Nvidia Quartalszahlen: Keiner will der zweite sein

23 Mai 2024
NVIDIA
Nvidia „Es wird einfach immer schneller und schneller und schneller“

Der kalifornische Chipdesigner Nvidia räumt wegen des KI-Booms einen Umsatzrekord nach dem anderen ab. Auch wegen der atemlosen Aufholjagd seiner Kunden. Nur ein Markt bereitet derzeit Probleme.

Wie lange kann der Silicon-Valley-Chipdesigner Nvidia, getragen von einem Boom bei Rechenzentren für Künstliche Intelligenz, bei Umsatz und Profit noch von einem Rekord zum nächsten eilen?

Eine ganze Weile noch, gemessen an der immensen Nachfrage. Bekräftigte jedenfalls Nvidia-Chef Jensen Huang bei der Vorlage der aktuellen Quartalszahlen am Mittwoch, die die Erwartungen der Analysten übertrafen. Der Umsatz im ersten Kalenderquartal hat sich im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 26 Milliarden Dollar mehr als verdreifacht. Der Profit sogar um den Faktor sieben auf nunmehr fast 15 Milliarden Dollar. Nvidia zieht trotz hoher Investitionen aus über der Hälfte seines Umsatzes reinen Profit. Auch im laufenden Quartal, berichtet Finanzchefin Colette Kress, würden die Geschäfte blendend laufen, angepeilt wird ein Anstieg auf 28 Milliarden Dollar.

Über 40 Prozent des Umsatzes in der Rechenzentren-Sparte kommt von den großen Cloud-Anbietern wie Microsoft, Google und Amazon. Hinzu kommen Großkunden aus der Autosparte wie Tesla, die für das Trainieren ihrer Modelle auf autonomes Fahren Nvidia-Produkte nutzen.

„Der Bedarf übersteigt das Angebot“, sagte Huang gleich mehrfach. „Wir sehen das bis ins nächste Jahr“, präzisierte Kress.

Die nächste Chipgeneration namens Blackwell – wobei Huang betont, dass es sich nicht um einen Chip, sondern um ein ganzes System handle – „sei in voller Produktion“. Der Nvidia-Chef rechnet damit, dass die ersten Lieferungen an Kunden im zweiten und noch stärker im dritten Quartal stattfinden. „Wir rechnen mit einer Menge Umsatz durch Blackwell dieses Jahr.“

Während Huang und Kress in einem Konferenzgespräch mit Analysten das gut laufende Geschäft erläuterten, legte die Nvidia-Aktie im nachbörslichen Handel um mehr als fünf Prozent zu und überstieg erstmals die Marke von 1000 Dollar.

Auch angetrieben von der Entscheidung von Nvidia, die Aktie 1:10 zu splitten und die Dividende zu erhöhen. Setzt sich der Aufwärtstrend am Donnerstag fort, kann Nvidia die Marke von 2,5 Billionen Dollar bei der Bewertung nehmen. Der Konzern hat inzwischen 53 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Nvidia liegt damit hinter Microsoft mit 3,2 Billionen Dollar und Apple mit 2,9 Billionen Dollar auf Platz drei der wertvollsten Konzerne der Welt.

Stress durch Lieferengpässe

Der Druck von Kunden wegen der Lieferengpässe auf Nvidia sei enorm, räumte Huang ein. Und zwar nicht nur von den sogenannten Hyperscalern – also den Cloud-Anbietern –, sondern auch von Staaten wie Singapur, die ihre KI-Infrastruktur ausbauen wollen. Zudem gibt es laut Huang weltweit rund 20.000 Start-ups, die an KI-Lösungen arbeiten. Huang bekräftigte nochmals, dass Nvidia jedes Jahr ein schnelleres System einführen wolle.

Jede neue Hardware-Generation werde abwärtskompatibel mit Lösungen sein, die ein Kunde auf früheren Produkten aufgebaut hat, verspricht Huang. „Es wird einfach immer schneller und schneller und schneller werden“.

Probleme, dass Kunden dann die aktuellen Systeme nicht mehr kaufen und lieber auf die nächste Generation warten, sieht er deshalb nicht. Bei Hopper, der gegenwärtigen Generation, sei das nicht der Fall. „Zunächst mal stehen die meisten beim Ausbau noch ganz am Anfang“, argumentierte er. Kein Kunde, erklärte Huang, könne beim Tempo seines Ausbaus nachlassen, gerade die ganz Großen. Denn dort sei der Wettbewerb enorm und der Erste, der ein bahnbrechendes Modell vorstelle, stehe im Rampenlicht. Der Nächste könne sich dann nur noch ans Revers heften, etwas schneller zu sein.

„Die Frage ist also, wollen sie das Unternehmen sein, das bahnbrechende KI liefert oder das Unternehmen, das etwas vorstellt, dass 0,3 Prozent besser ist?“ Es sei ein Technologie-Rennen im Gange, das die Welt so noch nicht gesehen hat. Schon drei Monate Vorsprung würden hier viel ausmachen.

Probleme in China

Auch, dass große Kunden wie Microsoft, Amazon oder Google an eigenen KI-Chips arbeiten, sieht er nicht als Bedrohung. Nvidias Lösungen seien als Plattform angelegt, so dass man durch das ganze System schnell hochskalieren und Verbesserungen weitergeben könnte. Was impliziert, dass fremde Produkte diesen Vorteil nicht haben.

Probleme bereitet Nvidia derzeit nur der chinesische Markt, wo es seine Spitzenprodukte wegen US-Sanktionen nicht liefern kann. „Unser Rechenzentrum-Geschäft in China ist seit den neuen Exportkontrollen im Oktober signifikant gesunken“, klagt Finanzchefin Kress.

Trotzdem: Huang ist derzeit auf dem Höhenflug. Doch von Quartal zu Quartal wird es schwieriger werden, die großen Zahlen zu übertreffen. Nennenswerte Konkurrenz ist derzeit nicht in Sicht. AMD und Intel hinken mit ihren Produkten hinterher und können nur mit Preis und Verfügbarkeit punkten. „Es gibt nichts Vergleichbares zu Nvidias Produktangebot in diesem und im nächsten Jahr“, ist Baird-Analyst Tristan Gerra überzeugt.

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