Macron löst Parlament auf: Frankreich stehen Neuwahlen bevor

13 Tage vor

Stand: 10.06.2024 03:15 Uhr

Frankreichs Präsident Macron löst nach den Verlusten seiner Allianz bei den Europawahlen das Parlament auf - und geht damit auf eine Forderung des Rassemblement National ein, der die Abstimmung klar gewonnen hatte.

Macron - Figure 1
Foto tagesschau.de

Die Wahlniederlage für Präsident Macron fiel fast exakt so aus, wie es die meisten Umfragen vor der Europawahl prognostiziert hatten: der Rassemblement National bei über 30 Prozent, die Präsidenten-Liste nur bei der Hälfte der Stimmen. Und trotzdem kam der Schritt des französischen Präsidenten überraschend.

In einer kurzfristig angesetzten Fernsehansprache wies Emmanuel Macron darauf hin, dass extrem rechte Parteien in Frankreich bei der Europawahl nun fast 40 Prozent erreicht hätten. Er spielte darauf an, dass auch die rechtsnationale Partei "Reconquête" ("Wiedereroberung"), gut fünf Prozent erzielen konnte. Ihre Spitzenkandidatin Marion Maréchal ist eine Nichte von Marine Le Pen, der Leitfigur des extrem rechten Rassemblement National, und steht noch etwas weiter rechts als ihre Tante. Zusammen mit weiteren Splitterpartien haben die extrem Rechten in Frankreich bei der Europawahl zusammen fast 40 Prozent eingefahren und zwangen Präsident Macron nun zur Auflösung der Nationalversammlung.

Es bestehe Handlungsbedarf, so Macron. "Ich, der ich immer daran geglaubt habe, dass ein geeintes, starkes und unabhängiges Europa gut ist für Frankreich, kann mich mit dem Wahlergebnis nicht abfinden," sagte der französische Präsident. Der Aufstieg der Nationalisten, der Demagogen, sei eine Gefahr für Frankreich, aber auch für Europa. Und dann kündigte er an, nach Artikel 12 der Verfassung die Nationalversammlung noch am Abend aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben.

Rassemblement National forderte Neuwahlen

Damit geht Macron auf eine zentrale Forderung des Rassemblement National ein. Der erst 28-jährige Spitzenkandidat der extrem Rechten, Jordan Bardella, hatte nur wenige Minuten nach Bekanntwerden der ersten Prognosen eben diese Auflösung der Nationalversammlung gefordert. Diese Europawahl, so Bardella vor jubelnden Anhängern, sei der "Tag Eins der Nach-Macron-Ära". Das Ergebnis des Rassemblement National sei historisch. Die Franzosen hätten damit für die Souveränität Frankreichs entschieden, für die Erhaltung der Identität des Landes und für ein Europa der Nationen. Frankreich müsse die Migrationspolitik wieder selbst in die Hand nehmen. "Jeder Quadratmeter des Landes" müsse wieder unter die Oberhoheit Frankreichs kommen.

Der Rassemblement National kommt auf fast 32 Prozent und damit nicht nur auf ein historisches Ergebnis für die eigene Partei. Es ist das zweitbeste Wahlergebnis einer Liste bei direkten Europawahlen in Frankreich überhaupt. Nur die Holocaust-Überlebende und erste Präsidentin des Europäischen Parlaments, Simone Veil, hatte 1984 mit einer Mitte-Rechts-Koalition besser abgeschnitten.

"Letzter Akt einer völlig verantwortungslosen Regierung"

Das Macron-Lager erlebte jetzt die erwartete Wahlschlappe, erhielt mit gut 15 Prozent nur halb so viel Stimmen wie der Rassemblement National und landete gerade noch auf Platz zwei. Direkt dahinter konnten sich mit 14 Prozent die wiedererstarkten Sozialisten mit Spitzenkandidat Raphael Glucksmann platzieren. Dieser warf Präsident Macron vor, ab jetzt vom Rassemblement National ferngesteuert zu werden. "Ab sofort gehorcht der Präsident der Republik Jordan Bardella". Diese Parlamentsauflösung sei "der letzte Akt einer völlig verantwortungslosen Regierung."

Auch die extreme Linke konnte deutlich zulegen auf knapp neun Prozent. Die Grünen brachen um über acht Prozent ein und kommen nur noch auf gut fünf Prozent. Die traditionellen Konservativen, die bislang bei den Europäischen Christdemokraten organisiert sind, liegen nur noch bei sieben Prozent. Macron hat im Europawahlkampf stets das direkte Duell mit dem Rassemblement National gesucht und dieses Duell nun klar verloren. Die Neuwahlen sollen bereits in drei Wochen stattfinden. Gewählt wird in zwei Runden am 30. Juni und 7. Juli.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten