Scholz lehnt Vertrauensabstimmung in dieser Woche ab

21 Tag vor
Olaf Scholz
Forderungen nach Neuwahlen Frühere Vertrauensfrage - aber nicht am Mittwoch

Stand: 11.11.2024 17:49 Uhr

Trotz Druck von der Union: Kanzler Scholz will die Vertrauensfrage nicht schon am Mittwoch stellen. Die Lage scheint festgefahren. Bundespräsident Steinmeier will mit vertraulichen Gesprächen den Weg zu zügigen Neuwahlen ebnen.

Es deutet wenig darauf hin, dass Bundeskanzler Olaf Scholz erst - wie ursprünglich angekündigt - im Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen wird. Kurz nach der Entlassung von Finanzminister Christian Linder hatte er den 15. Januar als Termin genannt.

Aber dem Druck der Union wird sich Scholz ebenfalls nicht beugen - die Opposition fordert eine möglichst schnelle Abstimmung. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, "dass der Bundeskanzler am Mittwoch nicht die Vertrauensfrage stellen wird". Hebestreit machte in der Bundespressekonferenz auch deutlich, dass Scholz notfalls im Alleingang über den Termin entscheidet, wenn es mit CDU und CSU nicht zu einer Einigung kommt.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch unterstützt Scholz und wies die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einer sofortigen Vertrauensfrage und Neuwahlen am 19. Januar 2025 zurück. "Was Merz vorgeschlagen hat, ist rechtlich schon nicht mehr umsetzbar", betonte Miersch und verwies unter anderem auf nötige Nominierungen in Parteien, die Briefwahl und Prüfung der Wahlunterlagen.

CDU drückt auf die Tempo-Taste

Kurz zuvor hatte Mathias Middelberg, Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, einen Appell an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gerichtet. "Ich fordere auch ausdrücklich in dieser Radiosendung den Bundespräsidenten auf, jetzt den Kanzler auf seine Verfassungspflichten hinzuweisen und zu ermahnen", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.

Der Kanzler müsse ohne eigene Mehrheit im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Auch die Ankündigung von Scholz am Sonntag, die Vertrauensfrage möglicherweise noch im Dezember zu stellen, reicht Middelberg nicht.

Vertrauliche Gespräche mit Steinmeier

Wie es weitergehen könnte, lotet auch Bundespräsident Steinmeier aus. Er führt vertrauliche Gespräche mit Vertretern der Bundesregierung und Parteien. Steinmeier pflege dabei "kurze Leitungen" zu Bundeskanzler Scholz und Oppositionsführer Merz, hieß es aus dem Bundespräsidialamt.

Nachdem am Freitag SPD-Chef Lars Klingbeil beim Bundespräsidenten gewesen sei, habe er sich heute mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgetauscht. Morgen folge SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, am Donnerstag dann CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Wegen der Regierungskrise sagte Steinmeier eine zwischen dem 18. und 21. November geplante Reise nach Saudi-Arabien ab. Das bestätigte das Präsidialamt der Nachrichtenagentur AFP gegenüber. Zuvor hatte der Spiegel darüber berichtet.

Baerbock hofft auf Verständigung

Außenministerin Annalena Baerbock forderte eine parteiübergreifende Verständigung über einen geregelten Zeitplan für eine Neuwahl des Bundestags. "Gerade in diesen stürmischen, auch internationalen Zeiten, braucht es vor allen Dingen einen geordneten Übergang."

Die Grünen hätten deutlich gemacht, dass sie sich auch einen früheren Zeitraum vorstellen könnten. "Es braucht jetzt ein gemeinsames Verständnis dafür, was geordnet und auch zeitnah ist."

Bendlerblock, nicht Kanzleramt

Unabhängig vom Termin bereiten sich die Parteien auf eine vorgezogene Neuwahl vor. SPD-Generalsekretär Miersch kündigte an, seine Partei werde Ende Januar oder Anfang Februar offiziell ihren Kanzlerkandidaten nominieren. "Dass Olaf Scholz der Kandidat wird, daran habe ich keinen Zweifel", machte Miersch deutlich.

Bei den Beliebtheitswerten läuft Verteidigungsminister Boris Pistorius derzeit Kanzler Scholz mit Leichtigkeit den Rang ab. Dennoch hat der Niedersachse nach eigener Aussage keine Ambitionen, ins Kanzleramt einzuziehen. "Wir haben einen Bundeskanzler, und der ist der designierte Kanzlerkandidat", sagte Pistorius bei einer Diskussionsveranstaltung der Süddeutschen Zeitung. "Ich sehe niemanden in der Partei, der daran etwas verändern möchte", stellte er klar.

Verteidigungsminister Pistorius (li.) will Scholz die Kanzlerkandidatur nicht streitig machen.

Er ließ allerdings durchblicken, dass er auch in einer neuen Regierungskoalition im Amt des Verteidigungsministers verbleiben wolle. Er würde gerne mit dem Personal in seinem Ministerium und in der Bundeswehr "noch weiter arbeiten", sagte er.

Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP war im Streit über die Wirtschaftspolitik und die Einhaltung der Schuldenbremse zerbrochen.

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