"Loriots heile Welt" im Altonaer Theater: Mehr Lametta, bitte!
Stand: 24.12.2024 10:01 Uhr
Deutscher Humor - da denken viele als erstes an Loriot. Das Altonaer Theater zeigt mit dem Programm "Loriots heile Welt" Sketche und Texte als abendfüllendes Bühnen-Stück für die Feiertage.
von Daniel Kaiser
"Früher war mehr Lametta!" Der Satz ist Kult und darf natürlich beim Feiertagsprogramm nicht fehlen. Dirk Hoener als krawalliger Opa Hoppenstedt ist wunderbar auf Betriebstemperatur. Als das spießige Familienweihnachtsfest bei der Loriot-Familie Hoppenstedt eskaliert, weil der Bausatz für ein Atomkraftwerk unterm Tannenbaum explodiert, qualmt es, und der Bühnenboden tut sich auf.
Zum Fest hat das Altonaer Theater wieder einen Loriot-Abend zusammengestellt - wegen des großen Erfolgs beim ersten Mal. Auch diesmal sind unvergessliche Klassiker dabei, wie der, bei dem hinter harmlosem Frühstücks-Small Talk ein Abgrund lauert: "Berta, das Ei ist hart!"
"Loriots heile Welt" ohne rechten Loriot-Flow
Regisseur Hans Schernthaner hat die Sketche locker miteinander verbunden. Sehr locker. Die Übergänge sind manchmal etwas planlos und holterdiepolter. Es will gerade in der ersten Hälfte des Abends kein richtiger Loriot-Flow entstehen. Die Gaststätte als Kulisse wirkt auch eher beliebig. Manche Dialoge bleiben in der Luft hängen. Die Folge: Der Abend ist gar nicht so lang und hat doch einige Längen.
Es ist natürlich ein Wagnis, diese Sketche zu spielen, wenn man dabei sofort an die Originale von damals mit Vicco von Bülow und Evelyn Hamann denken muss. "Die machen das gut, aber das Original ist einfach das Original", fasst eine Zuschauerin den Abend zusammen.
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Die Schauspieler imitieren Loriot und Hamann dabei nicht, sondern sie schaffen eigene Versionen. Frank Roder kämpft zum Richard-Wagner-Soundtrack mit seinem Regenschirm - ein sehr feiner, poetischer Moment, der sogar zweimal im Laufe des Abends kommt, aber in beiden Fällen leider ohne Anschluss bleibt - und verkörpert wunderbar den Mann-mit-Hut-Spießer. Marion Gretchen Schmitz bringt die englische "th"-Apokalypse der überforderten Fernsehansagerin auf eine ganz neue lautmalerische Ebene. Und auch Herbert Schöberl als Lottogewinner im entglittenen Fernsehinterview findet einen eigenen witzigen Ton.
Besonders gelungen sind die Szenen, in denen alle fünf Schauspieler mit Tempo interagieren, wenn etwa Hannelore Droege als Frau Hoppenstedt gleich drei Vertreter am Hals hat. Die Texte sind nach wie vor brillant, skurril und zeitlos schön. Loriot ist im feinen Hinschauen auf Spießertum und Überforderung vom Alltag deutsche Humor-DNA. Das ist auch im Altonaer Theater zu spüren. Es ist ein Abend mit viel Loriot, aber ein bisschen mehr Lametta hätte es schon sein dürfen.
Das Altonaer Theater zeigt mit dem Programm "Loriots heile Welt" Sketche und Texte als abendfüllendes Bühnen-Stück für die Feiertage.
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NDR Kultur | Kulturjournal | 23.12.2024 | 19:00 UhrSchlagwörter zu diesem Artikel Theater