Er kann's doch noch: Lewis Hamilton feiert historischen Sieg in ...
(Motorsport-Total.com) - Was für ein Finish beim britischen Grand Prix 2024 in Silverstone - und was für ein Sieger: Lewis Hamilton, der seit Saudi-Arabien 2021 nicht mehr gewonnen hatte, triumphierte vor Heimpublikum vor Max Verstappen (Red Bull) und Lando Norris (McLaren). Und feierte damit den historischen neunten Sieg in Silverstone, neuer Rekord, frenetisch gefeiert von zehntausenden Fans.
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Lewis Hamilton hat das Gewinnen nicht verlernt: Triumph beim Heimrennen in Silverstone! Zoom
"Danke, Jungs. Das bedeutet mir viel", funkte Hamilton in der Auslaufrunde, von den Emotionen überwältigt und mit tränenerstickter Stimme. Und Teamchef Toto Wolff gratulierte: "Lewis, was für ein fantastischer Abschluss unserer gemeinsamen Geschichte in Silverstone!"
Hamilton lief kurz zu den Fans, umarmte dann seinen Vater und seine Mutter. "Ich habe dich noch nie so emotional gesehen", meinte Interviewer Jenson Button beim ersten TV-Statement. Hamilton wischte sich eine Träne aus dem Auge und verwendete in seiner Siegeransprache Worte wie "forever grateful".
"Ich kann gar nicht aufhören zu weinen. Seit 2021 bin ich jeden Tag neu aufgestanden, um zu kämpfen, zu trainieren, mich geistig auf diese Aufgabe einzustellen - und dieses letzte Rennen hier mit Mercedes zu gewinnen. Ich wollte das unbedingt schaffen, weil ich das Team so sehr liebe."
"Es hat seit 2021 Tage gegeben, da habe ich mich gefragt, ob ich noch gut genug bin - und ob ich es nochmal hierher schaffen würde. Ich liebe euch!", rief er der jubelnden Menge zu, während Wolff ein paar Meter weiter anerkennend applaudierte. Szenen für die Ewigkeit.
Verstappen war im letzten Stint auf trockener Fahrbahn zwar der schnellste Fahrer, doch der Red-Bull-Pilot hatte beim zwischenzeitlichen Regen zu viel verloren und konnte diesen Rückstand nicht mehr ganz aufholen. Am Ende fehlten ihm 1,5 Sekunden auf Hamilton.
Norris, der lange Zeit in Führung lag, verlor den möglichen Sieg durch einen schlecht getimten letzten Boxenstopp, und kam vor seinem Teamkollegen Oscar Piastri als Dritter ins Ziel. Er war in der Schlussphase chancenlos und hatte auf der Ziellinie 7,5 Sekunden Rückstand.
Carlos Sainz (Ferrari/+47,3) wurde Fünfter, Nico Hülkenberg (Haas/+55,7) Sechster, vor Lance Stroll (+56,6), Fernando Alonso (beide Aston Martin/+63,6), Alexander Albon (Williams/+68,4) und Yuki Tsunoda (Racing Bulls/+79,3).
Polesetter George Russell (Mercedes), der den Grand Prix zu Beginn angeführt hatte, schied mit einem technischen Defekt an vierter Stelle liegend aus.
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Wer waren Sieger und Verlierer des Starts?Gleich am Start machte Verstappen klar, dass er sich vorgenommen hatte, den "Betriebsunfall" vom Samstag zu korrigieren. Zwar kam auf den ersten Metern der hinter ihm von P5 gestartete Piastri sogar um einen Tick besser weg. Aber in den ersten Kurven fuhr Verstappen dann außen die mutigere Linie - und zog in der ersten Runde an Norris vorbei.
An der Spitze behauptete Russell seine Poleposition relativ sicher vor Hamilton. Und zumindest stand der Mercedes-Express in den ersten Runden nicht unmittelbar unter Druck von Verstappen. Übrigens auf gleichen Reifen: Bis auf Sergio Perez (Red Bull), der aus der Boxengasse kam (Hard), fuhren alle Favoriten mit den gelben Mediums los.
Etwas weiter hinten fiel Hülkenberg um drei Positionen zurück. Zudem notierte die Rennleitung einen Zwischenfall, wegen "Verlassens der Strecke und Gewinnen eines Vorteils". Der Haas-Pilot musste gleich auf den ersten Metern gegen Sainz klein beigeben, duellierte sich dann mit Stroll - und fuhr dabei neben die Strecke. Urteil der Rennkommissare: "no further action".
