Überseegebiet - Wirbelsturm "Chido": Was über die Lage in Mayotte ...
Nach dem Durchzug des Wirbelsturms "Chido" im französischen Überseegebiet Mayotte suchen die Einsatzkräfte weiter nach Überlebenden. Was die Rettungsarbeiten erschwert: Auf der Inselgruppe leben laut Innenministerium mehr als 100.000 Migranten und Flüchtlinge ohne offizielle Papiere. Ein Überblick.
16.12.2024
Der heftigste Sturm seit fast einem Jahrhundert mit Wundgeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometern pro Stunde hat auf Mayotte eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Neben vielen Wohnhäusern wurden auch Behelfsunterkünfte, Regierungsgebäude und ein Krankenhaus beschädigt. Der Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser und sanitären Einrichtungen ist gebietsweise stark eingeschränkt.
Die Helfer hätten damit begonnen, die Wege zu abgelegenen Gebieten freizuräumen, sagte der Bürgermeister der Hautpstadt Mamoudzou, Soumaila. Man hoffe, dort noch Überlebende zu finden. Es sei aber damit zu rechnen, dass sich in den Trümmern der zerstörten Häuser in den Armenvierteln der Stadt hunderte weitere Todesopfer befänden. Der Präfekt von Mayotte, Bieuville, hatte am Sonntag im Rundfunk gesagt, er halte es sogar für möglich, dass mehrere Tausend Menschen ums Leben kamen.
Im Laufe des Tages wird Frankreichs Innenminister Retailleau im Katastrophengebiet erwartet, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er wird nach Angaben seines Büros von 160 Soldaten und Feuerwehrleuten begleitet, welche die Einsatzkräfte vor Ort verstärken sollen.
Wo liegt Mayotte?Mayotte ist fast 8.000 Kilometer von der französischen Hauptstadt Paris entfernt. Die Inselgruppe ist mit einer Fläche von 375 Quadratkilometern etwas größer als das Stadtgebiet von München. Sie liegt im Indischen Ozean zwischen Madagaskar und Mosambik, südwestlich der Seychellen. Die Bevölkerung ist seit Anfang des Jahrtausends massiv gewachsen - um mehr als 80 Prozent auf gut 300.000 Menschen. Der größte Teil der registrierten Einwohner sind sunnitische Muslime. Viele stammen aus dem Ausland. Viele Menschen auf Mayotte leben in Armut; die Arbeitslosigkeit ist hoch.
Welchen rechtlichen Status hat die Inselgruppe?Mayotte ist ein französisches Überseegebiet. Seit 2014 gehört es als Gebiet in äußerster Randlage zur Europäischen Union, jedoch nicht zum Schengenraum. Ursprünglich war Mayotte ein Teil der Komoren, einer früheren französischen Kolonie. Als deren Einwohner 1974 über die Unabhängigkeit abstimmten, votierten die Mahorer als einzige für den Verbleib bei Frankreich. Die Komoren beanspruchen die Inselgruppe bis heute für sich.
Warum leben auf Mayotte so viele Flüchtlinge und Migranten?Viele Bewohner der autoritär regierten Komoren erhoffen sich in dem 101. französischen Département ein besseres Leben oder fliehen dorthin vor politischer Verfolgung. Aber auch von Madagaskar und vom afrikanischen Festland kommen zahlreiche Migranten. Einigen Schätzungen zufolge leben auf Mayotte inzwischen sogar mehr illegale Einwanderer als registrierte Bürger. Die "Neue Zürcher Zeitung" sprach 2023 von Mayotte als einem "Sehnsuchtsziel" für Bewohner umliegender Länder.
Welche Folgen hat die Migrationskrise?Die Infrastruktur und die öffentlichen Einrichtungen sind durch den Ansturm stark belastet. Die sozialen Spannungen wurden Anfang 2024 durch eine Wasserknappheit verschärft. Seit Jahrzehnten hat Mayotte mit Bandenkriminalität und Unruhen zu kämpfen.
Frankreich versuchte mehrfach, die Attraktivität der Inselgruppe als Einwanderungsziel durch rechtliche Änderungen zu senken. So wurden die Bedingungen verschärft, die erfüllt sein müssen, um auf Mayotte die französische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Für Reisen ins Mutterland benötigen Menschen mit Aufenthaltstitel ein Visum.
Diese Nachricht wurde am 16.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.