Loriot, Wum, Wendelin und das Wunder des deutschen Humors

11 Nov 2023
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Stand: 11.11.2023, 16:10 Uhr

Von: Marc Hairapetian

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Vicco von Bülow alias Loriot.

Vicco von Bülow alias Loriot. © Imago

Vom Werbegrafiker zum besten Komiker hierzulande: Vicco von Bülow alias Loriot ist nach wie vor unvergessen.

Frankfurt – „Wer glaubt, Humor bestehe darin, sich über andere lustig zu machen, hat Humor nicht verstanden. Um urkomisch zu sein, muss man sich vor allem selbst zur Disposition stellen“, lautete das Credo von Loriot. Für den als Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow (12. November 1923 in Brandenburg an der Havel bis 22. August 2011 in Ammerland) geborenen Karikaturist, Schauspieler, Moderator, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner in Personalunion war zudem Bescheidenheit eine Zier. 

Loriot war 1940 Statist im Künstler-Porträt „Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies“

An einem lauen Sommerabend des Jahres 2004 hatten Otto Schenk und Helmuth Lohner, das Wiener Dream-Team aus „Lacherfolge“, zu einem von der österreichischen Botschaft organisierten Essen im Ristorante „Don Giovanni“ an der Deutschen Oper Berlin geladen. „Adabei“ Ehrengast Loriot, der als Tischnachbar dem Verfasser dieser Zeilen nicht von seinen eigenen Lacherfolgen aus Film und Fernsehen erzählte, sondern von seinen Erlebnissen als Statist bei Herbert Maischs bis heute kontrovers diskutierten Künstler-Porträt „Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies“ (1940).

Für den schauerlichen deutschen Beitrag zur Weltgeschichte werde ich mich schämen bis an mein Lebensende.

Für ihn stand ohne Zweifel fest, dass Horst Caspar, der den Schiller als rebellischen Hitzkopf zeichnete, „damit die von den Nazis gewünschten Parallelen zum selbsternannten Führer in geradezu subversivster Form unterlaufen hat“. Seine entsprechend der Familientradition eingeschlagene Offizierslaufbahn im Zweiten Weltkrieg, bei der ihm als an der Ostfront eingesetztem Oberleutnant der 3. Panzerdivision das Eiserne Kreuz zweiter und erster Klasse verliehen wurde, sah er selbstkritisch: „Für den schauerlichen deutschen Beitrag zur Weltgeschichte werde ich mich schämen bis an mein Lebensende.“

Loriot: Humorist, Schauspieler und Karikaturist

Als Werbegrafiker entwarf Vicco von Bülow dann nach Kriegsende das legendäre Knollennasenmännchen. Von 1950 an war er als Cartoonist zunächst für die Zeitschrift Stern mit seiner ersten Serie „Auf den Hund gekommen“ tätig. Seit dieser Zeit verwendete er den Künstlernamen Loriot, der dem französischen Wort für den Singvogel Pirol entlehnt ist, welcher wiederum das Wappentier des Geschlechts der von Bülow darstellt.

Nach Auftritten als Schauspieler in Filmen von Bernhard Wicki („Die Brücke“, „Das Wunder des Malachias“, „Der längste Tag“) schuf Loriot 1971 mit dem Zeichentrick-Hund Wum ein Maskottchen für die „Aktion Sorgenkind“ in der ZDF-Quizshow „Drei mal Neun“, dem er selbst auch die Stimme lieh. Wum (und Loriot) belegten zum Jahreswechsel 1972/73 mit dem Titel „Ich wünsch’ mir ’ne kleine Miezekatze“ sogar für neun Wochen die Spitze der deutschen Hitparade. Der Vierbeiner bekam später bei „Der große Preis“ (1974 – 1992) mit dem Elefanten Wendelin und dem Außerirdischen „Blauen Klaus“ liebenswert-skurrile Freunde zur Seite gestellt.

Von 1976 bis 1978 entstand die sechsteilige Fernsehserie „Loriot“ bei Radio Bremen, in der Zeichentrickfilme und gespielte Sketche präsentiert wurden. 1988 und 1991 drehte der feingeistige Mops-Liebhaber als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller die von Horst Wendlandt produzierten, kommerziell äußerst erfolgreichen Kinofilme „Ödipussi“ und „Pappa ante portas“, die bei all ihrer Situationskomik und dem erneuten Einsatz seiner Muse Evelyn Hamann nicht die Qualität seiner Fernsehsendungen hatten. 

Loriot starb 2011: „Lieber Gott, viel Spaß!“

Einige Erfindungen und Formulierungen Loriots wurden im deutschen Sprachraum Allgemeingut. Dazu gehören die „Steinlaus“, der „Kosakenzipfel“ und Sätze wie „Früher war mehr Lametta!“ oder „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann“. Anlässlich seines 85. Geburtstages fand von November 2008 bis März 2009 im Filmmuseum Berlin die bislang größte Ausstellung zum Werk des Gentlemans des deutschen Humors statt. Drei Jahre später starb das Multitalent, das auch Opern inszenierte, im Kreis seiner Familie. Der Art Directors Club trauerte um sein Ehrenmitglied in einer Zeitungsanzeige mit den Worten: „Lieber Gott, viel Spaß!“ (Marc Hairapetian)

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