenevents auch im Kleinen gefährdet sein: durch Taschendiebe und Betrüger, Räuber und Hooligans.

Wie groß ist die Gefahr von Anschlägen?

Die Olympischen Spiele würden nicht an sich von internationalen Terrororganisationen ins Visier genommen, aber die hohe Medienaufmerksamkeit mache sie »zwangsläufig zu einem Ziel, und dies für Ideologien aller Art«, sagte der nationale Antiterrorstaatsanwalt Olivier Christen kürzlich. Das Münchner Olympia-Attentat 1972 , bei dem palästinensische Geiselnehmer elf israelische Olympiateilnehmer und einen deutschen Polizisten ermordeten, ist ein mahnendes Beispiel.

In Frankreich gilt seit dem Anschlag auf eine Konzerthalle in Moskau im März im gesamten Land die höchste Warnstufe. Paris hat schon mehrere dschihadistische Anschläge erlebt, die schlimmsten am 13. November 2015 mit 130 Toten.

Wie sichert Frankreich die Stadt ab?

Noch-Innenminister Gérald Darmanin zeigt sich zuversichtlich, dass Frankreich die bestmöglichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Während der Olympischen Spiele werden im Schnitt täglich etwa 35.000 Polizisten und Gendarmen im Einsatz sein, unterstützt von etwa 18.000 Soldaten. Verstärkung kommt auch aus dem Ausland: Knapp 1800 Sicherheitskräfte aus etwa 40 Ländern werden nach Paris entsandt, unter ihnen rund 160 aus Deutschland.

Seine: Französisches Militär patrouilliert auf dem Fluss

Foto: Abd Rabbo Ammar / ABACAPRESS / IMAGO

Zugleich wird die Stadt von Kameras überwacht, die während dieser Zeit sogar künstliche Intelligenz (KI) einsetzen dürfen, um verdächtige Objekte und Personen zu erkennen. Sie sollen Auffälligkeiten erkennen, etwa Gerangel, Geisterfahrer, Feuer oder herrenlose Gepäckstücke. Die technisch längst mögliche Gesichtserkennung ist dabei ausdrücklich verboten. Amnesty International zeigte sich dennoch besorgt, dass der KI-Einsatz dauerhaft ausgeweitet werde und Persönlichkeitsrechte verletzt würden.

Und schließlich haben die französischen Behörden mehr als 4300 Menschen wegen Sicherheitsbedenken von den Spielen ausgeschlossen, unter ihnen Sportler, Journalisten und Anwohner. Nach einem Bericht der Zeitung »Le Monde« bekamen zudem mindestens 155 Menschen Hausarrest auferlegt, unter ihnen auch solche, die bislang nicht mit der Justiz in Konflikt geraten waren.

Wie wird die Eröffnungsfeier geschützt?

Ein erster Test für die Sicherheitskräfte ist die Eröffnungsfeier am Freitag auf der Seine, zu der 326.000 Zuschauer erwartet werden. Beide Ufer sind seit Tagen weiträumig abgesperrt und nur mit einem QR-Code zugänglich. Zudem sind etwa 15 Metrostationen entlang der Seine geschlossen.

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Foto DER SPIEGEL

Für die Absicherung der Seine sind etwa 800 Elitesoldaten im Einsatz, unter ihnen auch Taucher und Experten für die Abwehr von Drohnen. Auf dem Grund des Flusses sind Sonargeräte installiert, und es gibt drei Barrieren, die unter Brücken installiert sind und bei Bedarf ins Wasser gelassen werden, um jeglichen Verkehr auf der Seine zu sperren.

Seit gut einer Woche sind im Schnitt sechs Drohnen täglich in der Nähe der olympischen Stätten abgefangen worden. In den meisten Fällen habe es sich um Geräte von Freizeitpiloten gehandelt, die Luftaufnahmen hatten machen wollen – was in Paris derzeit jedoch streng verboten ist.

Welche Bedrohungen gibt es neben Anschlägen noch?

Nicht nur öffentliche Gewaltakte könnten gefährlich werden, sondern auch die Verbreitung von Krankheiten und Cyberangriffe. Die weltweite IT-Panne  Ende vergangener Woche hatte die Olympischen Spiele kaum betroffen, machte aber einmal mehr deutlich, welche Auswirkungen ein solcher Angriff haben könnte.

Wer kann Besuchern und Besucherinnen in Sicherheitsfragen weiterhelfen?