Strafen und Ausfälle: Was war vor dem Start los?Dafür gab's schon vor dem Start die ersten Strafen. Verstappen wurde bei den sogenannten "Reconnaissance-Laps", also den Runden vor dem Grid, in der Boxenstraße gleich dreimal mit mehr als 80 km/h "geblitzt". Das kostet in Summe 300 Euro. Albon passierte das gleiche Missgeschick zweimal (200 Euro).
Und: Pierre Gasly (Alpine) musste aufgeben, bevor der Arbeitstag richtig begonnen hatte. Nach seiner Gridstrafe wegen Komponententausch wurde kurz vor dem Start ein Getriebedefekt festgestellt, weshalb sein Team entschied, ihn gar nicht erst ins Rennen zu schicken.
Wie stark war Mercedes in der Anfangsphase?Die Theorie, dass Mercedes eher glücklich in die erste Startreihe gefahren war, war schnell widerlegt. Nach sieben Runden hatte Russell 1,6 Sekunden Vorsprung auf Hamilton, 3,6 auf Verstappen, 4,6 auf Norris und 5,6 auf Piastri.
Und es lag ein möglicher Regenschauer in der Luft: "Wir rechnen in sieben Runden mit Regen, für ungefähr zehn Minuten", funkte Ferrari an den an achter Stelle liegenden Leclerc. Die Red-Bull-Prognose war noch präziser: fünf Minuten Regenschauer, dann zehn Minuten kein Regen - und danach ein weiterer, längerer Regenschauer.
In Runde 15 fing Norris an, den Druck auf Verstappen zu erhöhen, im Kampf um Platz 3. Verstappen lag 4,8 Sekunden hinter Russell, der just in dem Moment meldete: "Es fängt jetzt stärker zu regnen an." Die Rundenzeiten wurden in jener Phase aber noch nicht signifikant langsamer.
Noch in Runde 15 dann der Platztausch: Norris saugte sich vor Stowe an den Red Bull heran und ging ohne große Gegenwehr vorbei. Gleichzeitig drehte er in 1:30.946 Minuten die zu dem Zeitpunkt schnellste Runde im Rennen.
Verstappen hatte jetzt offensichtlich zu kämpfen. In Runde 17 wurde er, erneut bei Stowe, von Piastri geschnupft. Auf Norris hatte er schon 3,2 Sekunden Rückstand.
Eine Runde später gab's dann einen Führungswechsel: Hamilton, der bei Nieselregen offensichtlich etwas schneller war, überholte Russell. Ein paar Kurven weiter rutschten beide Mercedes neben die Strecke, was Norris für sich nutzen konnte. Er ging an Russell vorbei - und war jetzt Zweiter im Grand Prix.
Wann begann es richtig zu regnen?In der 19. Runde deaktivierte Rennleiter Niels Wittich DRS. "Low-Grip-Conditions" stand jetzt auf dem FIA-Zeitenmonitor. Bedingungen, wie Hamilton sie liebt. Aber der schnellste Mann im Feld war Norris: Zu Beginn der 20. Runde übernahm er - ohne große Gegenwehr seines Landsmannes - die Führung.
Weiter hinten drehte auch Piastri auf und schnappte sich Russell. McLaren diktierte das Tempo. Die Top 4 lagen innerhalb von drei Sekunden, Verstappen hatte schon sechs Sekunden Rückstand aufgerissen. Und das britische Publikum jubelte angesichts des spannenden Rennverlaufs.
In der 20. Runde war aus der Mercedes- eine McLaren-Doppelführung geworden. Charles Leclerc und Perez waren die ersten "big Names", die auf Intermediates umsteckten. Mercedes schlug das auch Hamilton vor, aber der lehnte ab: "Nein, es ist fast überall trocken."
Zurecht, denn Perez gab nach den ersten paar Runden auf Intermediates Feedback: "Es ist zu trocken, Mann, zu trocken." Er und Leclerc fuhren Zeiten jenseits von 1:45 Minuten - also um 15 Sekunden langsamer als die Führenden auf Slicks. Beide spielten im Rennen keine Rolle mehr.
In der TV-Übertragung wurde jetzt eingeblendet: nächster Regen in fünf Minuten. Norris führte 1,8 Sekunden vor Piastri, 2,8 vor Hamilton, 4,8 vor Russell und 8,7 vor Verstappen. Und es waren 23 von 52 Runden absolviert.
