"Mein Olympia" – die Olympia-Kolumne von MDR SACHSEN ...

25 Jul 2024
Olympia

Wer im Kanurennsport in die Nationalmannschaft möchte, muss sich jedes Jahr aufs Neue in zwei nationalen Qualifikationen durchsetzen und mit einer sehr guten Einerleistung glänzen. Conny und Andreas überstanden die Qualifikationen ganz gut und schafften es erst einmal ins Nationalteam. Conny wurde sogar Europameisterin im Frauenvierer. Doch drei Monate vor Olympia der Schock. Die Europameisterin wurde aus dem Vierer herausgenommen, die Trainer schätzten eine andere Sportlerin noch stärker ein. Bei Olympia dabei zu sein – für Conny bestand jetzt nur noch die Chance als Ersatzfrau.

Auch für Andreas Ihle war gut sieben Wochen vor Olympia die Olympiateilnahme unklar. Weil sein Zweierpartner erkrankte, musste Ersatz her und so ein neuformiertes Boot braucht eigentlich etwas Zeit, um sich einzufahren, damit Schlag und Rhythmus im Boot gut funktionieren.

Showdown vor Peking

In einem Ausscheidungsrennen im olympischen Trainingszentrum Kienbaum kam es zum Showdown. Andreas Ihle musste mit seinem neuen Partner Martin Hollstein aus Neubrandenburg gegen ein zweites deutsches Boot um das Olympiaticket paddeln. Sie ließen am Ende das Konkurrenzboot hinter sich und erpaddelten sich den Olympiastart im letzten Moment.

Auch Conny Waßmuth musste einen Ausscheid fahren. Das Ziel: Olympia wenigstens als Ersatzfrau in Peking erleben zu können. Auch dies glückte. Während Andreas mit seinem Zweierpartner dann erprobte, wie man das neue Boot zu gut wie möglich ins Laufen bringen könnte, trainierte Conny weiter, um für einen möglichen Einsatz gut vorbereitet zu sein.

Dann nahm der Wahnsinn in China seinen Lauf. Im Finale über 1.000 Meter im Zweierkajak schafften es Andreas Ihle und Martin Hollstein bis in das Finale und hatten dort nach 500 Metern gute Aussichten, eine Medaille zu erkämpfen. Aber dann gab Andreas ein Endspurtkommando und beide fuhren los. Unwiderstehlich überholten sie die führenden Ungarn und siegten am Ende mit über einer Bootlänge Vorsprung.

Dass wir das im Finale mit der Goldmedaille krönen, war weit weg von allen Vorstellungen, die man da hatte.

Damals wurde kommentiert, dass sie schon vor dem Ziel aufhören konnten, aufgrund ihres Vorsprungs. Jetzt aber berichtete Andreas Ihle, dass sie gar nicht wegen der Sicherheit dieses Vorsprungs aufhörten zu paddeln, sondern Andreas sich richtig in einen Tunnel gefahren hatte. Das ist der Punkt, in dem man als Sportler nur noch funktioniert und automatisiert seine Wettkampfbewegungen ausführt. Man nimmt nichts mehr um sich herum wahr.

So war es bei Andreas, der erschrocken vor dem Ziel kein anderes Boot mehr sah und deswegen das Paddel schon vor der Ziellinie kurz aufs Wasser legt. Das Boot rutschte weiter und der Sieg war am Ende ungefährdet. Dass dies so laufen könnte, hatte sich beide bestenfalls erhofft. Doch nun waren sie Olympiasieger. "Dass wir das im Finale mit der Goldmedaille krönen, war weit weg von allen Vorstellungen, die man da hatte", sagte Andreas Ihle.

Bei den ersten Startübungen hatte ich noch ein paar Startschwierigkeiten, weil die Position für mich ungewohnt war.

Conny Waßmuth hingegen hatte für ihre olympische Reise schon einen kleinen Urlaubsplan erstellt, was sie sich als Ersatzfrau in China vielleicht alles anschauen könnte. Doch dann sorgte eine Virusinfektion bei Viererfrau Carolin Leonhardt für einen Ausfall. Conny rutschte kurzfristig in das Olympiaboot. Nicht auf ihre angestammte Position zwei, auf der sie sonst immer im Vierer saß, sondern nun war Position vier, ganz hinten im Boot, ihr Platz in Peking.

"Bei den ersten Startübungen hatte ich noch ein paar Startschwierigkeiten, weil die Position für mich ungewohnt war. Aber die anderen Mädels haben mir Mut gemacht und dann hat es auch schon im Vorlauf gut geklappt", erinnert sich Conny Waßmuth.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten