+++ Der Tag nach der Todesfahrt von Magdeburg +++: Taleb A. soll ...
Ein Mann ist mit einem Auto am frühen Freitagabend auf einem Weihnachtsmarkt in Magdeburg in eine Menschengruppe gefahren. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff bestätigt, dass es fünf Tote gibt, darunter ein Kleinkind. Mehr als 200 Menschen seien verletzt, davon viele schwerst und schwer verletzt.
Der Fahrer des Autos wurde nach der Todesfahrt festgenommen. Es handelt sich um den 50-jährigen Taleb A., einen Arzt aus dem nahen Bernburg. Er wurde in Saudi-Arabien geboren und kam 2006 erstmals nach Deutschland. Die saudische Monarchie soll deutsche Sicherheitsbehörden nach SPIEGEL-Informationen dreimal vor Taleb A. gewarnt haben.
Die Polizei hat derzeit keine Hinweise auf Mittäter. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen ist der Tatverdächtige nicht als Islamist bekannt. Er tritt im Internet als Ex-Muslim und Islamgegner auf. Die Hintergründe zu dem Vorfall sind bislang unklar. Ein mögliches Motiv könnte laut dem zuständigen Oberstaatsanwalt Horst Nopens »Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen« in Deutschland sein.
SPIEGEL-Recherchen haben ergeben, dass Taleb A. im Netz offen mit der AfD sympathisierte. Lesen Sie hier mehr dazu. Nach SPIEGEL-Informationen wurde der mutmaßliche Attentäter von Magdeburg bereits 2013 wegen der Androhung von Straftaten verurteilt. Hier lesen Sie mehr. Wie ein Polizist und ein freiwilliger Helfer den Horror in Magdeburg erlebt haben, erfahren Sie im Text unseres Reporters vor Ort. Weihnachtsmarktbesucher erzählen, sie seien dem Angreifer womöglich nur knapp entgangen. Szenen aus einer Stadt unter Schock.Mithilfe von Zeugenaussagen und Videos hat der SPIEGEL den Ablauf der Tat rekonstruiert. So verlief die Todesfahrt von MagdeburgDie Entwicklungen am Tattag können Sie hier noch einmal nachlesen.Das war es für den Moment mit unserem SPIEGEL-Live-Update zur Todesfahrt von Magdeburg. Über alle weiteren Entwicklungen bleiben sie bei SPIEGEL.de natürlich weiter informiert.
»Die erschütternde Tat von Magdeburg wird den Wahlkampf verändern. Extreme Rechte versuchen bereits, sie auszuschlachten. Die Parteien der demokratischen Mitte sind gut beraten, sich zurückzuhalten.« Lesen Sie hier den SPIEGEL-Leitartikel von Maria Fiedler.
Der Bundeskanzler hat sich nach dem Gedenkgottesdienst auf X geäußert.
Simone Borris, parteilos Oberbürgermeisterin Magdeburgs, hat ihre Kommune dazu aufgerufen, trotz der Erschütterung zusammenzuhalten. »Ich wünsche uns allen, dass wir als Stadtgesellschaft uns davon nicht beeinträchtigen lassen«, sagte sie zum Abschluss der Trauerandacht im Magdeburger Dom. »Dass wir gemeinsam trauern, dass wir die Opfer und die Angehörigen der Opfer unterstützen in ihrer Trauer und dass die Stadtgesellschaft bitte zusammenhält.«
Die Oberbürgermeisterin dankte zudem für die Anteilnahme, die die Stadt aus allen Teilen des Landes erreicht habe. Und sie erinnerte an Hilfe und Einsatz der Rettungsdienste, Polizei und Krankenhäuser. »Sie werden diese Bilder von gestern wahrscheinlich niemals mehr aus ihrem Gedächtnis streichen können.«
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte soeben im ZDF, dass die Bundesländer nun lageabhängig entscheiden wollten, »wo müssen wir unsere Weihnachtsmärkte und wo müssen wir Polizeipräsenz noch mal verstärken, aber nur da, wo nötig«.
Faeser sagte weiter: »Deswegen gehe ich davon aus, dass man auch weiter auf Weihnachtsmärkte gehen kann.« Allerdings müsse das jeder für sich selbst einschätzen. »Ich weiß, dass im Bundesland Sachsen-Anhalt jetzt auch aus Pietätsgründen einige abgesagt wurden. Es wurde zum Teil auf Musik verzichtet.«
Zu den zahlreichen Teilnehmern des Gedenkgottesdienstes gehörten auch etliche Feuerwehrleute.
