Leichtathletik Mihambo über Corona und Olympia-Silber: Es war zu viel

Saint-Denis · Was für ein Abend im Stade de France. Erst jubelt Malaika Mihambo mit der Deutschland-Fahne über ihre Silber-Medaille, dann sitzt sie weinend im Rollstuhl. Den schnellsten Sprinter erwischt es hart.

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Mihambo über Corona und Olympia-Silber: Es war zu viel

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Am Ende eines langen, aufreibenden Olympia-Abends konnte Malaika Mihambo zumindest schon wieder lächeln und sich über ihre Silbermedaille freuen. Rund zwei Stunden, nachdem sie erst mit der deutschen Fahne gejubelt hatte und dann weinend mit einem Rollstuhl aus dem Innenraum des Stade de France gefahren wurde, erklärte die 30-Jährige, was passiert war.

Die Folgen der Corona-Infektion, die sie schon beim zweiten EM-Titel in Rom vor zwei Monaten gespürt hatte, brachten Mihambo diesmal an ihre körperlichen Grenzen und lösten einen Reizhusten-Anfall aus. „Nach der Ehrenrunde habe ich wirklich keine Luft bekommen, es war zu viel“, berichtete sie. „Seit Corona meine Lungen erwischt hat, brauche ich mehr Zeit zur Erholung. Mir fehlt die Luft nach dem Wettkampf.“

„Silber gewonnen, nicht Gold verloren“

Umso größer war ihr Stolz über das Erreichte, auch wenn sie Gold der amerikanischen Mitfavoritin Tara Davis-Woodhall überlassen musste. Die WM-Zweite sprang mit 7,10 Metern zwölf Zentimeter weiter. Wahnsinnig stolz zeigte sich Mihambo nach dem Wettkampf mit erstmals sechs Sprüngen seit dem Europameistertitel: „Das muss erstmal jemand schaffen, so gehandicapt an den Start zu gehen und da noch eine Silbermedaille rauszuholen.“ Ihr Trainer Ulli Knapp unterstrich: „Malaika hat Silber gewonnen und nicht Gold verloren.“

Der Donnerstagabend in Saint-Denis im Norden von Paris wies große Parallelen zu den Europameisterschaften vor zwei Jahren in München auf. Auch dort hatte sich die kampfstarke Athletin nach einer Corona-Infektion Silber gesichert, auch dort ging nach dem Wettkampf nichts mehr. Mihambo sprach von einer „Grenzerfahrung“.

Mihambo kommt ins Deutsche Haus

„In den letzten zwei Wochen hatte ich Probleme mit meiner Lunge. Ich habe angefangen zu husten“, sagte Mihambo. Sie habe nachts deswegen kaum schlafen können. Schon beim Gewinn des EM-Titels in Rom Anfang Juni hatte sie die Folgen der nächsten Infektion gespürt und danach pausieren müssen.

„Ich fühle mich noch müde und erschöpft“, sagte sie nach dem wichtigsten Wettkampf in dieser Saison. Immerhin ging es ihr besser, so dass sie sich heute um 10.00 Uhr wie der sechstplatzierte Speerwerfer Julian Weber im Deutschen Haus in Paris noch einmal äußern will.

Lyles erwischt es hart

Nicht nur Mihambo hatte mit den Folgen von Corona zu kämpfen, sondern auch 100-Meter-Olympiasieger Noah Lyles. Die Folgen einer am Dienstag festgestellten Infektion brachten den Amerikaner um alle Chancen auf die erhofften vier Goldmedaillen auf der Bahn. Nach Platz drei über 200 Meter und dem Sieg von Letsile Tebogo aus Botswana machte der Favorit öffentlich, was ihn gebremst hatte - und trug dabei im Interview-Bereich eine FFP2-Maske.

„Ich wollte trotzdem laufen. Sie haben gesagt, das ist unmöglich“, erzählte Lyles. Seine Zeit von 19,70 Sekunden war so gesehen noch überaus respektabel, auch wenn sie fast vier Zehntelsekunden von seiner Bestzeit entfernt war. Auch Lyles nahm zunächst in einem Rollstuhl Platz.

Der US-Verband hatte den Start genehmigt und war seit dem positiven Test einem Corona-Protokoll gefolgt. „Es hat mich definitiv beeinflusst, aber ehrlich gesagt bin ich so stolz wie irgendwas auf mich, dass ich rausgegangen bin und mit Corona die Bronzemedaille geholt habe“, sagte Lyles.

So verpasste der 27-Jährige wie 2021 den Olympiasieg. Der Unterschied: Bei den Sommerspielen in Tokio waren keine Zuschauer im Stadion und ein Start mit einer Corona-Infektion wäre unmöglich gewesen. In Paris ist das anders, nicht nur in der Leichtathletik.

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