Frankreich: Macron löst Nationalversammlung auf und kündigt ...

9 Jun 2024

Niederlage bei Europawahl Macron löst Frankreichs Parlament auf und kündigt Neuwahlen an

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Foto STERN.de

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron

© Stephane Lemouton / Bestimage / Action Press

Frankreichs Präsident Macron lässt eine Bombe platzen: Nach der Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen löst er das Parlament auf und verkündet Neuwahlen.

Nach der Niederlage seines Mitte-Lagers bei der Europawahl will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die französische Nationalversammlung auflösen. Macron kündigte am Sonntagabend in Paris Neuwahlen in wenigen Wochen an. Er habe beschlossen, den Franzosen erneut "die Entscheidung über unsere parlamentarische Zukunft durch die Wahl zu überlassen", sagte Macron. Die Parlamentswahl solle am 30. Juni und 7. Juli stattfinden, kündigte er an.

"Ich kann also am Ende dieses Tages nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre", sagte Macron. Zugleich warnte er davor, dass der Aufstieg von Nationalisten eine Gefahr für Frankreich und Europa sei. "Ich habe Ihre Botschaft und Ihre Bedenken gehört und werde sie nicht unbeantwortet lassen", sagte er an die Wähler gerichtet. Le Pen begrüßte Macrons Ankündigung. Man sei bereit, die Macht in Frankreich zu übernehmen, falls RN das Vertrauen der Wähler gewinne.

Macron: Kann nicht so tun, als sei nichts passiert

"Diese Entscheidung ist ernst und schwer, aber sie ist vor allem ein Akt des Vertrauens", betonte Macron. Die rechtsnationale Partei Rassemblement National um Marine Le Pen hat die Europawahl in Frankreich Hochrechnungen zufolge klar gewonnen. Die europaskeptische Partei kam demnach auf 31,5 bis 32,3 Prozent der Stimmen, Macrons proeuropäisches Lager auf nur etwa 15,2 bis 15,4 Prozent. Die Sozialisten landeten den Hochrechnungen zufolge mit 14 bis 14,2 Prozent knapp hinter Macrons Mitte-Block auf Platz drei. Die rechtsextreme Partei Reconquête kam auf 5,3 bis 5,5 Prozent.

Frankreichs Mitte-Lager war bereits geschwächt. Seit knapp zwei Jahren hat es in der Nationalversammlung keine absolute Mehrheit mehr. Das Regieren gestaltete sich seitdem mühselig. Für Macron ist der Misserfolg bei der Europawahl eine herbe Niederlage. Der Blick richtet sich in Frankreich zudem auf die Präsidentschaftswahl 2027. 

Macron, der sich zweifach in der Stichwahl gegen die rechte Galionsfigur Le Pen durchsetzte, wird nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren können. Noch ist unklar, wen die Mitte-Kräfte ins Rennen schicken werden und wer eine Chance gegen Le Pen hätte. Die Tochter des rechtsextremen Parteigründers Jean-Marie Le Pen hat es in den vergangenen Jahren erfolgreich geschafft, ein deutlich gemäßigteres Bild abzugeben und ihr RN bis weit in die bürgerliche Rechte hinein wählbar zu machen.

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stern-Korrespondentin: "Bisher lebt der RN von Stimmungsmache"

Die stern-Frankreich-Korrespondentin Andrea Ritter ordnet die Wahlergebnisse und die vorgezogenen Neuwahlen bei unseren Nachbarn so ein: 

"Es zeigt sich, dass die Wahlkampfstrategie des RN aufgegangen ist. Von Beginn an hatten Jordan Bardella und sein Team die Europawahl zu einer nationalen Angelegenheit erklärt: Abgestimmt werde über die Politik Emmanuel Macrons, das Votum sei ein Referendum über den Präsidenten. Inhaltliche Aussagen zu Europa blieben vage, im Zentrum der Kampagne stand die Opposition gegen die Regierung. Und so scheint es auch weiterzugehen: Unmittelbar nach dem Verkünden der Ergebnisse forderte Jordan Bardella Neuwahlen für das französische Parlament.

Kurz nach 21 Uhr dann der Paukenschlag: Emmanuel Macron trat im Élysée Palast vor die Kameras und kündigte an, genau das zu tun. Das Parlament wird aufgelöst, die Neuwahlen zur Assemblée Nationale sollen voraussichtlich Ende Juni stattfinden.

Frankreichs Präsident reagiert damit auf das schlechte Abschneiden seiner Partei. Vor allem reagiert er jedoch auf den Erfolg des RN. Der Aufstieg der Nationalisten sei eine Gefahr für Frankreich und für Europa, so Macron, aber er habe Vertrauen in die Demokratie. Bisher lebt der RN von Stimmungsmache. Für die Französinnen und Franzosen wird es nun darum gehen, zu entscheiden, wie viel politische Verantwortung sie den Rechtspopulisten wirklich zugestehen wollen."

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert.

rw AFP DPA

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