Reiner Haseloff, Olaf Scholz und Frank-Walter Steinmeier während der Gedenkveranstaltung im Magdeburger Dom.
Florian Kistler, Magdeburg
In Magdeburg läuft der Gedenkgottesdienst für die Opfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt. Auf dem Domplatz haben sich trotz Regen Hunderte Menschen versammelt um über eine Videoleinwand den Gottesdienst im Dom zu verfolgen. Viele haben Kerzen mitgebracht. Es ist so still, dass man den Regen auf die Kapuzen und Schirme prasseln hört.
Neben den vielen Menschen, die im und vor dem Magdeburger Dom der Opfer des Anschlags gedenken, mischen sich auch immer wieder Personen, die rechte Parolen skandieren. Mehrere Hundert Teilnehmer versammelten sich auf einem zentralen Platz der Stadt. Zu sehen waren dort unter anderem ein Transparent mit dem Wort »Remigration« sowie sogenannte Heimat-Fahnen. Rufe wie »Wir sind das Volk« waren zu hören.
Auch der Neonazi Thorsten Heise ist vor Ort. Laut dem Journalisten Thomas Vorreyer ruft Heise während der Demonstration in Anlehnung an eine NS-Parole: »Deutschland, erwache aus deinem bösen Traum.« Zudem lässt Heise demnach Abschieberufe gegenüber »schuldigen« Politikern skandieren.
Taleb A., der Verantwortliche für die Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, soll einem Haftrichter vorgeführt werden. Das solle noch am Samstag in Magdeburg erfolgen, sagte eine Polizeisprecherin auf Anfrage der dpa. Der Haftrichter entscheidet, ob A. in Untersuchungshaft gebracht wird. Bisher ist er laut Ermittlern noch in Polizeigewahrsam.
Gegen den 50 Jahre alten Mann werde wegen des Verdachts auf fünffachen Mord und versuchten Mordes in 200 Fällen ermittelt, sagte Horst Walter Nopens, Leitender Oberstaatsanwalt in Magdeburg. Nach der tödlichen Attacke werden die Ermittlungen weiterhin von der Polizei in Sachsen-Anhalt geführt. Die Bundesanwaltschaft prüfe noch, ob sie die Ermittlungen übernehme, hieß es zuvor auf einer Pressekonferenz.
Auch in der Berliner Gedächtniskirche ist der Opfer von Magdeburg gedacht worden. Neben Außenministerin Annalena Baerbock und Familienministerin Lisa Paus (beide Grüne) nahm Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) an der Andacht teil.
Erst am Donnerstag war in der Gedächtniskirche an die Opfer des Terroranschlags 2016 erinnert worden. Damals wurden auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz zwölf Menschen von einem Terroristen getötet, ein 13. Opfer starb 2021 an den Folgen.
Um 19 Uhr beginnt in Magdeburg eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Anschlags. Doch auch in anderen Städten fanden und finden Gedenkfeiern statt. »Dieses Leid und das Elend, was da verursacht wurde, das ist einfach unbeschreiblich und trifft uns alle zutiefst«, sagte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte am Nachmittag bei einer Gedenkfeier der Schausteller auf dem Bremer Weihnachtsmarkt.
Auch auf Weihnachtsmärkten in Braunschweig, Lüneburg und Helmstedt waren für Samstagabend Gedenk- und Schweigeminuten geplant. Im Braunschweiger Dom fand nach Angaben der Stadt am Mittag ein Gedenken statt. Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) habe Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) kondoliert, hieß es. Magdeburg ist Braunschweigs Partnerstadt.
US-Präsident Joe Biden hat den tödlichen Anschlag in Magdeburg als »schrecklich« und »verabscheuungswürdig« verurteilt. »Die USA sprechen dem deutschen Volk, das den schrecklichen Anschlag betrauert, unser tiefstes Beileid aus«, erklärte Biden. Keine Gemeinschaft und keine Familie »sollte solch ein verabscheuungswürdiges und düsteres Ereignis ertragen müssen, insbesondere wenige Tage vor einem Feiertag der Freude und des Friedens«.
