Pleitewelle in Sachsen-Anhalt? Insolvenzforscher gibt Entwarnung

17 Tage vor
MDR SACHSEN
Die Zahl der Insolvenzanträge von Unternehmen ist im ersten Halbjahr 2024 in Sachsen-Anhalt um 25 Prozent gestiegen.Insolvenzforscher Steffen Müller vom IWH schätzt die Situation allerdings keineswegs als bedrohlich ein – und erklärt, warum nicht.Vielmehr sei die Entwicklung auch Folge der Staatshilfen während der Corona-Pandemie, durch die Unternehmen vor der Pleite gerettet wurden.

Insolvenzforscher Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) glaubt, dass Sachsen-Anhalts Wirtschaft von einer großen Pleitewelle in den kommenden Monaten verschont bleiben wird. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT sagte der Leiter der Abteilung Strukturwandel und Produktivität des IWH: "Wir sehen bei den Frühindikatoren keine auffälligen Werte. Deswegen denke ich nicht, dass die Insolvenzen in den nächsten zwei, drei, vier Monaten durch die Decke gehen werden."

Zwar nahm die Zahl der Insolvenzanträge im ersten Halbjahr 2024 in Sachsen-Anhalt zu. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gingen rund 25 Prozent mehr Unternehmen pleite als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Von einer "Pleitewelle" war mancherorts die Rede.

Aber: "Ich mache mir um Sachsen-Anhalt vergleichsweise wenig Sorgen", sagt Müller, denn: "Sachsen-Anhalt hat im Bundesvergleich sehr wenige Unternehmensinsolvenzen pro Einwohner. Und das gilt auch, wenn wir uns auf die etwas größeren Personen- und Kapitalgesellschaften konzentrieren."

Ich denke nicht, dass die Insolvenzen in Sachsen-Anhalt in den nächsten zwei, drei, vier Monaten durch die Decke gehen werden.

Sachsen-Anhalt früher mit "einer der höchsten Insolvenzquoten in ganz Deutschland"

Vor allem der historische Vergleich helfe, um die aktuelle Situation einzuordnen, so der Insolvenzforscher. "In den Jahren 1999/2000 war das alles ganz anders. Da hatte Sachsen-Anhalt ein Vielfaches der Insolvenzen von heute zu beklagen und eine der höchsten Insolvenzquoten in ganz Deutschland", blickt Müller zurück.

Auch der Vergleich mit der Zeit vor der Corona-Pandemie helfe, die Lage zu bewerten. Beim Blick auf die Anzahl der Insolvenzanträge würde auffallen, dass "sie in Sachsen-Anhalt entgegen dem Bundestrend sogar gesunken sind", sagt Müller. "Die Werte lagen 2023 knapp ein Drittel unter den Werten von 2019 in Sachsen-Anhalt. Der Anstieg, den wir in den vergangenen Monaten gesehen habe, hat gerade einmal dazu geführt, dass in Sachsen-Anhalt das Niveau von 2019, 2020 erreicht worden ist."

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