Xabi Alonso nach Leverkusen-Sieg in Gladbach: „Hart zu ertragen“

Viel fehlte nicht und diese neue Bundesligasaison hätte am Freitagabend tatsächlich mit ein paar neuen Facetten begonnen. Beinahe hätten die im Vorjahr so unnahbaren Leverkusener durch ein paar ungewohnte Nachlässigkeiten einen Zwei-Tore-Vorsprung verspielt und zwei Punkte verloren. Die Gladbacher waren sehr nah dran, sich für ihre neue „Resilienz“ zu belohnen, die sie später hervorhoben. Sogar die erste Bundesliganiederlage von Bayer Leverkusen seit Mai 2023 war noch vorstellbar, als diese zehnte Minute der Nachspielzeit lief, in der dann doch wieder ein Gesamtbild entstand, das stark an die vergangene Saison erinnerte.

Leverkusen - Figure 1
Foto FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Wie in so viele Partien des Vorjahres schoss Bayer Leverkusen ein sehr, sehr spätes Siegtor, die Rheinländer bleiben die Könige der Nachspielzeit. Außerdem war der Video Assistant Referee (VAR) wieder einmal auf sehr unschöne Art und Weise zum Hauptdarsteller des Abends geworden. Gladbachs neuer Stürmer Tim Kleindienst war derart erbost und enttäuscht, dass er sogar eine Art Manipulationsverdacht äußerte: „Man hat das Gefühl, dass die nicht wollten, dass wir heute überhaupt irgendwas holen“, sagte er nach der 2:3-Niederlage seiner Borussia bei DAZN.

Der VAR Benjamin Cortus checkte während dieser Partie immer wieder Szenen, meist lag er richtig. Aber die spielentscheidende Intervention in der neunten Minute der Nachspielzeit war streitbar. Cortus wertete einen von Schiedsrichter Robert Schröder zunächst nicht abgepfiffenen Zweikampf als Foul, obwohl Ko Itakura erst den Ball und dann den Fuß von Amine Adli getroffen hatte. Dennoch gab es einen Elfmeter, den Florian Wirtz zum 3:2 verwandelte (90.+11). „Das ist keine klare Fehlentscheidung“, schimpfte der Gladbacher Sportdirektor Roland Virkus.

Damit gehört der VAR nach einer gespielten Partie zu den ersten Verlierern dieses Bundesligaspieltages. Denn eigentlich hatte Knut Kircher, der neue Chef der Schiedsrichter, explizit ein „Weniger ist mehr“ bei den VAR-Eingriffen ausgerufen. In der Realität wurde nun gleich dieses erste Spiel zu einer kleinen VAR-Orgie.

Leverkusen - Figure 2
Foto FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bis auf die letzte Entscheidung waren die Interventionen unstrittig. Aber Virkus sprach vielen Anwesenden aus dem Herzen, als er darauf hinwies, wie angenehm doch die Testspiele und die erste Pokalrunde gewesen waren, in denen die Schiedsrichter ohne die permanenten Prüfungsvorgänge „auch gute Leistungen gezeigt“ hätten.

Verstanden die Welt nicht mehr: die Gladbacher Profis um Nico ElvediAFP

Der VAR-Ärger lag wie ein dunkler Schleier über diesem Fußballabend, der insgesamt gute Unterhaltung bot. Granit Xhaka, der vielleicht beste Spieler der vergangenen Bundesligasaison, hatte das erste Tor des neuen Spieljahres erzielt – mit einem fabelhaften Linksschuss aus 20 Metern (12.). Die Gladbacher entzückten ihr Publikum mit einem Engagement und einer Intensität, die in der jüngeren Vergangenheit meist gefehlt hatten. „Die neuen Spieler geben uns Energie, insgesamt fühlt sich das gut an“, sagte Trainer Gerardo Seoane zur starken Leistung seines Teams, in dem die Neuzugänge Kleindienst und Kevin Stöger zu den Stärksten zählten.

Auf der anderen Seite kurvte Frimpong über den rechten Flügel und war nicht zu stoppen von seinem Gegenspieler Luca Netz. Florian Wirtz, der das 0:2 schoss (38.) und spät im Elfmeternachschuss zum 3:2 traf, tanzte wieder. Und Leverkusen gewann in der Nachspielzeit, was Trainer Xabi Alonso einerseits freute. Zugleich war der Meistertrainer aber auch etwas gestresst, weil Bayer Leverkusen gleich in dieser ersten Pflichtspielwoche mit dem Supercup-Sieg gegen Stuttgart im Elfmeterschießen und diesem wilden Ritt durch Mönchengladbach in emotionale Grenzbereiche vorgedrungen ist.

„Das ist für mich hart zu ertragen, das ist etwas, was wir nicht trainieren“, sagte er, wobei er nicht verschweigen mochte, dass das Spiel seiner Mannschaft noch nicht so flüssig und perfekt funktioniert wie in der vergangenen Saison. „In einigen Phasen haben wir es gut gemacht, in einigen Phasen hatten wir Probleme“, sagte der Spanier. Beide Teams wirkten zwar noch etwas unfertig, aber gute Bundesligaunterhaltung boten sie schon. Überlagert jedoch von den Diskussionen um die VAR-Technologie.

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