Macron und Steinmeier kickern, mahnen und erinnern
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Zum ersten Mal seit beinahe einem Vierteljahrhundert ist ein französischer Präsident auf Staatsbesuch in Deutschland. Seit Sonntag verweilt Emmanuel Macron in Berlin. Zunächst wurde die Freundschaft am Kickertisch vertieft, danach ein Zeichen für Demokratie gesetzt.
Zu Beginn seines zweiten Besuchstages in Deutschland hat der französische Präsident Emmanuel Macron der vom nationalsozialistischen Deutschland ermordeten Juden Europas gedacht. Zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) besuchte er am Montagmorgen in Berlin das Holocaust-Denkmal unweit des Brandenburger Tors.
Beide Präsidenten legten Kränze mit Blumen in den Farben ihrer Nationalflaggen nieder. Begleitet wurden sie von ihren Frauen, Brigitte Macron und Elke Büdenbender. Die Paare gingen ein Stück in das aus großen Betonquadern bestehende Denkmal hinein und besuchten anschließend das dazugehörige Museum.
Macron war mit seiner Frau am Sonntagnachmittag in Berlin eingetroffen. Mit einem Loblied auf die deutsch-französische Freundschaft und einer Warnung vor rechtsextremen und nationalistischen Bewegungen hatte der Staatsbesuch begonnen. Steinmeier mahnte: "Gerade Deutsche und Franzosen wissen, dass Freiheit, Frieden und Demokratie nicht vom Himmel gefallen sind, sondern errungen, ausgehandelt, verteidigt und gefestigt werden müssen."
Auch Frankreichs Präsident zeigte sich besorgt, "da nationalistische und rechtsextreme Bewegungen in unserem Land viele faszinieren". Es sei auch seine Verantwortung, "die Ideen des Rassemblement National zu demontieren", sagte er mit Blick auf die französischen Rechtspopulisten, die derzeit bei mehr als 30 Prozent in den Umfragen liegen. Wären die Nationalisten in den vergangenen Jahren an der Macht gewesen, "dann hätten wir keine Impfstoffe gehabt, (...) und hätten die Ukraine fallen gelassen, um Russland zu unterstützen", sagte er mit Blick auf die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg.
Im Großraum Paris sollen 68 neue U-Bahn-Stationen entstehen – in nur 15 Jahren. Davon kann Berlin aktuell nur träumen. Die Berliner Verkehrsbetriebe wollen sich vor Ort vom Pariser "Spirit" anstecken lassen – und stoßen an ihre Grenzen. Von Agnes Sundermeyer
Duell am KickertischGleich nach der Ankunft Macrons hatten die beiden Präsidenten auf dem Demokratiefest im Zentrum Berlins den Kontakt zu den Bürgern gesucht. Macron wurde freundlich empfangen, manche riefen "Vive la France". Er ließ sich auf zahllose Selfies mit jungen Menschen ein - und sogar auf eine kurze Kickerpartie. Als Steinmeier das erste Tor schoss, forderte Macron umgehend "Revanche!".
Es ist der erste Staatsbesuch eines französischen Präsidenten in Deutschland seit 24 Jahren. Der Staatsbesuch war im vergangenen Jahr verschoben worden, weil es damals in Frankreich Unruhen gegeben hatte, Aktueller Aufhänger ist das doppelte Jubiläum: 75 Jahre Grundgesetz und 35 Jahre Mauerfall.
Der Besuch des Holocaust-Denkmals war aber vorerst die letzte Besuchsstation in Berlin. Da Macron Wert darauf gelegt hatte, auch eine Stadt in Ostdeutschland zu besuchen, reisen die Präsidenten anschließend weiter nach Dresden. Dort will Macron eine Rede an die europäische Jugend halten. Am Dienstag wird Macron in Münster für sein europäisches Engagement mit dem Preis des Westfälischen Friedens ausgezeichnet.
Der Staatsbesuch geht dann in einen deutsch-französischen Ministerrat im Schloss Meseberg (Oberhavel) über, bei dem es unter anderem um Verteidigung und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit geben soll. Aus Paris reisen dafür weitere sechs Regierungsmitglieder an.
Sendung: rbb24 Abendschau, 27.05.2024, 19:30 Uhr