Agrarproteste: Lindner beharrt auf Agrardieselkürzung

16 Jan 2024
Lindner

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat sich klar dagegen ausgesprochen, das von der Regierung beschlossene Aus für die steuerliche Subvention von Agrardiesel zurückzunehmen. Er sehe dafür keinen Spielraum, sagte er im ZDF.

Lindner hatte in seiner von Pfiffen und Lärm begleiteten Rede vor den in Berlin demonstrierenden Landwirtinnen und Landwirten bereits gesagt, dass er keine neue Staatshilfe aus dem Bundeshaushalt versprechen könne. Er wertschätzte in seiner Rede jedoch die Arbeit der Agrarschaffenden und deutete an, man könne Auflagen für die Arbeit der Betriebe streichen und müsse Bürokratie abbauen. In finanzieller Hinsicht sei denkbar, schwankende Gewinne von Betrieben besser bei der Einkommenssteuer zu berücksichtigen.

Linder sieht nun den Bundestag als Haushaltsgesetzgeber am Zug. Am Donnerstag sollen im Haushaltsausschuss die letzten Details für den heftig umstrittenen Etatentwurf für 2024 festgelegt werden. Vorgesehen ist dabei, dass die Steuervergünstigungen beim Agrardiesel schrittweise bis 2026 wegfallen. Die zudem ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft hat die Ampel bereits wieder zurückgenommen. Vertreter des Bauernverbandes fordern, die Pläne komplett zurückzunehmen, sonst würden die seit Wochen laufenden Proteste weitergehen. Auch in den Koalitionsfraktionen ist der auf Spitzenebene erzielte Sparkonsens nicht unumstritten. Um den Agrarsektor besser zu finanzieren, will Landwirtschaftsminister Cem Özdemir eine Tierwohlabgabe einführen, die die Konsumenten zahlen sollen und die den Höfen zugutekommen soll.

Lindner präsentierte sich in seiner Rede auch persönlich als vom Land kommend. Direkt an einen auf der Kundgebungsbühne stehenden Kritiker gerichtet, sagte er, dass er als Minister selbst spare, indem er auf einen Erweiterungsbau des Finanzministeriums verzichte. Die Sparmaßnahmen träfen auch andere Branchen wie die Gastronomie oder den Luftverkehr – der künftig Kerosinsteuer zahlen muss, in der Gastronomie steigt die Mehrwertsteuer wieder auf den Wert vor der Pandemie. Auch die Leistungen für Asylbewerber würden gekürzt, sagte Lindner. 

Zum Rücktritt aufgefordert

Lindner hatte auch gesagt, dass beim Bürgergeld eine Milliarde eingespart und die Bedingungen verschärft würden. Es ärgere ihn, dass er über Kürzungen für den Agrarsektor sprechen müsse, "während auf der anderen Seite Menschen Geld bekommen fürs Nichtstun". Sozialkürzungen fielen schwer, seien aber notwendig. "Wir dürfen nicht länger tolerieren, wenn Menschen sich weigern zu arbeiten", sagte er. Das sei keine Frage des Geldes, sondern der Gerechtigkeit. "Und wir beantworten sie."

Linkenchefin Janine Wissler fordert als Reaktion darauf Lindner zum Rücktritt auf. "Ein Bundesminister, der sich vor protestierende Landwirte stellt und keinen einzigen Vorschlag zu deren Anliegen macht, aber stattdessen gegen Erwerbslose und Geflüchtete hetzt, der wird nicht nur zurecht ausgebuht", sagte sie dem Spiegel. "Der ist als Minister untragbar." Statt sich mit den Forderungen und der Kritik an der verfehlten Agrarpolitik der Ampel auseinanderzusetzen, führe Lindner eine Ablenkungsdebatte. Lindner versuche, Menschen gegeneinander auszuspielen und aufzuhetzen.

"Das ist politisch verantwortungslos und menschlich ekelhaft", sagte Wissler. "Wer in dieser Situation die gesellschaftliche Spaltung und Entsolidarisierung vorantreibt, um vom Versagen der Ampel abzulenken, hat den Kompass vollständig verloren." Die Rede bei den Protesten der Bauern sei ein weiterer Tiefpunkt.

Die Koalitionsfraktionsspitzen hatten sich an dem Protesttag in Berlin mit der Bauernverbandsführung getroffen und Entlastungen in Aussicht gestellt. Die Landwirte sprechen im Anschluss von einer ergebnislosen Diskussion. Man werde aber zunächst nicht zu neuem Protest aufrufen, hieß es im Anschluss.  

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