Tötungsdelikt in Lautlingen: Jagdgemeinschaft ist fassungslos
Die Familientragödie, die sich am Sonntag in Lautlingen ereignet hat und bei der es drei Tote gibt, lässt die Menschen in Albstadt nicht los. Auch über die Kreisgrenzen hinaus ist die Tat Thema. So auch bei der Kreisjägerschaft und beim Landesjagdverband (LJV) in Stuttgart, denn der mutmaßliche Täter – der sich unter den drei Toten befindet – war ebenfalls Jäger. Noch ist aber unklar, ob bei der Tat in Lautlingen eine oder mehrere Schusswaffen verwendet wurden und ob der mutmaßliche Täter sie im Rahmen seiner Jagdausübung legal besessen hatte.
„Wir sind fassungslos und sprachlos“Doch die Bestürzung ist groß: „Wir sind fassungslos und sprachlos“, sagt René Greiner, Hauptgeschäftsführer und Pressesprecher des LJV. Sie alle seien sehr betroffen. „Unser Mitgefühl und unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und Hinterbliebenen“, so Greiner.
Der Landesjagdverband stünde in engem Kontakt mit der Kreisjägerschaft im Zollernalbkreis. Wirft so eine Tat wie die Lautlingen nun ein schlechtes Bild auf alle Jäger? „Das ist ein schrecklicher Vorfall, der mit nichts zu vergleichen ist“, meint Greiner. „Aber natürlich trifft uns das, wenn man solch ein Geschehen auf alle Jäger projiziert.“ Greiner will die Tat in Lautlingen damit keinesfalls herunterspielen – im Gegenteil. „Das ist eine Tragödie und ja, der Mann hatte einen Jagdschein“, so Greiner. Jetzt bleibe abzuwarten, zu welchen Erkenntnissen die Ermittlungsbehörden kommen.
Jagd gewinnt an AkzeptanzEs gibt zwar einen Teil der Gesellschaft, der die Jagd und damit auch die Jäger ablehnt, doch der sei gering. „Eigentlich gibt es eher Verständnis für unsere Tätigkeit.“ Bei einer Umfrage, die der Landesjagdverband durchgeführt habe, hätten 50 bis 60 Prozent angegeben, dass sie eine absolute Zustimmung für die Jagd empfinden. Rund 25 Prozent hatten dazu keine richtige Meinung. „Also etwa 80 Prozent, die nicht gegen die Jagd sind“, hält Greiner fest. „Die Jagd gewinnt an Akzeptanz, das merkt man vor allem bei den Themen Wildfleisch und Ernährung“, sagt er. Außerdem werde die Jagd immer jünger und weiblicher. „Die Zahl der Jagdscheininhaber nimmt auch zu.“
Wir haben bei der staatlichen Jagdscheinprüfung eine Durchfallquote von 35 bis 39 Prozent.
René Greiner, Hauptgeschäftsführer des LJVUnd das, obwohl es nicht gerade ein Zuckerschlecken ist, einen Jagdschein zu erhalten. „Man muss erst einen Vorbereitungskurs belegen“, erklärt Greiner. Erst wenn man diesen absolviert hat, kann man sich für die umfangreiche staatliche Jagdscheinprüfung anmelden. „Wir haben da eine Durchfallquote von 35 bis 39 Prozent“, hält er fest. „Das beunruhigt mich aber nicht, sondern bestätigt eher.“ Denn ein Jagdschein sei auch mit viel Verantwortung verbunden.
Gründliche Check-upsIst die Prüfung bestanden, kann auf der Unteren Jagdbehörde, die beim Landratsamt angesiedelt ist, ein Jagdschein gelöst werden. „Bei der Unteren Waffenbehörde kann damit dann die Waffenbesitzkarte angefordert werden“, erklärt Greiner. Der Zweck: ausschließlich die Jagd. Denn im Gegensatz zum umfangreicheren Waffenschein, den beispielsweise Soldaten oder Polizisten aufgrund ihres Berufs besitzen, erhalten Jäger eine Waffenbesitzkarte. „Bevor sie die aber bekommen, laufen im Hintergrund Check-ups, bei denen die jeweilige Person intensiv durchleuchtet wird“, betont er. Die Behörden würden sich dabei auch austauschen.