Auch andere Politiker weltweit reagierten darauf:
Ungarns autoritär regierender Ministerpräsident Viktor Orbán nutzte den Anschlag für erneute Kritik an der europäischen Migrationspolitik. Derartige Taten gebe es »erst seit der Flüchtlingskrise« von 2015, sagte Orbán. »Da gibt es einen Zusammenhang. Manche versuchen, diesen zu leugnen.«
Bislang deutet nichts darauf hin, dass dies stimmt: Der Täter von Magdeburg kam bereits Jahre vor 2015 aus Saudi-Arabien nach Deutschland und vertrat im Internet islamfeindliche Positionen. Eine erste SPIEGEL-Recherche dazu können Sie hier nachlesen.
Nach SPIEGEL-Informationen ersuchte Saudi-Arabien die Bundesrepublik 2023 über die internationale Polizeibehörde Interpol, Taleb A. wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten festnehmen zu lassen. Doch die deutschen Behörden lehnten das Ansinnen ab, weil es politisch motiviert sein könnte. Schließlich galt der Mann als Verfolgter des Königreichs und genoss hierzulande Asyl.
81 Verletzte wurden nach dem Anschlag von Magdeburg im städtischen Klinikum behandelt. »Einige Patienten mussten notoperiert werden, einige liegen nun auf der Intensivstation«, zitiert die Klinikleitung in einem Facebook-Post Jörg Franke, den ärztlichen Direktor. »Die gute Nachricht: Alle der elf Schwerverletzten sind mittlerweile außer Lebensgefahr.«
Betroffene, Ersthelfer und Angehörige würden auch von Seelsorgern betreut. In den Operationssälen hätten kurzfristig auch niedergelassene Ärzte aus der Umgebung mitgeholfen. Trotz der vorläufig guten Nachricht müssen weiterhin zahlreiche Patienten versorgt werden. Die Bevölkerung wurde zu Blutspenden aufgerufen
Nach dem Anschlag mit 200 Verletzten hat das Universitätsklinikum Magdeburg einen Sondertermin für Blutspenden eingerichtet. Derzeit sei der Blutbedarf gedeckt, teilte die Klinik mit. Es sei jedoch entscheidend, die Vorräte an Blutkonserven wieder aufzufüllen. »In dieser schwierigen Zeit haben uns viele Anfragen aus der Bevölkerung erreicht, wie und wo Blutspenden möglich sind, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen«, hieß es in einer Mitteilung.
Die Uniblutbank Magdeburg organisiere daher zusammen mit dem Deutschen Roten Kreuz am kommenden Montag einen Sondertermin zur Blutspende.
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat das Bundesinnenministerium aufgefordert zu klären, ob die Tat in Magdeburg hätte verhindert werden können. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse erneut die Frage beantworten, »warum so viele Hinweise und Warnungen im Vorfeld ignoriert wurden«, so Wagenknecht. Auch mit Blick auf die Anschläge in Solingen und Mannheim forderte sie »endlich ein überzeugendes Sicherheitskonzept mit klarem Fokus auf den Schutz der Bevölkerung«.
Am Tag nach dem Anschlag hat die Staatsanwaltschaft erste Hinweise auf ein mögliches Motiv des Verdächtigen gegeben. »Er hat sich zum Tatmotiv geäußert«, sagte Oberstaatsanwalt Horst Nopens. »Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen« könne demnach der Hintergrund der Tat von Taleb A. gewesen sein.
Weitere Details nannte der Oberstaatsanwalt nicht. Seine Vernehmung lief demnach noch am Samstagnachmittag. Was von seinen Angaben stimme, »müssen wir jetzt aufklären, müssen wir weiter ermitteln«. Dies sei ein weites Feld. Es müsse auch im Umfeld von A. ermittelt werden.
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt dem Leitenden Oberstaatsanwalt zufolge gegen den Verdächtigen derzeit wegen fünffachen Mordes. Der Tatvorwurf laute darüber hinaus versuchter Mord in 200 Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, sagte Horst Walter Nopens auf eine Pressekonferenz. Der Tatverdächtige befinde sich in polizeilichem Gewahrsam.