Wer timte den Wechsel auf Intermediates am besten?Zur Halbzeit, also in Runde 26, nahm der Regen wieder zu. Die Spitze fuhr jetzt nicht mehr 1:31er-, sondern 1:40er-Zeiten. Und Verstappen nutzte das, um als Erster aus der Spitzengruppe zum Reifenwechsel an die Box zu kommen.
In Runde 27 kamen Norris, Hamilton und Russell an die Box. McLaren schickte Piastri aber auf eine weitere Runde auf Slicks, um einen Doppelstopp zu vermeiden. Währenddessen fuhr Verstappen allein im Mittelsektor um fünf Sekunden schneller als die Spitze!
Nach absolvierten ersten Boxenstopps führte Norris auf nasser Strecke, 3,2 Sekunden vor Hamilton, 6,8 vor Verstappen, 10,4 vor Russell und 12,4 vor Sainz. Piastri fiel durch den zu späten Reifenwechsel auf Rang 6 zurück - und hatte auf Norris 18 Sekunden eingebüßt. Dagegen wäre der Verlust eines Doppelstopps leichter verschmerzbar gewesen.
Verstappens früher Boxenstopp war golden getimt, groß profitieren konnte er davon aber nicht. Denn auch bei nassen Bedingungen konnte der Red-Bull-Pilot das Tempo von Norris und Hamilton nicht mitgehen. In Runde 32 war sein Rückstand schon wieder auf 10,4 Sekunden angewachsen.
Wie lief's jetzt eigentlich für Hülkenberg?Der Deutsche war am Start auf P9 zurückgefallen, doch schwierige Wetterverhältnisse sind ihm bekanntlich auf den Leib geschneidert. Als alle ihren ersten Boxenstopp absolviert hatten und auf Intermediates waren, lag er auf Platz 7, eine halbe Minute hinter Norris, aber zwei Sekunden vor Stroll und zwölf vor Alonso.
Durch den Russell-Ausfall rückte Hülkenberg auf P6 auf, und er setzte sich sukzessive immer weiter von den Aston Martins ab. Es war in der Schlussphase ein einsames Rennen - aber eins, das am Ende mit dem zweiten Top-6-Ergebnis hintereinander belohnt wurde.
"Es ist schon ein Thriller und ein Ritt auf der Rasierklinge, hier mit Slicks zu fahren", sagt Hülkenberg. "Dann die Regentropfen auf dem Visier zu haben und mit über 300 in Copse einzulenken, ist ein bisschen unbequem. Weil man nicht weiß, wo der Grip ist, und man nicht weiß, was man zu erwarten hat."
Und weiter: "Ich hatte einen schlechten Start und habe ein paar Plätze verloren. Zum Glück konnten wir das hinten raus wieder gutmachen und gerade stellen. Acht Punkte. Mega und super happy."
Was war die Ursache für Russells Ausfall?Nach den Wetterkapriolen zur Rennmitte war zumindest kein weiterer Regenschauer vorhergesagt. Das heißt, der Fokus im Rennen verlagerte sich jetzt dahingehend, das Ende des Regens und den richtigen Zeitpunkt für den Wechsel zurück auf Slicks zu abzuwarten.
Bereits bevor es in die heiße Phase ging, kam Russell in Runde 33 an die Box. "Retire the car", funkte ihm sein Renningenieur. Wegen eines Verdachts auf einen Defekt der Wasserpumpe oder ein Wasserleck. Damit war sein vierter Platz futsch - und die Hoffnung auf den zweiten Grand-Prix-Sieg hintereinander ebenfalls.
Dafür lief es beim zweiten Mercedes umso besser. Hamilton fuhr bei Mischverhältnissen auf Intermediates die schnelleren Rundenzeiten als Norris. Ein Duell um den Sieg auf höchstem Niveau, bei knapp zwei Sekunden Abstand zwischen den beiden "local Heroes". Und von hinten rückte Verstappen, dessen Rückstand in Runde 38 7,7 betrug, wieder etwas näher.
Am Ende der Runde steckte Hamilton auf einen gebrauchten Soft und Verstappen auf einen frischen Hard um, für den letzten Stint im Rennen. Norris blieb auf den Intermediates eine Runde länger draußen - und verlor dadurch die Führung an Hamilton. Die Wendeim Grand Prix.
Norris, jetzt auf einem gebrauchten Soft (obwohl er am Boxenfunk Medium gefordert hatte), kam mit 2,1 Sekunden Rückstand auf seinen Landsmann auf die Strecke zurück, und hatte nach hinten 4,1 Sekunden Vorsprung auf Verstappen.
