Großeinsatz - Motiv-Suche in Mannheim - Wohnung in Heppenheim ...

1 Jun 2024
Mannheim
Großeinsatz Motiv-Suche in Mannheim - Wohnung in Heppenheim durchsucht

dpa

01.06.2024 - 13:37 Uhr

Bei einem Einsatz auf dem Mannheimer Marktplatz hat die Polizei einen Angreifer niedergeschossen. Der Mann wurde dabeiverletzt. Er hatte zuvor mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen und verletzt. Foto: Uwe Anspach/dpa

In der Mannheimer Innenstadt greift ein Mann an einem Stand der islamkritischen Bewegung Pax Europa mehrere Menschen mit einem Messer an. Die Ermittler beschäftigt vor allem die Frage nach dem Warum.

Mannheim/Heppenheim - Nach dem Messerangriff in Mannheim während einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa ist eine Wohnung im hessischen Heppenheim durchsucht worden. Medienberichte, wonach es sich um die Wohnung des mutmaßlichen Täters handelte, bestätigt das Landeskriminalamt in Stuttgart bislang nicht. Die Durchsuchung sei im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Mannheim erfolgt, sagte ein Sprecher vom LKA.

Einen Tag nach der Messerattacke bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa in Mannheim versuchen die Ermittler weiter zu klären, wie es zu der Bluttat kommen konnte. "Was uns am meisten umtreibt, ist die Frage nach dem Motiv", hieß es aus dem baden-württembergischen Landeskriminalamt.

Der verletzte Polizist ist mittlerweile in ein künstliches Koma versetzt worden. "Er schwebt weiterhin in Lebensgefahr", sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts. Der niedergeschossene Täter sei operiert worden und zurzeit nicht vernehmungsfähig, die Suche nach seinen Beweggründen daher bislang nicht vorangekommen. Zu seiner Identität machten die Ermittler bislang keine Angaben. Nach übereinstimmenden Medienberichten handelt es sich um einen 25-Jährigen aus Herat in Afghanistan, der in Südhessen lebt.

Angriff auf Mannheimer Marktplatz

Einer der Verletzten, BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger, meldete sich unterdessen erneut aus dem Krankenhaus zu Wort. "Es war richtig knapp gestern", schrieb der 59-Jährige in einer Nachricht mit Foto auf der Plattform Telegram. Er habe mehrere Stichverletzungen erlitten, eine davon im Oberschenkel habe "erheblichen Blutverlust" verursacht. Auch im Gesicht sei er verletzt worden. Stürzenberger dankte allen beteiligten Ärzten sowie den Gesichtschirurgen, "die extra von einer Spezialklinik kamen".

Der Täter, zu dessen Identität es zunächst noch keine offiziellen Angaben gab, hatte am gestern Vormittag Teilnehmer der Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz angegriffen und sechs Menschen verletzt, darunter einen Polizisten. Laut dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg handelt es sich bei allen Verletzten außer dem Beamten um Teilnehmer der Kundgebung. Ob sie auch Mitglieder von der BPE sind, sei noch unklar. Nach Darstellung der BPE-Schatzmeisterin Stefanie Kizina ist die Attacke gezielt gegen Stürzenberger gerichtet gewesen, der zu den führenden Köpfen des Vereins mit Sitz in Krefeld zählt.

Aus dem LKA heißt es, zahlreiche Fragen seien noch ungeklärt und Gegenstand der Ermittlungen. "Was ist das für ein Messer? Woher stammt das? Hat er das Messer gekauft?" - über die Antworten darauf wolle man auch herausfinden, ob der Festgenommene die Tat geplant oder ob es sich um einen spontanen Angriff gehandelt habe. Die für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt in dem Fall.

"Unsere Gedanken sind bei allen, die durch den Messerangriff verletzt worden sind, meine Gedanken als Innenminister natürlich auch vor allem bei dem verletzten Polizeikollegen", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) der "Bild"-Zeitung.

Internet-Video zeigt Tatgeschehen

Schon kurz nach dem Angriff kursierte ein Video von der Tat im Internet: Darauf ist zu sehen, wie der Angreifer auf mehrere Menschen einsticht. Umstehende rufen: "Das Messer weg!" Zu sehen ist auch, wie ein Beamter auf den Angreifer schießt. Mehrere Polizisten fixieren den Mann danach auf dem Boden. Nach Angaben von Polizei, Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt wurde nur ein Schuss abgegeben.

Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen. Auch Kanzler Olaf Scholz zeigte sich erschüttert. "Die Bilder aus Mannheim sind furchtbar", schrieb er auf der Plattform X. "Meine Gedanken sind bei den Opfern. Gewalt ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie. Der Täter muss streng bestraft werden."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich entrüstet. "Ich verurteile die Tat in Mannheim aufs Schärfste!", schrieb seine Sprecherin Cerstin Gammelin in Steinmeiers Namen auf X. "In unserer Demokratie darf kein Platz für Gewalt sein - Gewalt zerstört Demokratie. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut." Vizekanzler Robert Habeck sprach von "furchtbaren Szenen der Gewalt". Die Umstände des Verbrechens müssten nun schnell aufgeklärt werden, sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur.

Grünen-Chef Omid Nouripour hat nach dem Messerangriff auf Islamkritiker in Mannheim zu einem demokratischen Schulterschluss aufgerufen. "Wir werden nicht zulassen, dass die demokratische Kultur in diesem Land von Gewalt kaputt gemacht wird, unabhängig davon, ob es von Islamisten kommt oder von Rechtsextremen", sagte der Parteichef am Rande eines kleinen Parteitags in Potsdam. "Für Gewalt in der politischen Auseinandersetzung ist kein Platz in diesem Land." Man werde jetzt den Schulterschluss aller Demokraten suchen, um diese Kultur zu verteidigen.

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) bezeichnete den Messerangriff als Terrorattacke und erklärte dazu: "Im Namen der Stadt Mannheim und der Mannheimer Stadtgesellschaft verurteile ich diese niederträchtige, brutale Terrorattacke im Rahmen einer islamkritischen Veranstaltung auf das Schärfste."

Pax Europa plant weitere Veranstaltungen

Die islamkritische Bewegung Pax Europa will auch nach der Messerattacke bei weiteren Veranstaltungen öffentlich auftreten. Am kommenden Samstag (8. Juni) sei ein Stand an der Katharinentreppe in der Dortmunder Innenstadt geplant, sagte Pax-Europa-Schatzmeisterin Kizina der Deutschen Presse-Agentur. Sie gehe davon aus, dass die Polizei "sicher die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird". Einen eigenen Sicherheitsdienst sehe Pax Europa nicht vor.

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