Was ist Ketamin?: Das Mittel, an dem Matthew Perry starb

16 Dez 2023

Blumen im Gedenken an Matthew Perry vor dem »Friends«-Haus in New York

Foto: Christina Horsten / picture alliance / dpa

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Matthew Perry - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

Ende Oktober wurde der Schauspieler Matthew Perry, bekannt vor allem durch seine Rolle in der Serie »Friends«, tot in seinem Whirlpool aufgefunden. Nun ist die Ursache seines Todes bekannt.

Laut Autopsiebericht  starb Perry hauptsächlich durch die »akute Wirkung« von Ketamin. Daneben trugen wohl auch weitere Medikamente und eine Herz-Kreislauf-Erkrankung dazu bei, dass er im Whirlpool ertrank. Einen Großteil seines Lebens hatte Perry mit Suchtproblemen gekämpft. Sein Tod war laut dem Bericht nun ein Unfall.

Was für eine Substanz ist Ketamin?

Ketamin wurde in den Sechzigerjahren als Narkosemittel entwickelt und im Vietnamkrieg im großen Stil bei Operationen amerikanischer Soldaten eingesetzt. Danach war das Mittel in niedrigen Dosierungen lange vor allem als Droge bekannt, bis heute nutzen Partygänger Ketamin als Clubdroge.

Inzwischen bekommt Ketamin aufgrund seiner möglichen Wirkungen bei psychischen Erkrankungen wieder mehr Aufmerksamkeit: Chemisch aufbereitet kann es im Vergleich mit anderen Medikamenten eine sehr schnell eintretende antidepressive Wirkung entfalten.

Wie wird Ketamin in der Medizin genutzt?

Aufgrund seiner Nebenwirkungen wird Ketamin in Deutschland fast nur noch in der Notfallmedizin eingesetzt, um Schmerzen zu behandeln und den Kreislauf zu stabilisieren. In einem sehr begrenzten Rahmen ist der Wirkstoff – chemisch aufbereitet – inzwischen außerdem für die Behandlung schwerer, therapieresistenter Depressionen zugelassen.

In den USA werden Mittel auf Ketamin-Basis zudem immer häufiger »off label«, also ohne Zulassung, zur Therapie von psychischen Erkrankungen eingesetzt, neben Depressionen unter anderem auch bei Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Zum Teil werden die Mittel in den USA auch im Internet verkauft und zur Selbstmedikation bei psychischen Erkrankungen beworben. Das birgt enorme Risiken.

In welchen Kontext hatte Perry Ketamin konsumiert?

Dem Autopsiebericht zufolge erhielt Perry therapeutische Ketamin-Infusionen. Die Menge, die nach seinem Tod in seinem Körper nachgewiesen wurde, ließe sich durch die Behandlungen jedoch nicht erklären, zitiert die »New York Times«  aus dem Autopsiebericht. Die letzte Therapiesitzung lag demnach zu Perrys Todeszeitpunkt bereits anderthalb Wochen zurück.

Was sind die grundsätzlichen Gefahren von Ketamin?

Die US-Arzneimittelbehörde FDA warnte im Oktober auch medizinisches Personal davor , psychische Erkrankungen auf eigene Verantwortung mit Mitteln auf Ketamin-Basis zu behandeln. Der Wirkstoff sei für die Selbsttherapie nicht zugelassen, heißt es in einer Mitteilung. Dennoch würden Ketamin-Produkte für verschiedenste Leiden vermarktet, darunter Depressionen und Angststörungen.

Nach dem Konsum von Ketamin drohen der FDA zufolge Schläfrigkeit sowie Veränderungen von Vitalwerten wie Blutdruck und Herzrate. Hinzu kommen Halluzinationen und bei höheren Konzentrationen das Gefühl, den Körper zu verlassen, das häufig mit Panik verbunden ist.

Werde das Mittel ohne medizinische Aufsicht eingenommen, drohten schwerwiegende Nebenwirkungen, warnt die Behörde. Zudem könne Ketamin psychisch abhängig machen.

Welche Wirkung hatte Ketamin im Zusammenhang mit Perrys Tod?

In Perrys Autopsiebericht heißt es der »New York Times« zufolge : »Die hohen Ketaminkonzentrationen, die nach dem Tod in Blutproben gefunden wurden, sprechen für eine kardiovaskuläre Überstimulation und eine Herabsetzung der Atmung als Haupttodesursachen.« Bei einer solchen Überstimulation steigen unter anderem Blutdruck und Herzfrequenz bedrohlich an.

Die Ketaminmenge in Perrys Blut entsprach demnach etwa der Konzentration, die für eine Vollnarkose genutzt werden würde.

Wann sind Mittel auf Ketamin-Basis für die Behandlung von Depressionen zugelassen?

Weil Ketamin in einer chemisch aufbereiteten Form bei der Behandlung von Depressionen helfen kann, nehmen Mediziner und Patienten die möglichen Nebenwirkungen unter bestimmten Umständen in Kauf. Dabei kommt nur eines der beiden Moleküle, aus denen sich Ketamin zusammensetzt, zum Einsatz: das Esketamin.

Sowohl in den USA als auch in Europa ist ein Nasenspray zugelassen , das diesen Wirkstoff enthält. Vorgesehen ist das Mittel für die Notfallbehandlung von Patientinnen und Patienten mit schweren Depressionen, bei denen andere Therapien versagt haben. Das Nasenspray darf in Deutschland allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt und nicht zur Selbstmedikation mit nach Hause gegeben werden.

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