Moldau: Proeuropäer gewinnen EU-Referendum in Moldau

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Moldaus EU-Kurs wurde knapp bestätigt. Präsidentin Sandu spricht von Stimmenkauf zugunsten prorussischer Kräfte, die EU wirft Russland "beispiellose Einflussnahme" vor.

Aktualisiert am 21. Oktober 2024, 13:27 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AP, AFP, jsp , ale

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Präsidentschaftswahl und Verfassungsreferendum in Moldau fanden am selben Tag statt. © Fotostand/​imago images

Die Menschen in Moldau haben bei einem Referendum für einen proeuropäischen Regierungskurs gestimmt. Nach Auszählung von 99,41 Prozent der 1,4 Millionen abgegebenen Stimmen sprachen sich laut Wahlkommission 50,39 Prozent der Teilnehmer für die Änderung der Verfassung aus, in der der proeuropäische Kurs unabänderlich als strategisches Ziel festgeschrieben werden soll. 49,61 Prozent waren demnach dagegen. Zuvor hatte es lange so ausgesehen, als lägen die Gegner vorn.

Die proeuropäische Präsidentin Maia Sandu hatte in der Nacht Wahlfälschung beklagt. Es gebe Beweise, dass 300.000 Stimmen gekauft worden seien, sagte Sandu. Sie ließ offen, ob sie das Ergebnis anerkennt.

Vorwürfe aus Moskau und aus Brüssel

Russland protestierte umgehend gegen Sandus Vorwurf und forderte sie auf, ihn zu belegen. "Wenn sie sagt, dass sie wegen irgendwelcher krimineller Banden zu wenig Stimmen bekommen hat, sollte sie die Beweise vorlegen", sagte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Staatschefs Wladimir Putin. 

Die vorläufigen Wahlergebnisse, in denen sich eine Mehrheit gegen den proeuropäischen Kurs abgezeichnet hatte, hatte Peskow als Zeichen dessen gewertet, dass viele Menschen nicht mit Sandus Politik einverstanden seien. Zudem warf er ihrer Regierung vor, die prorussischen Kräfte bei der Agitation behindert zu haben.    

Die EU wiederum warf Russland eine "beispiellose Einflussnahme" auf das Referendum und die parallel abgehaltene Präsidentschaftswahl vor. Peter Stano, der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, sprach von einer gezielten russischen Kampagne zur "Einschüchterung" und "Einmischung" in Moldau.

Bereits Monate vor den Wahlen seien Wähler "massiver Propaganda aus Russland und von russischen Stellvertretern" ausgesetzt worden, sagte Stano. Vorwürfe des Stimmenkaufs habe es schon in der Vergangenheit gegeben. Eine abschließende Bewertung dazu wolle die EU später vorlegen.

Präsidentin Sandu muss Anfang November in die Stichwahl

Die 52-jährige Sandu konnte bei der parallel abgehaltenen Präsidentenwahl am Sonntag unter den insgesamt elf Kandidaten die meisten Stimmen auf sich vereinen, verfehlte aber die absolute Mehrheit und muss deshalb am 3. November in eine Stichwahl gegen den früheren Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo. Er gehört der Sozialistischen Partei des prorussischen Ex-Präsidenten Igor Dodon an.

Sandu ist seit 2020 im Amt. Die frühere Ökonomin der Weltbank hatte die Beziehungen zu Russland abgebrochen und 2022 kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine den Beitritt zur EU beantragt. Seit Juni laufen die offiziellen EU-Beitrittsgespräche. 

Moldau zählt zu den ärmsten Ländern in Europa. Die Preise im Land stiegen zuletzt auch als Folge des Versuchs, bei der Energieversorgung unabhängiger von Russland zu werden. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges in das kleine Nachbarland geflüchtet. Dort befürchten einige Menschen, dass Russland auch die Republik Moldau angreifen könnte.

Ukrainisch-moldauisches Grenzgebiet unter russischem Einfluss

Zudem ist auch die politische Ausrichtung Moldaus wiederum ein sicherheitspolitischer Faktor für die Ukraine. Das zu Moldau gehörende Grenzgebiet Transnistrien, das Unabhängigkeit für sich beansprucht, steht seit 30 Jahren unter Kontrolle prorussischer Milizen, auch ist dort ein kleines Kontingent russischer Soldaten stationiert. 

Dadurch, dass in Moldau proeuropäische Kräfte regieren, muss die Ukraine derzeit keine größeren Verbände zum Schutz der gemeinsamen Grenze abstellen. Sollte dort eine prorussische Regierung übernehmen, würde dies zwar nach wie vor nicht zwangsläufig eine Bedrohung darstellen, könnte die Sicherheitslage aber verschlechtern.

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