Mina Ahadi, die Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, hat in einer Mitteilung ihre Bestürzung über das Attentat in Magdeburg zum Ausdruck gebracht. Darin bezeichnet sie A. als »Psychopathen«, der den Zentralrat »seit Jahren terrorisiert« habe. »Der Attentäter von Magdeburg hasst nicht nur Muslime, sondern alle, die seinen Hass nicht teilen«, heißt es weiter.
»Wer hätte im politischen Berlin damit gerechnet, dass ein aus Saudi-Arabien stammender Arzt und AfD-Sympathisant einen Anschlag auf einen deutschen Weihnachtsmarkt verüben könnte, um dem Islamismus entgegenzuwirken?«, wird zudem Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, in der Mitteilung zitiert. »Die Welt ist deutlich komplexer und verrückter, als dies gemeinhin wahrgenommen wird.«
In einer Stellungnahme haben sich die Kolleginnen und Kollegen von Taleb A. an die Öffentlichkeit gewandt. Darin heißt es: »Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen im Maßregelvollzug Bernburg angestellten Facharzt für Psychiatrie, der hier seit März 2020 tätig war. Seit Ende Oktober 2024 war er urlaubs- und krankheitsbedingt jedoch nicht mehr im Dienst.«
Weiter heißt es: »Unsere Gedanken und unsere Anteilnahme sind bei den Angehörigen der Todesopfer, den Verletzten und anderen Betroffenen des schrecklichen Geschehens.«
Man unterstütze die Ermittlungen von Beginn an und könne sich deshalb nicht weiter zu Details öffentlich äußern. Taleb A. arbeitete im Maßregelvollzug in Bernburg. In der Einrichtung sind suchtkranke Straftäter untergebracht und werden therapiert. Sie richtet sich an Personen, die im Kontext ihrer Sucht straffällig wurden. Das landeseigene Unternehmen hat nach eigenen Angaben derzeit 179 Plätze vor Ort. Mehr über die Vorgeschichte von Taleb A. lesen Sie hier.
Nach der Tat von Magdeburg prüft offenbar auch die Generalbundesanwaltschaft (GBA) die Details zum Tathergang. Wie auf der aktuellen Pressekonferenz mitgeteilt wurde, ist dafür bereits seit gestern eine Ermittlerin vor Ort. Ob die GBA die Ermittlungen an sich zieht, ist demnach aber noch unklar. Dies wäre beispielsweise naheliegend, wenn die Todesfahrt von den Ermittlern als Terroranschlag eingestuft wird.
Nach Angaben der Stadt werden die Verletzten der Todesfahrt von Magdeburg auch außerhalb Magdeburgs behandelt. Von den 200 teils schwerst verletzten Personen würden einige auch in anderen Bundesländern versorgt, etwa in Brandenburg. Das teilte ein Vertreter bei der aktuellen Pressekonferenz mit.
Ronni Krug, Beigeordneter der Stadt Magdeburg, nimmt auf der Pressekonferenz das Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarkts in Schutz. »Dieses Konzept ist über lange Jahre bewährt«, so Krug. Einerseits müsse sichergestellt werden, dass die Besucher einer Veranstaltung geschützt würden. Andererseits müssten sie diese im Ernstfall auch schnell und sicher verlassen können. »Dazu bedarf es dieser Korridore.« An den Flucht- und Rettungsgassen habe zudem ein Fahrzeug der Polizei gestanden.
Das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt sei »nicht im luftleeren Raum« entstanden. Es habe ein Einvernehmen darüber mit den zuständigen Behörden gegeben. »Mit dem Fall, über den wir jetzt sprechen, konnten wir in seiner Dimension nicht rechnen.« Er sei vielleicht auch nicht zu verhindern gewesen, so Krug.
Der mutmaßliche Täter von Magdeburg war nach Angaben der Polizei bereits früher im Blick der Behörden. »Es ist versucht worden, eine Gefährderansprache durchzuführen«, so der Direktor der Polizei Magdeburg auf der noch laufenden Pressekonferenz. Dieser Vorgang liege bereits ein Jahr zurück. Nähere Details dazu wurden zunächst nicht bekannt.
