Formel 1: Warum die Saison 2025 spannend und langweilig ...

17 Tage vor

Siegerehrung beim Großen Preis von Abu Dhabi (am Sonntag): McLaren und Ferrari haben Blut geleckt

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Altaf Qadri / AP / dpa

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Auf die Frage, worauf er sich in der Pause am meisten freue, sagte Max Verstappen knapp: »Nicht mehr dieses Auto zu fahren.«

Sportlich ging es für den Niederländer beim Saisonfinale der Formel 1 in Abu Dhabi um nichts mehr. Schon in Las Vegas hatte er sich zum viermaligen Champion gekrönt. Und bei der für die Teams im Hinblick auf Prestige und Preisgeld so wichtigen Konstrukteurs-WM konnte Red Bull gar nicht mehr mitspielen. Diese machten Ferrari und McLaren am Sonntag unter sich aus – mit besserem Ausgang für die Briten.

Einerseits lag das an Verstappens Teamkollegen Sergio Pérez. Der Vizeweltmeister aus dem Vorjahr wurde nur WM-Achter und steuerte zu wenige Punkte bei. Andererseits hatte besonders McLaren mit seinem Auto zur Saisonmitte einen unerwarteten Sprung gemacht, der Red Bull war damit nicht mehr der beste Rennwagen im Feld.

Es ist eine Entwicklung, durch die die Saison 2025 zu einer der spannendsten seit Jahren werden könnte, in der mehrere Teams um die WM-Titel kämpfen. Ein Ausblick.

Max Verstappen: Kann sein Auto nicht mehr sehen

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Verstappen wird wieder Weltmeister

Dass mit Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes vier Teams um Rennsiege mitfahren, liegt auch daran, dass die Regeln konstant geblieben sind. Erst 2026 kommt ein neues Reglement. »Das führt dann automatisch dazu, dass die Leistungsdichte zunimmt«, sagte Christian Horner. Was gut für den Sport ist, lässt Red Bulls Teamchef daran zweifeln, dass man im nächsten Jahr an die vergangene Dominanz anknüpfen kann. Realistisch betrachtet werde es noch enger zugehen, sagte Horner .

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Vor allem der Trend spricht für McLaren, im Frühjahr 2024 hatte der Rennstall noch kein Siegerauto. Im Saisonendspurt war allerdings Ferrari das konstanteste Team, nur deshalb wurde es überhaupt noch mal spannend. Mercedes dürfte nur Außenseiterchancen um die WM-Krone haben, die Leistung des Autos hinkt der Konkurrenz noch immer hinterher.

Die größte Trumpfkarte für den Titelkampf 2025 hat aber weiterhin Red Bull: Max Verstappen ist der stärkste Fahrer im Feld. Er benötigt nicht das beste Auto, um zu gewinnen. Und Red Bull hat bereits angekündigt, den Rennwagen für die kommende Saison verbessern zu wollen – anders, als es eigentlich angedacht war. Man müsse einen Teil der Ressourcen, die eigentlich für die Entwicklung des 2026er-Autos gedacht waren, nun für 2025 aufwenden, sagte Red Bulls Technikchef Pierre Waché.

Dazu kommt: Sowohl bei McLaren als auch bei Ferrari könnten sich die Teamkollegen die Punkte gegenseitig wegschnappen. Bei McLaren haben sowohl Lando Norris als auch Oscar Piastri Titelambitionen. Bei Ferrari war Charles Leclerc bisher die Nummer eins im Team, doch 2025 kommt Lewis Hamilton.

Lewis Hamilton (l.) nimmt Abschied von Mercedes

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Hamilton wird sich bei Ferrari schwertun

Die Frage, ob Lewis Hamilton nach seinem spektakulären Wechsel nach Maranello noch einmal um den achten Titel fahren kann, ist derzeit eine der meist diskutierten in der Formel 1. Der bald 40-jährige Brite hat frustrierende Jahre bei Mercedes hinter sich. Mit dem Erstarken von Verstappen und Red Bull und vor allem mit der Regel-Revolution von 2022 endete die Dominanz der Silberpfeile – und die des Rekordchampions.

