Macron hält Rede vor der Frauenkirche in Dresden

27 Mai 2024
Macron
Macron in Dresden "Europa ist nicht das Ziel, sondern der Kompass"

Stand: 27.05.2024 21:18 Uhr

Der französische Präsident Macron hat in Dresden ein flammendes Plädoyer für die EU gehalten. Seine Rede war wie ein Weckruf formuliert - Europa stehe an einem "beispiellosen Moment seiner Geschichte".

Auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche in Dresden waren heute mehr als 10.000 junge Menschen zum europäischen Jugendfest "Fete de l’Europe" versammelt. Als der französische Präsident Emmanuel Macron auf die Bühne trat, brach großer Jubel aus. "Heute als erster französischer Präsident seit der Wiedervereinigung hier in Dresden vor Ihnen zu sprechen, ehrt mich ganz besonders. Es berührt mich sehr, sagte der Präsident in seiner Rede, die er in Teilen auf Deutsch hielt.

Es ist eine Ehre für mich als Franzose und Freund von Deutschland, aber auch als überzeugter Europäer.

Sorge um die Europäische Union

Macron bezeichnete die EU als ein "einzigartiges Projekt in der Welt". Das vom Krieg zerstörte und wieder aufgebaute Dresden, das er für seine Rede bewusst gewählt habe, sei "ein Zeichen der Hoffnung". Er halte seine Rede nicht aus dem Osten Europas, sondern aus dessen Mitte, betonte Macron.

Der französische Präsident rief zu Geschlossenheit auf. Er sei "fest davon überzeugt, dass wir die Zukunft unseres Kontinents bestimmen wollen und müssen." Die Europäische Union erlebe derzeit einen entscheidenden Moment. Sie könne sterben, "wenn wir die falschen Entscheidungen treffen".

"Es geht um unsere Sicherheit"

Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine stehe Europa an einem "beispiellosen Moment seiner Geschichte", der es dazu zwinge, selbst über "seine Verteidigung und seine Sicherheit" nachzudenken. "Russland bedroht heute auch unsere Sicherheit. Russland hat die Ukraine angegriffen und kann möglicherweise morgen hier sein oder übermorgen", sagte Macron.

"Was in der Ukraine auf dem Spiel steht, ist die Sicherheit Europas", warnte Macron. Auch Deutschland oder Frankreich seien nicht mehr sicher, wenn in der Ukraine das Recht des Stärkeren siegen sollte. "Es geht in der Ukraine wirklich um unseren Frieden und unsere Sicherheit."

Die Europäer müssten klarer definieren, wer die Feinde seien und wie man sich vor ihnen schützen könne. "Dabei dürfen wir nicht in die Falle tappen, nationalistisch zu werden oder nur nach Amerika zu schauen." Deshalb müsse man auch darüber sprechen, wo man Waffen einkaufe, ob in der EU oder aber etwa in den USA.

Vorschlag für gemeinsame Schulden

Macron unterstrich, die Einigung Europas werde erst mit einer gemeinsamen Verteidigung vollzogen sein. Dafür sei ein neues Sicherheitskonzept nötig: "Wir sollten entschlossen als Europäer handeln." Die EU müsse zudem unabhängiger werden. Dazu müsse auch in Wirtschaft, Forschung und Klimaschutz investiert werden.

"Wir brauchen doppelt so viele Investitionen in Europa", sagte Macron in Dresden. "Wir sollten unseren europäischen Haushalt verdoppeln", fügte er hinzu und nannte als eine Möglichkeit die in etlichen EU-Staaten allerdings umstrittene gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU. Zunächst müssten Deutschland und Frankreich hier mehr Wagemut zeigen.

Macron: Es weht ein schlechter Wind

Knapp zwei Wochen vor der Europawahl warnte Frankreichs Staatschef vor dem Erstarken rechtsnationaler Parteien in der EU. Es wehe "ein schlechter Wind" in Europa. "Diese Tendenz ist keine Tendenz, sie ist Realität in Ungarn. Das war Realität bis zu den wunderbaren Wahlen in Polen."

Macron ergänzte: "Überall in unseren Demokratien gedeihen diese Ideen, denen von den Extremen und besonders den Rechtsextremen Aufschwung gegeben wird." Eindringlich forderte der 46-Jährige: "Lasst uns aufwachen!"

Europa sei nicht nur ein Ort, an dem man sich gemeinsame Regeln gebe. "Es ist eine Säule der Werte, der Kultur, der individuellen und politischen Freiheiten." Man müsse Europa verteidigen und auf die Sorgen und auf die Gründe für die Wut mit einem Europa des Respekts antworten. Dass was, was die Europäer verbinde, seien die gemeinsamen Werte. "Europa ist nicht das Ziel, sondern der Kompass."

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