Tom-Oliver Langhans, Direktor der Polizei Magdeburg, nennt auf der Pressekonferenz weitere Details zum Tathergang: Um 19:02 Uhr sei demnach der erste Notruf eingegangen. Kurzzeitig sei man von einem Unfallgeschehen ausgegangen. »Das hat sich durch Notrufe in mindestens zweistelliger Anzahl allerdings sehr schnell als ein Anschlagsszenario eröffnet.«
Der mutmaßliche Täter habe gezielt »Flucht- und Rettungsweg ausgenutzt«, um Menschen zu verletzen. »Wir reden von einem Zeitfenster von etwa drei Minuten«, so Langhans. »Nach derzeitigem Stand gehen wir davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Hinweise schließen einen zweiten Täter aus.«
Bei einer Pressekonferenz hat die Stadtverwaltung von Magdeburg neue Opferzahlen genannt. Ronni Krug, Beigeordneter der Stadt Magdeburg, sagte, man zähle derzeit fünf Todesopfer und 200 Verletzte. 41 von ihnen seien schwer oder schwerst verletzt. Die Beleuchtung auf dem Platz soll abgeschaltet werden und aus bleiben. Der Weihnachtsmarkt sei angesichts der vielen Opfer nicht mehr durchführbar, so Krug. »Wir sind zutiefst betroffen, wir sind zutiefst verstört.«
Mehr als 200 Menschen sind bei der Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt verletzt worden, fünf Besucher starben. Die Stadt und Wohlfahrtsverbände haben nun Spendenkonten für die Opfer und Betroffenen eingerichtet. Es gehe darum, den Betroffenen möglichst schnell Unterstützung zu ermöglichen, erklärte die Stadt.
Das Konto mit der IBAN: DE89 8105 3272 0641 0958 72 läuft unter dem Namen »Spendenkonto LHS Magdeburg«. Weitere Informationen finden Sie hier.
Der mutmaßliche Attentäter Taleb A. war den Behörden offenbar früher bekannt als zunächst vermutet. Nach SPIEGEL-Informationen verurteilte ihn das Amtsgericht Rostock schon am 4. September 2013 zu einer Strafe von 90 Tagessätzen. Grund war eine »Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten«.
Die Höhe der Tagessätze, zehn Euro, deutet darauf hin, dass Taleb A. damals noch von Hartz IV gelebt haben könnte. Auffällig auch: Nach Deutschland gekommen war Taleb A. zwar bereits 2006, er reiste regulär mit seinem Reisepass und einem Visum ein, um eine Facharztausbildung zu beginnen. Seinen Asylantrag stellte er aber erst 2016 – möglicherweise, weil er sonst das Land hätte verlassen müssen.
In der Anhörung in der Außenstelle Halberstadt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) trug er nach SPIEGEL-Informationen vor, er sei vom Islam abgefallen. Er schrieb auch ein Buch mit dem Titel »Kreative Widerlegung des Islam«. Dafür startete A. auch eine Crowdfunding-Kampagne, die aber kaum Unterstützer fand. Das Buch erschien nie.
Seine drohende Verfolgung in Saudi-Arabien untermauerte Taleb A. gegenüber dem Bamf nach SPIEGEL-Informationen außerdem mit einem angeblichen Vorfall in der Botschaft von Saudi-Arabien in Berlin. Dort sei ihm 2013 mit der Hinrichtung gedroht worden, sollte er zurückkehren.
Alle weiteren neuen Erkenntnisse können Sie hier nachlesen.
Taleb A. brachte seine Sympathie für die AfD in sozialen Medien offen zum Ausdruck. Er träumte gar von einem gemeinsamen Projekt mit der in weiten Teilen rechtsextremen Partei. Nach Angaben der AfD sei er jedoch kein Parteimitglied gewesen. »Wir können ausschließen, dass der Täter von Magdeburg Mitglied der AfD war«, sagte ein Sprecher von Parteichefin Alice Weidel der »Rheinischen Post«. »Auch ein Mitgliedsantrag hat nie vorgelegen.«
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz mahnt seine Kolleginnen und Kollegen aus der Politik, erst auf Basis gesicherter Erkenntnisse über den mutmaßlichen Anschlag von Magdeburg zu urteilen. Wieder gebe es unschuldige Opfer »von Auseinandersetzungen, die in Deutschland ausgetragen werden«, schreibt er auf X. »Dennoch passt die schreckliche Tat des gestrigen Tages in Magdeburg nicht in das bisher bekannte Muster.«
Es sei »unerträglich, dass wir uns nur noch mit Ängsten und Sorgen versammeln und nicht mehr unbeschwert feiern können«, so Merz. »Wir müssen das stoppen. Aber am heutigen Tag sind das Mitgefühl, die Trauer und die Hilfe wichtiger.«
Bei der Trauerandacht, die am Abend in Magdeburg stattfinden soll, wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zugegen sein. Das teilte seine Sprecherin auf Anfrage mit. Der ökumenische Gedenkgottesdienst findet im Dom der Landeshauptstadt statt. Steinmeier hatte bereits unmittelbar nach der Tat sein Entsetzen hierüber ausgedrückt, den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl ausgesprochen und den Rettungskräften gedankt.