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Zwar blitzte das fahrerische Können Hamiltons auch in dieser Saison auf, etwa bei seinem Heimsieg in Silverstone. Auch beim Finale am Sonntag gelang ihm eine Aufholjagd von Platz 16 bis auf den vierten Rang. Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass Hamilton mit den aktuellen »Ground Effect«-Autos hadert, wie er auch selbst einräumte. 

Mit dieser Generation von Autos wird er auch 2025 bei Ferrari fahren müssen. Allerdings könnte der Neuanfang in Italien beflügeln, Hamilton wirkte in den vergangenen Monaten bei Mercedes vermehrt lustlos. Die WM beendete er als Siebter, hinter seinem jüngeren Teamkollegen George Russell. Hamilton selbst ist sich jedenfalls sicher, dass er es »noch drauf habe«.  Er wird es, im teaminternen Zweikampf mit Leclerc, beweisen müssen. Für die Nummer eins wird es nicht reichen, zumindest 2025 noch nicht.

Hamilton und Mercedes, keine Kombination aus Fahrer und Team war in der Formel 1 erfolgreicher: Lesen Sie in Grafiken, wie der Ausnahmefahrer in seinem Sport aufstieg

Kimi Antonelli (l.) im Gespräch mit Oliver Bearman: Bald fahren sie zusammen in der Formel 1

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Der Nachwuchs kommt

Viele Teams schienen in den vergangenen Jahren gewisse Risiken bei der Fahrerwahl zu scheuen. 2024 startete das Formel-1-Feld gar zum ersten Mal mit derselben Fahreraufstellung wie im Vorjahr. Piloten wie Valtteri Bottas oder Daniel Ricciardo fuhren jahrelang im Mittelfeld, ohne große Akzente zu setzen. Womöglich auch eine Folge des Budget-Caps: Bei jungen Fahrern ist das Unfallrisiko höher, die Crashs kosten die Teams viel Geld, das für die Weiterentwicklung der Autos benötigt wird.

Lewis Hamilton - Figure 4
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Der Kontrast zu 2025 könnte kaum größer sein. Mit Kimi Antonelli  (Mercedes), Oliver Bearman (Haas), Jack Doohan (Alpine) und Gabriel Bortoleto (Sauber) erhalten mindestens vier Nachwuchsfahrer ein Stammcockpit. Auch Liam Lawson, der im September bei den Racing Bulls für den 35-jährigen Daniel Ricciardo übernahm, hat Chancen auf einen Platz.

Offiziell bestätigt ist der Neuseeländer beim Red-Bull-Juniorteam aber nicht. Das hängt auch damit zusammen, dass noch unklar ist, wer im kommenden Jahr an der Seite von Verstappen fahren wird. Pérez hat zwar noch einen Vertrag bis 2026, doch bei Red Bull zeigte man sich zuletzt unzufrieden mit der Leistung des Mexikaners.

Dass Mercedes den erst 18-jährigen Antonelli aus dem eigenen Nachwuchs gleich als Hamilton-Nachfolger ins Auto setzt, war zwar auch der überraschenden Wechsel-Ankündigung des Briten geschuldet. Doch die Auftritte von Bearman und Lawson, die unter der Saison für verletzte Piloten einsprangen und mit den Autos gleich zurechtkamen, schienen den Teams wieder Vertrauen in den Nachwuchs zu geben. Lawson hatte Ricciardo 2023 bereits vertreten. Bearman fuhr bei seinem Debüt in Dschidda mit dem Ferrari gleich in die Punkte. Er sprang für Carlos Sainz ein, der sich wegen eines entzündeten Blinddarms operieren lassen musste.

