Mark Rutte: Wer ist der bald neue Nato-Generalsekretär

11 Tage vor

PR-bewusst und pragmatisch

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Der langjährige Ministerpräsident Mark Rutte, hier im Jahr 2020 auf dem Weg zu einem Termin in Den Haag, wird neuer Nato-Generalsekretär.

Mark Rutte - Figure 1
Foto RND

Quelle: Bart Maat/ANP/dpa

Nachdem Ungarn und Rumänien ihren Widerstand aufgegeben haben, ist klar: Der langjährige niederländische Regierungschef Mark Rutte wird neuer Nato-Generalsekretär. Er übernimmt in schwierigen Zeiten. Eines unterscheidet Rutte von seinem Vorgänger Jens Stoltenberg auf jeden Fall.

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Berlin. Zwei Dinge will Mark Rutte behalten: Seine Wohnung in Den Haag und sein Ehrenamt als Sozialkundelehrer in einer Hauptschule. Das mit der Wohnung dürfte klappen, allzu weit ist Den Haag nicht von seinem künftigen Arbeitsort Brüssel entfernt. Dort übernimmt der langjährige niederländische Ministerpräsident am 1. Oktober den Posten des Nato-Generalsekretärs, also des politischen Chefs des transatlantischen Verteidigungsbündnisses.

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Stück für Stück hatten sich die Nato-Mitglieder seiner vor allem von USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien vorangetriebenen Nominierung angeschlossen. Erst gaben die baltischen Staaten ihren Widerstand auf, die gerne die estnische Regierungschefin Kaja Kallas auf dem Posten gesehen hätten. Sie wird nun möglicherweise EU-Außenbeauftragte. Dann drehte die Türkei bei, in dieser Woche noch Ungarn und zuletzt am Donnerstag Rumänien. Jens Stoltenberg aus Norwegen kann also aufhören. Seine Nato-Amtszeit war wegen des Ukraine-Kriegs zwei Mal verlängert worden – und weil sich kein Nachfolger aufdrängte. Rutte war da noch Regierungschef und nicht verfügbar.

Mark Rutte - Figure 2
Foto RND
Ein Rekord und ein Jobangebot

Vor fast genau einem Jahr ließ der studierte Historiker dann seine Mitte-Rechts-Koalition wegen eines Streits um die Asylpolitik platzen – manch Partner hielt das für überflüssig. Kurz darauf verkündete Rutte, sich bei der folgenden Wahl nicht noch einmal als Spitzenkandidat seiner rechtsliberalen VVD anzutreten. Er hielt da – mit 13 Jahren – schon den Rekord als am längsten amtierender niederländischer Ministerpräsident. In seiner Partei hatte die Kritik an ihm zugenommen und im Parlament wurde über ein Misstrauensvotum diskutiert. Dem kam Rutte zuvor, das Jobangebot aus den USA hatte er da schon vernommen.

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Auf den ernsten, streng wirkenden Stoltenberg folgt nun also zum 75. Geburtstag der Nato einer, der noch in den kritischsten Situationen strahlt. „Es gibt Menschen, die Mühe haben, freundlich zu schauen, aber bei Rutte ist es andersherum“, sagte der Pressefotograf Bart Maat der niederländischen Zeitung NRC Handelsblad. Er beschreibt Rutte, der sein Image als bescheidener Durchschnittsmensch mit altem Handy und Mittelklassewagen pflegt, als äußerst PR-bewusst. Das Krawatterichten gehöre dazu und auch das Rückenstrecken bei nahenden Kameras – und möglicherweise auch der Apfel, in den Rutte oft genüsslich biss, wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit an seinem Dienstsitz in Den Haag erschien. Sein Privatleben hat der fotoaffine Rutte aus der Öffentlichkeit herausgehalten. Von einer Partnerschaft des 57-Jährigen, der als Student die Jugendorganisation seiner Partei führte, dann zunächst beim Konsumgüterkonzern Unilever arbeitete und mit Mitte 30 Staatssekretär wurde, ist nichts bekannt.

Mark Rutte - Figure 3
Foto RND
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Was in Brüssel passiert und Europa bewegt: Unser RND-Korrespondent Sven Christian Schulz liefert EU-Insights und Hintergründe – immer donnerstags.

Geschmeidiges Agieren

Rutte übernimmt den Nato-Posten in einer schwierigen Lage: Der Angriff Russlands gegen die Ukraine ist noch in vollem Gange – das Bündnis versucht, die Ukraine zu unterstützen, ohne direkte Kriegspartei zu werden. Bündnismitglieder wie die baltischen Staaten fühlen sich bedroht. Zugleich droht im Falle einer Wiederwahl des Rechtspopulisten Donald Trump als US-Präsident im November der Ausfall oder zumindest deutliche Rückzug des mächtigsten und zahlungskräftigsten Nato-Staats. Den Ukraine-Kurs der Nato hat Rutte stets unterstützt, 2023 sagte er der Ukraine die Lieferung von F16-Kampfflugzeugen zu. Im Umgang mit Trump zeigte er sich, wie auch sonst oft, so geschmeidig, dass dieser den Niederländer als Freund bezeichnete. Es hinderte Rutte nicht daran, Trump bei einem Empfang im Weißen Haus vor laufenden Kameras kurz in die Parade zu fahren, als der über Handelspolitik fabulierte. Umgang mit Rechtspopulisten ist Rutte gewohnt: In seiner ersten Amtszeit als Regierungschef ließ sich er sich von Geerd Wilders und dessen PVV dulden.

Vier Regierungen hat Rutte angeführt, er gilt als pragmatisch, manchen Kritikern als beliebig. Der frühere Außenpolitik-Berater von Kanzlerin Angela Merkel und heutige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, findet, damit sei er gut qualifiziert für den Nato-Top-Job. „Wenn jemand einen solchen Laden über so lange Zeit zusammenhält, ist er gut geeignet, die Nato zusammenzuhalten“, sagte Heusgen im Deutschlandfunk.

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Vor einem Jahr, nach dem Platzen seiner Koalition, hatte Rutte gesagt, er würde gerne auch Vollzeit als Lehrer arbeiten. Jetzt will er prüfen, ob er zumindest seine zwei Stunden an der Schule „auf irgendeine Weise“ noch abhalten kann.

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