Kurz vor der Todesfahrt von Magdeburg hat der Tokio-Hotel-Schlagzeuger Gustav Schäfer eigenen Angaben zufolge den dortigen Weihnachtsmarkt besucht. »Wir fühlen uns wie betäubt. Nur wenige Augenblicke haben uns getrennt von einem Moment, der für viele Menschen alles verändert hat«, schreibt der Musiker in einer Instagram-Story.
Körperlich sei ihm nichts passiert, wofür er unendlich dankbar sei, schreibt der 36-Jährige. »Aber psychisch fühlt es sich an, als wäre die Welt für einen Moment stehen geblieben. Gedanken kreisen, das Herz ist schwer. Und die Frage nach dem ›Warum?‹ lässt einen nicht los.« Zuvor hatte der Musiker am späten Freitagnachmittag, wenige Stunden vor der Tat, ein Bild vom Weihnachtsmarkt veröffentlicht mit dem Kommentar: »Schön wars uffm Weihnachtsmarkt«.
Gustav Schäfer auf Instagram: "Gestern hätte ein unbeschwerter Tag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sein sollen – voller Lichter, Lachen und dem Duft von Weihnachten, dem Fest der Liebe. Wir fühlen uns wie betäubt. Nur wenige Augenblicke haben uns getrennt von einem Moment, der für viele Menschen alles verändert hat. Uns ist körperlich nichts passiert, und dafür sind wir unendlich dankbar. Aber psychisch fühlt es sich an, als wäre die Welt für einen Moment stehen geblieben. Gedanken kreisen, das Herz ist schwer, und die Frage nach dem ‘Warum?’ lässt einen nicht los. Meine Gedanken sind bei allen, die von diesem schrecklichen Ereignis betroffen sind. Und gleichzeitig spüre ich, wie verletzlich wir alle sind – und wie wichtig es ist, füreinander da zu sein. Passt auf euch auf. Haltet eure Liebsten fest und lasst uns gemeinsam daran erinnern, dass Liebe und Mitgefühl stärker sind als Angst. Danke an alle Rettungskräfte, Polizisten und Helfern vor Ort! ————————— #prayformagdeburg"
10K likes, 310 comments - gustavschaefer am December 21, 2024: "Gestern hätte ein unbeschwerter Tag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sein sollen – voller Lichter, Lachen und dem Duft von Weihnachten, dem Fest der Liebe. Wir fühlen uns wie betäubt. Nur wenige Augenblicke haben uns getrennt von einem Moment, der für viele Menschen alles verändert hat. Uns ist körperlich nichts passiert, und dafür sind wir unendlich dankbar. Aber psychisch fühlt es sich an, als wäre die Welt für einen Moment stehen geblieben. Gedanken kreisen, das Herz ist schwer, und die Frage nach dem ‘Warum?’ lässt einen nicht los. Meine Gedanken sind bei allen, die von diesem schrecklichen Ereignis betroffen sind. Und gleichzeitig spüre ich, wie verletzlich wir alle sind – und wie wichtig es ist, füreinander da zu sein. Passt auf euch auf. Haltet eure Liebsten fest und lasst uns gemeinsam daran erinnern, dass Liebe und Mitgefühl stärker sind als Angst. Danke an alle Rettungskräfte, Polizisten und Helfern vor Ort! ————————— #prayformagdeburg".
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Schäfers Band-Kollege Bill Kaulitz reagierte ebenfalls auf die Tat und veröffentlichte auf Instagram ein Bild des Magdeburger Stadtwappens über einer Kerze und den Worten »PRAY FOR MAGDEBURG« (Betet für Magdeburg).