Nico Hülkenberg fährt bald für Sauber

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Hülkenberg wird Haas vermissen

Nico Hülkenbergs Formel-1-Karriere schien vor wenigen Jahren bereits beendet, ab 2020 war er ohne Stammcockpit. 2023 allerdings holte Haas ihn zurück – und für den Deutschen begann beim kleinen US-Team »die schönste Zeit«, er habe das »mehr genossen« als seine Anfangsjahre in der Formel 1, sagte er bei Sky.

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Besonders die Saison 2024 habe Spaß gemacht, sie sei »intensiv« gewesen. »Es ging um mehr als im letzten Jahr, da sind wir nur um die goldene Ananas gefahren«, sagte Hülkenberg. Dieses Mal waren Platz sechs in der Team-WM und damit viele Millionen an Mehreinnahmen greifbar. Das lag an Hülkenbergs guten Ergebnissen – und dem Wandel bei Haas, den der neue Teamchef Ayao Komatsu eingeleitet hatte. Der japanische Ingenieur war seit 2016 bei dem Rennstall, im Januar übernahm er die Rolle von Günther Steiner.

Doch Hülkenberg wird weiterziehen, 2025 fährt er für Sauber, das ab 2026 zum Audi-Rennstall wird. Hülkenberg wird sich damit zunächst wieder in Richtung Tabellenende orientieren müssen. Sauber beendete die Saison mit nur vier Punkten auf dem letzten Platz. Allzu große Emotionen ließ Hülkenberg bei seinem Abschied vom alten Arbeitgeber dennoch nicht zu: »Ich bin da recht stabil gebaut, was das angeht«, sagte er. Natürlich sei er traurig und werde »die Jungs vermissen«. Aber er sage »einfach ein riesiges Dankeschön«.

Noch zweimal können die Verstappen-Fans ihrem Star beim Dünen-Rennen in Zandvoort zujubeln

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Charles Coates / imago images/Motorsport Images

Europa wird für die Formel 1 immer unwichtiger

Anfang Dezember wurde klar: Das Heimspiel von Weltmeister Verstappen in den Dünen der Niederlande verschwindet nach 2026 aus dem Rennkalender. Wie die Formel 1 mitteilte, habe man sich mit dem lokalen Veranstalter in Zandvoort nur noch auf eine Verlängerung des ursprünglich 2025 endenden Vertrags um ein weiteres Jahr geeinigt. Nur wenige Tage später wurde China als Austragungsort bis 2030 bestätigt.

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Es gilt als wahrscheinlich, dass die Motorsport-Königsklasse künftig noch seltener in Europa Station machen könnte. Deutschland und Frankreich sind schon nicht mehr vertreten, auch die traditionsreiche Strecke in Spa (Belgien) steht unter Druck. Stattdessen kamen neue Rennen hinzu, etwa in Katar, Saudi-Arabien, den USA oder Aserbaidschan. Neben Plänen für weitere WM-Läufe in Asien ist auch ein Grand Prix in Afrika im Gespräch.

In Deutschland scheitert es an der Finanzierung. Die von der Formel 1 aufgerufene Antrittsgebühr im mittleren zweistelligen Millionenbereich ist durch Ticketverkäufe allein nicht zu stemmen.

Die Fahrer kritisieren das: »Der ganze Sport bewegt sich hin zu immer mehr Rennen außerhalb Europas – aus politischen und finanziellen Gründen«, wird Ferrari-Pilot Carlos Sainz bei »Auto Motor Sport«  zitiert. Doch in Europa habe der Sport seine Wurzeln. Und Lewis Hamilton befürchtet, dass die Formel 1 mit dem Aus der Europa-Rennen ihre Zuschauer verlieren und vor leeren Tribünen fahren könnte. »Unser Geschäft läuft gerade richtig gut. Da sollten wir sicherstellen, dass wir an den Traditionsrennen festhalten«, wird er zitiert.

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