Anlässlich der Olympischen Spiele wurden rund um die Uhr mehrsprachige Polizeibeamte an Schlüsselstellen wie den 20 zentralen Stadtbahnhöfen stationiert. Die meisten sprechen Englisch. Welche andere Sprache ein Beamter noch spricht, kann jeder an der Nationalflagge auf seinem Uniformabzeichen sehen.

Handys sind nicht nur Navi, Kamera, soziales Medium und Infoquelle, sondern man kann mit ihnen auch Notrufe absetzen. Deswegen sollte man nur mit vollem Akku und den wichtigsten Notrufnummern eingespeichert in der Stadt unterwegs sein. Die europäische Notrufnummer lautet 112, die für Frankreichs Polizei 17 und die Feuerwehr 18.

Wann und wo sollten Stadtbesucher und Besucherinnen besonders wachsam sein?

Besucher sollten sich nicht komplett auf die Polizei und KI-Videoüberwachung verlassen. Das auf die Analyse von Sicherheitsrisiken spezialisierte Unternehmen Safeture nennt die möglichen Gefahren solcher Großevents: Wachsam sollte jeder sein, wenn größere Menschenmengen sich vor religiösen Stätten wie Kirchen, Moscheen und Synagogen sammeln. Wer verdächtige Objekte oder verhaltensauffällige Personen sieht, sollte dies der Polizei melden. Militante Gruppen wie der IS sowie fanatische Einzeltäter könnten versuchen, ihre Botschaften brutal zu verkünden.

Einen großen Bogen sollte jeder um grölende Massen machen. Zwar ist Alkohol rund um die Sportstätten verboten, aber das heißt nicht, dass Gruppen unterschiedlicher Nationen und Ethnien in diesen politisch aufgeheizten Zeiten nicht doch aneinandergeraten können. Eine hohe Polizeipräsenz soll zwar Hooligans abschrecken, doch bei einer Massenschlägerei ist jeder in der Nähe gefährdet. Sofort Deckung suchen ist in solchen Momenten der beste Weg, um sich zu schützen, denn die Polizeikräfte werden rigoros mit Schlagstöcken, Tränengas und Verhaftungen durchgreifen.

Was kann Besuchern sonst die Spiele vermiesen?

Weniger auf das Leben, sondern aufs Geld haben es all diejenigen abgesehen, die mit Betrug gutgläubige Besucherinnen und Besucher an populären Plätzen und bei Attraktionen abzocken. Taxis ohne Lizenz, falsche Geldautomaten, Kreditkartenbetrug und Identitätsdiebstahl zählen zu den üblichen Straftaten in Paris. Hinzu kommen falsche Polizisten, die Bußgeld verlangen, und vermeintliche Spendensammler, die allein oder in Gruppen ihr Unwesen treiben.

Polizei am Eiffelturm: Noch mehr Kleinkriminalität an den Hotspots

Foto: Michael Kappeler / dpa

Um nicht Opfer von Nepp und Schlepp zu werden, empfiehlt Safeture, Straßenhändlern nie persönliche Daten zu verraten, Geld nur an Automaten in einer Bank abzuheben und zugleich regelmäßig die Kontoauszüge zu checken.

Mit vermehrter Kleinkriminalität rechnen die Sicherheitsbehörden an allen Plätzen, die selbst ohne Olympische Spiele bereits Hotspots für Taschendiebe sind. Dazu gehören der Eiffelturm, Notre-Dame, die Champs-Élysées, Saint-Michel, die Bastille, das Centre Pompidou und der Louvre. Vorsicht ist ebenfalls an Bahnhöfen und öffentlichen Verkehrsknotenpunkten geboten.

Dabei sind längst nicht nur Einzeltäter, sondern auch Banden, oft Kinder, unterwegs auf Beutezug. Wer kein Opfer von Langfingern werden will, bleibt also möglichst unsichtbar und bescheiden im Auftritt. Viel Bargeld muss man heutzutage dank Smartphone und Plastikkarten sowieso nicht mehr mit sich tragen. Allerdings müssen dafür das Handy und alle Plastikkarten diebstahlsicher in der Kleidung oder in der Tasche verstaut werden.

Und nachts? An welchen Orten ist das Sicherheitsrisiko besonders hoch?

Wenn es Nacht wird, werden viele Orte in Paris unsicherer. Und das nicht nur in den berüchtigten Vorstädten. Wer wissen will, wo er abends besser nicht flaniert, der kann sich hier  kostenlos die »Paris Risiko Map« herunterladen. Auf der Karte sind insgesamt 26 Orte mit höherem Gefahrenpotenzial ausgewiesen und alle olympischen Austragungsstätten markiert, sodass man sofort erkennt, ob man sich in einem Risikoviertel befindet.

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