Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht »Ich schreibe an meinem ...

9 Tage vor
Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht »Ich schreibe an meinem Buch ›Auf Stöckelschuhen durch Absurdistan‹«

Christine Lambrechts Amtszeit als Verteidigungsministerin war unrühmlich. Nun kündigt die SPD-Politikerin ein Enthüllungsbuch an. Meint sie das ernst?

Ministerin Lambrecht - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

07.09.2024, 20.18 Uhr

Lambrecht bei der Ankunft am Flughafen der nigrischen Hauptstadt Niamey (April 2022)

Foto: Kay Nietfeld / picture alliance / dpa

Es ist still geworden um Christine Lambrecht. Bis jetzt. Bis zu diesem rätselhaften Instagram-Post am Donnerstag. Instagram, Post, Lambrecht, schon wieder. Da sitzt die 59-Jährige vor Bergpanorama – offensichtlich in ihrem Italien-Urlaub – auf einer Bank an einem rustikalen Holztisch, neben sich ein Glas und eine Karaffe mit Wasser, hinter sich die schöne Natur, vor sich ein aufgeklapptes Notebook.

Dazu die Botschaft – hier orthografisch korrekt wiedergegeben: »Ich werde oft gefragt, was ich denn so mache. Für alle, die es interessiert: Ich schreibe an meinem Buch ›Auf Stöckelschuhen durch Absurdistan‹. Stay tuned!«.

Wirklich? Hat die frühere Verteidigungsministerin tatsächlich vor, ein Buch über ihre Amtszeit zu veröffentlichen? Eines, das wirklich die Wörter »Stöckelschuhe« und »Absurdistan« im Titel trägt? Oder handelt es sich um eine Ausdrucksform hessischen Humors, der Lambrecht nachgesagt wird – einen gleichwohl entlarvenden Scherz?

Auf eine SPIEGEL-Nachfrage, was es mit den Buchplänen auf sich habe und ob der Post auf Instagram möglicherweise ironisch gemeint sei, antwortete Lambrecht per SMS mit den Worten: »Ernst gemeint«. Auf weitere Nachfragen schrieb sie, man müsse dafür auf das Erscheinen des Buches warten.

Empfohlener externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Instagram, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit wieder zurücknehmen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ministerin Lambrecht - Figure 2
Foto DER SPIEGEL

Zur Erinnerung: 23 Jahre lang war die SPD-Politikerin im Bundestag, zeitweise Vizefraktionsvorsitzende und Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Justiz-, kurz auch Familienministerin. Und dann, als sie sich eigentlich schon von der Politik verabschiedet hatte, wurde sie noch Verteidigungsministerin. Sie war es nur kurz, gute 13 Monate. Aber lang genug, um ihren Ruf zu zerstören.

Davor galt Lambrecht als Allzweckwaffe, die jedes Amt angemessen bekleiden kann. Danach als völlige Fehlbesetzung auf einem der mindestens seit der Zeitenwende wichtigsten Ministerposten. Am 19. Januar 2023 trat sie zurück, nach einem grotesken Silvestervideo, das sie auf Instagram postete, Böllerknallen im Hintergrund, Lambrecht im Vordergrund, die sich freute, dass sie wegen des Ukrainekriegs so viele interessante Menschen kennenlernen durfte. Es war allerdings nur der letzte Anlass, der eine ohnehin schwankende Ministerin zum Sturz brachte.

Lambrecht bei Ankunft in Mali am 9. April 2022: Das berühmte Foto, mit dem vor allem der Boulevard über die Ministerin herzog

Foto: Kay Nietfeld / picture alliance / dpa

Freilich unterschieden sich die Kritikpunkte an Lambrecht. Der Boulevard schoss sich vor allem auf ihre öffentlichen Auftritte ein – besonders gern auf ihre Vorliebe für hochhackige Schuhe. Ein Foto der Ministerin wurde berühmt, wie sie am Flughafen in Mali in Schutzweste und mit Stöckelschuhen aus einer Bundeswehrmaschine steigt, um die Truppe auf ihrer gefährlichsten Auslandsmission zu besuchen – ein Verstoß gegen die Bekleidungsvorschriften ihres eigenen Hauses.

Aber es gab auch gewichtigere Kritikpunkte: Das Fremdeln mit allem Militärischen, die Ignoranz gegenüber dem desolaten Zustand der Bundeswehr, das Fehlen sinnvoller Konzepte, ihr dysfunktionales Ministerium, auch ihren angeblich mangelnden Arbeitseifer. Kurz – eine desaströse Bilanz.

Das alles nagt offenbar an Lambrecht. Und wie sich schon bei ihrem Zapfenstreich zeigte: Bei sich selbst suchte sie die Schuld für ihren Abgang eher nicht. Stattdessen bei einer angeblich kampagnenwütigen Presse und mit einiger Sicherheit auch bei so manchem Parteifreund, der sie am Ende fallen ließ.

In der ohnehin taumelnden SPD war man froh, dass die unglückliche Verteidigungsministerin langsam in Vergessenheit geraten ist. Dort dürfte man mit einem unguten Gefühl darauf warten, was da noch kommen mag. Denn Lambrecht hat sich entschieden, das alles noch einmal öffentlich zu thematisieren.

In den letzten Monaten war Lambrecht in Berlin immer mal wieder bei Partei- und Bundeswehrterminen aufgetaucht. Als die Truppe im April das Ende der Mali-Mission mit einem großen Abschluss-Appell feierte, war die Ex-Ministerin unter den Ehrengästen. Auch bei SPD-Abendveranstaltungen sah man sie gelassen mit befreundeten Genossen plaudern.

Anmerkung der Redaktion: Christine Lambrecht hat inzwischen die Ernsthaftigkeit des Buchprojekts gegenüber dem SPIEGEL bestätigt. Wir haben den Artikel entsprechend ergänzt und angepasst.

Mehr lesen
Die beliebtesten Nachrichten der Woche