Hält man anschließend Jagdschein und Waffenbesitzkarte in der Hand, kann man eine Waffe erwerben. Einer, der diese im Zollernalbkreis vertreibt und selbst eine Jagdschule betreibt, ist Albert Josef Welte in Geislingen-Erlaheim. Und der bestätigt: „Einfach so aus Lust und Laune eine Waffe kaufen, geht nicht.“ Sportliche Gründe oder die Jagd seien Voraussetzung. Doch selbst die Sportschützen müssten erst ein Jahr regelmäßig zum Schießen gehen, eine Bestätigung des Schützenmeisters sowie eine Sachkundebelegung bei den Behörden vorzeigen, um eine Waffenbesitzkarte zu erhalten.
Kritische Beleuchtung beim Waffenkauf„Sowohl bei Jägern als auch bei Sportschützen werden die Dokumente stets auf Zuverlässigkeit geprüft“, versichert Welte. Selbst wenn jemand bei ihm nur Munition kaufen wolle, brauche der- oder diejenige eine gültige Erwerbsberechtigung. Sollte ihm und seinem Team bei den Unterlagen etwas auffallen, wird an entsprechender Stelle nachgefragt, so Welte.
Jemand, der legal eine Waffe kaufen will, kommt nicht um eine Berechtigung herum.
Albert Josef Welte, Waffenhändler und JagdschulenbesitzerUnd Welte selbst sagt ebenfalls: „Die Jagdprüfung hat’s in sich, die ist nicht ohne.“ Seiner Erfahrung nach lege die niemand „einfach so“ ab. Fälle wie der in Lautlingen seien mehr als sehr tragisch. „Aber man kann sie nicht am Besitz eines Jagdscheins festmachen.“
Für den Waffenerwerb und -besitz gelten bereits strenge Regeln, sagt Welte. Jemand, der legal eine Waffe kaufen wolle, komme nicht um eine Berechtigung herum. Und wenn Welte, der selbst eine Jagdschule betreibt, in seinen Kursen merkt, dass jemand nicht bedacht mit Waffen oder dem Thema an sich umgeht, „dann kann ich gegebenenfalls aus Gewissensgründen das Ausbildungsverhältnis auch beenden“. Da sei er frei in der Entscheidung.
Unangemeldete KontrollenAber es geht auch nicht nur um den Waffenerwerb: „Es gibt Fristen, in denen die Waffenbesitzer ihre Waffe bei der Behörde anmelden müssen“, erklärt René Greiner. „Inklusive aller Seriennummern.“ Und für die Aufbewahrung der Waffen gebe es ebenfalls klare Vorgaben. „Die Waffenbehörde arbeitet da mit Klassifizierungen der Schränke“, so Greiner. Die Waffenbesitzer müssen entsprechende Zertifikate für die Schränke bei der Behörde vorlegen, heißt es. „Nur der Jäger darf Zugriff auf den Schlüssel für den Schrank haben“, fügt der Hauptgeschäftsführer und Pressesprecher an. Das diene dem Schutz.
Noch schärfere Gesetze schaffen nicht mehr Sicherheit.
René Greiner, Hauptgeschäftsführer des LJVHinzu kommen unangemeldete Kontrollen, die sowohl kurz nach Erhalt der Waffenbesitzkarte als auch später immer wieder durchgeführt werden, heißt es. Dabei würden die richtige Aufbewahrung der Waffen und deren Seriennummern kontrolliert. „Wir haben in Deutschland mit das strengste und stärkste Waffenrecht“, hält Greiner fest. „Das steht und fällt aber mit den Kontrollen – und da liegt der Ball eben bei den Behörden beziehungsweise bei der Politik.“ Sie müssten gewährleisten, dass diese Vorgaben auch kontrolliert werden. „Noch schärfere Gesetze schaffen aber nicht mehr Sicherheit“, ist sich Greiner sicher.
Wie es für Greiner und sein Team vom Landesjagdverband sowie die Kreisjägerschaft im Zollernalbkreis nach dem Vorfall in Lautlingen nun weitergeht, „ist zu früh, zu sagen“. Fest steht aber: „Wir wollen uns nicht an irgendwelchen Spekulationen beteiligen, sondern lassen die Behörden arbeiten.“ Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch lägen, könne man sich intern zusammensetzen. „Auch aus Respekt zu den Angehörigen“, betont Greiner abschließend.