Strom- und Redebedarf bei neuer Stromtrasse durch Babenhausen

6 Jul 2024
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Stand: 06.07.2024, 08:27 Uhr

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Den möglichen Streckenverlauf durch Babenhausen haben die Besucher eingehend studiert und diskutiert. © zah

Übertragungsnetzbetreiber Amprion plant eine neue Stromtrasse zwischen Stockstadt über Babenhausen, Münster und Eppertshausen nach Urberach.

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Foto op-online.de

Babenhausen – Handys, Heizen, E-Mobilität und jede Menge Rechenzentren – der deutsche Strombedarf steigt kräftig. Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion plant aktuell den Neubau einer Höchstspannungsfreileitung, um die Übertragungskapazität im Südosten Frankfurts zu erhöhen und die Versorgung sicherzustellen. „Durch den steigenden Strombedarf im südöstlichen Teil Hessens und im Nordwesten Bayerns steigen die Anforderungen an unser Stromnetz“, heißt es von dem Dortmunder Konzern, der mit „Bürgerinfomärkten“ durch die betroffenen Kommunen tourt, um frühzeitig zu informieren. Aktuell führt eine Tournee durch Rödermark/Urberach, Rodgau, Eppertshausen, Seligenstadt, Babenhausen und Stockstadt.

Die bevorzugten Korridore für den Neubau (lila) führen von Urberach über Eppertshausen, Münster, Babenhausen oder Schaafheim und Großostheim nach Aschaffenburg. © Amprion

Die neue Stromtrasse wird etwa 23 Kilometer lang sein, 18 Kilometer davon verlaufen durch Hessen. „Die Bestandsnetze sind schon jetzt überlastet“, erklärte Projektsprecherin Janina Heidl bei der Bürgerinfoveranstaltung in der Babenhäuser Stadthalle. Und: Auch der Strom, der aus erneuerbaren Energien, primär Windkraft, gewonnen wird, muss transportiert werden. Im zweistündigen Zeitfenster nutzten Bürger, Landwirte und Kommunalpolitiker die Chance, Plakatwände zu studieren und das persönliche Gespräch mit Amprion sowie dem Planungsunternehmen Baader-Konzept zu suchen. Letzteres bedient das Thema Umwelt im Projekt, denn Eingriffe in das Landschaftsbild, Wald und Flur wird es geben.

Planungen sind erst in der Anfangsphase

Die Planungen für die oberirdische 380-Kilovolt-Stromleitung stecken in der Anfangsphase. Momentan geht es darum, Korridore für den Trassenverlauf zu finden. Das Beispiel Babenhausen zeigt: Durch die Bestandsbebauung ist nichts möglich. Auch die Nordvariante von Urberach (wo die bestehende Umspannungslage in einem separaten Verfahren erweitert werden soll) über Rodgau, Seligenstadt und Mainhausen scheint wegen der dichten Besiedlung schwierig zu werden, so Janina Heidl, die von „Raumwiderstand“ spricht.

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Foto op-online.de

Auf der groben Übersichtskarte ist die südliche Trassenführung im Planungsgebiet dick markiert. Von Urberach über Eppertshausen, nördlich von Münster nach Babenhausen und weiter nach Bayern.

Amprion fasst für Babenhausen zwei Planungsvarianten ins Auge: nördlich der Bestandsbebauung oder alternativ südlich der B 26, nördlich vorbei an Schaafheim und Großostheim nach Aschaffenburg.

Nicht viele Bürger komme zur Infoveranstaltung in die Stadthalle Babenhausen

Es war nicht die Masse interessierter Bürger, die kam, aber viele mit großer Wissbegierde. „Bürger sind besorgt wegen der Strahlung und/oder dem Eingriff in das Landschaftsbild“, so Hannah Knapp von Baader-Konzept.

Die Trasse wird optisch 35 bis 40 Meter (Mastspitze) in Waldgebieten bis zu 75 bis 80 Metern zu sehen sein. Elektrische, magnetische Felder, Lärm – all das sind Dinge, die bereits in dieser frühen Phase Menschen umtreiben. Vor allem jedoch: der endgültige Trassenverlauf. Amprion kommuniziert einen möglichst „raum- sowie umweltverträglichen Trassenverlauf“, der innerhalb des jetzt bereits ermittelten 1 000 Meter breiten Korridors liegen soll.

Die erste Infoveranstaltung des Stromversorgers Amprion in der Babenhäuser Stadthalle: Bürger konnten sich über das Projekt informieren, das eine 23 Kilometer lange 380-kv-Doppelleitung von Urberach nach Stockstadt vorsieht. © -

Es existiert für Netzausbauvorhaben ein sogenanntes „Bündelungsgebot“, um den Einfluss auf Mensch und Umwelt möglichst gering zu halten. Heidl: „Unser Wunschbereich sind Bestandsleitungen, auch der Gesetzgeber möchte, dass die Trassenführung bleibt.“ Ob das in der Praxis aber so funktioniert, etwa an der 110-KV-Trasse nördlich Babenhausens, ist mehr als fraglich.

Sind Stromtrassen ein Gesundheitsrisiko?

„Durch Siedlungsgebiet kommen wir nicht durch“, meinte die Sprecherin, auch bei einer sogenannten Trassenbündelung gelte der Abstand zur Wohnbebauung von 200 Metern rechts und links, bei komplettem Neubau müssten 400 Meter rechts und links der Trasse eingehalten werden, so die Vorgabe im Landesentwicklungsplan (LEP). Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfehle gar 500 Meter Abstand, sagte das Babenhäuser CDU-Fraktionsmitglied Stephan Sawallich.

Von Stromtrassen gehen starke elektromagnetische Felder aus, die erhebliche Gesundheitsrisiken bergen, erst mit dem nötigen Sicherheitsabstand sind sie unbedenklich. Weil der 400-Meter-Abstand im Amprion-Projekt eingehalten werden muss, müsste die nördliche Babenhäuser Trassenvariante zumindest teilweise im Wald liegen. Im Süden stößt man planerisch auf das Fauna-Flora-Habitat in Höhe der ehemaligen Kaserne und den zwar verwaisten, in den Plänen jedoch noch ausgewiesenen Flugplatz.

Für das Vorhaben ist das Bundesbedarfsplanungsgesetz die Grundlage. Im September will Amprion den ersten Schritt gehen und die Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur beantragen. Erst im nächsten Schritt, dem Planfeststellungsverfahren wird es konkret und der Trassenverlauf ermittelt. Die Inbetriebnahme der Leitung ist für 2035 vorgesehen. (zah)

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