Nach 0:3-Niederlage Leverkusen reist mit Finalfrust zum DFB-Pokalfinale nach Berlin

Dublin · Bayer Leverkusen unterliegt Atalanta Bergamo nach der bislang schwächsten Saisonleistung im Endspiel der Europa League mit 0:3. Im DFB-Pokalfinale soll nun zumindest noch das Double her. Wie die Werkself die erste Niederlage nach 51 Spielen verarbeitet.

Die Enttäuschung über das verlorene Finale steht den Bayer-Akteuren Patrik Schick, Edmond Tapsoba, Victor Boniface und Jonathan Tah (v.l.n.r.) vor der Medaillenübergabe ins Gesicht geschrieben.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Verlieren, das war Bayer Leverkusen nicht gewohnt in dieser Saison. Die Werkself hatte 51 Spiele in Folge nicht verloren, war eine komplette Bundesliga-Spielzeit ohne Niederlage geblieben, als es nach Dublin ging, zum Europa-League-Endspiel gegen Atalanta Bergamo. Ein Sieg gegen die Italiener, ein Erfolg am Samstag im DFB-Pokalfinale gegen den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern – das Team von Cheftrainer Xabi Alonso wollte sich mit dem Triple unsterblich machen.

Doch es kam anders. Bayer 04 lieferte ausgerechnet im Finale die schlechteste Saisonleistung ab, unterlag Bergamo nach drei Treffern des überragenden Ademola Lookman (12., 26. und 75. Minute) völlig verdient mit 0:3 (0:2). Und auch wenn sie es vielleicht nicht mehr gewohnt waren, die Leverkusener präsentierten sich als faire Verlierer. Natürlich gratulierten sie den Siegern nach dem Spiel noch auf dem Platz. Aber auch nachdem sie ihre Silbermedaillen erhalten hatten (die wie üblich nicht mehr als zwei Sekunden am Hals hängen blieben), bildeten sie ein Spalier für Bergamo aufs Podest und schauten zu, wie Kapitän Berat Djimsiti im Konfettiregen den Pokal in die Höhe stemmte. Granit Xhaka applaudierte sogar kurz. Erst dann verschwanden die Spieler des deutschen Meisters in den Katakomben.

Robert Andrich spricht von „einfach beschissenem Tag“

Dort gab es zunächst weiteres Lob für den Gegner. „Es ist enttäuschend und tut auch weh, aber man muss anerkennen, dass der Gegner heute besser war“, sagte Simon Rolfes, Bayer-Geschäftsführer Sport, nach der Partie. In der Kabine herrschte Stille. „Heute war einfach ein beschissener Tag“, sagte Nationalspieler Robert Andrich. Das sah sein Trainer ähnlich. „Das war nicht unser Tag, das müssen wir akzeptieren. Wir müssen Atalanta gratulieren, sie haben verdient gewonnen. Wir konnten nicht unser Spiel machen, sie waren in allem besser. Die Intensität von Atalanta ist immer hoch, wir hatten Probleme in Eins-gegen-Eins-Situationen. Heute war es kein gutes Spiel von uns. Es schmerzt, dass es in so einem wichtigen Spiel passiert“, ergänzte Alonso. „Niederlagen in Finals vergisst man nicht so leicht.“

Der 42 Jahre alte Spanier, der sein Team so fantastisch durch die Saison geführt hatte, schien im mit 47.135 Zuschauern ausverkauften Stadion in Dublin zum ersten Mal keine Lösung für ein Problem zu haben. Alonso setzte im Mittelfeld neben Dauerbrenner Xhaka auf Exequiel Palacio, in der Offensive sollten mit Florian Wirtz, Amine Adli und Jeremie Frimpong drei kleine, schnelle Spieler die Bergamasken aushebeln. „Wir wussten, dass Bergamo sehr physisch spielt und wollten das Spiel so schnell und breit machen, um gar nicht erst so viele Zweikämpfe bestreiten zu müssen“, erklärte Rolfes. Doch der Plan ging überhaupt nicht auf. Auf jedem Fleck des Platzes stellten die Atalanta-Akteure ihre Gegenspieler und zwangen sie ins Duell. Robust und kompromisslos, und Leverkusen wurde zunehmend nervöser und leistete sich ungewohnt viele Fehlpässe, Ballverluste und technische Schwächen.

Leverkusen bleibt oft gesehenes Comeback verwehrt

Ob ein Stoßstürmer wie Victor Boniface oder Patrik Schick oder Abräumer Robert Andrich besser dagegengehalten hätten, wird Alonso am Ende mit sich ausmachen und daraus einiges mitnehmen, wie er selbst einräumte: „Leider ist unser Plan nicht aufgegangen. Heute hat uns einfach vieles gefehlt. Wir waren nicht auf unserem besten Level, auch ich nicht. Wir werden aus dieser Niederlage lernen. In erster Linie ich. Das wird keine einfache Nacht für uns“, erklärte der Cheftrainer.

Die Werkself fand jedenfalls nie ins Spiel, und die mehr als 12.000 mitgereisten Bayer-Fans hatten auch nie den Eindruck, als könne sie eines ihrer in dieser Saison so oft gesehenen Comebacks schaffen und ungeschlagen bleiben. Die europäische Presse sah eine regelrechte Entzauberung des Alonso-Teams. „Aus den Unbesiegbaren wurden die Unsichtbaren“, schrieb die „Daily Mail“ aus England.

„Uns allen war klar, dass die Serie irgendwann reißen muss“, sagte Mittelfeldmann Jonas Hofmann. „Aber wenn wir tauschen könnten, hätten wir lieber in der Bundesliga noch ein Spiel verloren.“ Und Kapitän Lukas Hradecky ergänzte: „Ich hätte die erste Niederlage gerne in einem bedeutungslosen Spiel kassiert.“

Nach dem Finale ist vor dem nächsten Finale

Doch schon beim nächtlichen Bankett nach der Rückkehr ins Hotel sah man erste Spieler wieder lachen. Zeit, lange über die Niederlage nachzudenken, bleibt nicht. Schon am Samstag geht es für Leverkusen weiter: Dann steht im Berliner Olympiastadion das DFB-Pokalfinale gegen den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern auf dem Programm (20 Uhr/ARD), in das Bayer als haushoher Favorit geht.

Alonso schwor seine abgestürzten Überflieger gleich nach der Pleite auf die Wiedergutmachung ein. „Wir müssen den Schmerz in positive Energie verwandeln.“ Immerhin winkt der zweite Pokalsieg nach 1993. Am wichtigsten sei, so der Vorsitzende der Geschäftsführung, Fernando Carro, „dass wir den Schalter umlegen und auf Berlin gucken“. Und Rolfes ist sicher: „Die Mannschaft hat eine hervorragende Saison gespielt, und das werden wir auch in Berlin zeigen.“ Von den Fans gab es in Dublin jede Menge Zuspruch, als die Spieler vor die Tribüne traten. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, skandierten sie. Und Bayers Mittelfeldstratege Granit Xhaka gab die Richtung für die Reise vor, die am Donnerstag aus Irland in Richtung deutscher Hauptstadt startete: „Diese Niederlage wird uns nicht kaputtmachen“, betonte er. „Wenn wir schon nicht das Triple holen, dann das Double.“