"Lewis und Mercedes verdienen den Sieg. Sie haben die bessere Entscheidung getroffen", ärgert sich Norris. "Wir haben heute als Team nicht den Job gemacht, den wir machen hätten sollen. Ich habe nicht die richtigen Entscheidungen getroffen, und ich gebe mir selbst die Schuld dafür. Ich hasse das! Ich hasse es, immer wieder in dieser Position zu sein und mich erklären zu müssen, was schiefgelaufen ist."
Wie lief der finale Showdown um den Sieg?Elf Runden vor Schluss war die Strecke wieder weitgehend trocken, und die Rennleitung gab DRS frei. Hamilton führte 2,3 Sekunden vor Norris und 5,6 Sekunden vor Verstappen, der gemeinsam mit Piastri die schnellsten Rundenzeiten im Feld fuhr und zumindest noch eine kleine Chance auf den Sieg witterte.
Acht Runden vor Schluss feuerte Red Bull Verstappen an: Hamilton und Norris hätten Probleme mit ihren linken Vorderreifen, und er sei mit der harten Gummimischung im Vorteil. Pro Runde holte Verstappen jetzt drei bis fünf Zehntelsekunden auf, und die Top 3 schoben sich immer weiter zusammen.
In Runde 48 von 52 spitzte sich die Spannung immer weiter zu. Verstappen saugte sich durch Becketts an den McLaren heran und fuhr außen vor Stowe an Norris vorbei. Er war jetzt Zweiter, mit 3,3 Sekunden Rückstand auf Hamilton. Tendenz fallend. Offensichtlich kamen die Bedingungen jetzt dem Red Bull mit den härteren Reifen entgegen.
"Als Max anfing aufzuholen, habe ich wirklich alles gegeben", blickt Hamilton zurück. "Das war am Limit. Die Reifen haben angefangen, ein bisschen abzubauen. Fünf Runden noch, und die wären hinüber gewesen."
Aber Hamilton wuchs über sich hinaus, geriet nicht mehr ernsthaft in Gefahr und feierte seinen neunten Sieg in Silverstone. Dass Red Bull Perez am Ende nochmal in die Box holte und dieser ausgerechnet vor Hamilton auf die Strecke kam, spielte keine Rolle mehr. Der Mexikaner machte beim Überrunden fair Platz.
Verstappen analysiert: "Wir waren nicht schnell genug. Am Anfang, als es drauf ankam, fiel ich immer weiter zurück. Es sah wirklich nicht gut aus. Einmal dachte ich, ich werde vielleicht Fünfter oder Sechster. Aber mit dem Wechsel vom Slick auf den Inter und vom Inter zurück auf den Slick haben wir genau richtig entschieden. Und am Ende die harten Reifen zu haben, hat auch geholfen. Am Ende bin ich Zweiter. Das hätte auch schlimmer kommen können!"
Wie geht's nach Silverstone weiter?Zunächst einmal ist das Grand-Prix-Wochenende für echte Fans noch nicht zu Ende. Denn am Sonntagabend steht auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de die große Rennanalyse mit Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll auf dem Programm. Die beiden bereiten, unterstützt von einem neun Mann starken Rechercheteam vor Ort in Silverstone, die wichtigsten Infos auf, für die teilweise in den TV-Übertragungen kein Platz mehr war.
Startzeit für den Livestream ist um 23 Uhr deutscher Zeit. Wem das zu spät ist, der kann am Montagmorgen das Re-Live schauen - hat allerdings den Nachteil, dann keine Fragen im Livechat stellen zu können. Ein Feature, das exklusiv den Mitgliedern des Kanals offensteht. (Jetzt Kanalmitglied werden!)
Silverstone war der zwölfte von 24 Grands Prix der Formel-1-Saison 2024, und die dritte und letzte Station des Tripleheaders Spanien-Österreich-Großbritannien. Danach ist erstmal ein Wochenende rennfrei - gut für alle Fußballfans, die somit ungestört das Finale der Europameisterschaft in Berlin schauen können.
Weiter geht's anschließend von 19. bis 21. Juli mit dem Grand Prix von Ungarn auf dem Hungaroring, ausgetragen ohne Sprint im klassischen Format. Und nur eine Woche später mit dem Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps. Danach verabschiedet sich der Formel-1-Zirkus in die wohlverdiente Sommerpause. (Hier geht's zum kompletten Formel-1-Kalender 2024!)