Hoteleinsturz an der Mosel: »Die gesamte Gebäudestruktur gleicht ...

7 Aug 2024

Teilweise eingestürztes Hotel: »Wir sind davon ausgegangen, alle, die dazwischen liegen, sind tot«

Kröv Hotel-Einsturz - Figure 1
Foto DER SPIEGEL
Foto: Harald Tittel / dpa

Die Rettung der beiden noch lebenden Verschütteten im teilweise eingestürzten Hotel in Kröv an der Mosel gestaltet sich schwierig. Die Einsatzkräfte gehen jedoch davon aus, die Eingeschlossenen lebend bergen zu können. Das sagte der Einsatzleiter des Technischen Hilfswerks, Jörg Teusch, bei einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag. Man stehe in Kontakt mit den Verschütteten – zunächst habe man sie per Handy erreichen können, inzwischen habe man Löcher gebohrt und Richtmikrofone nahe der Menschen angebracht.

Das erste Obergeschoss des Hotels war am Dienstagabend gegen 23 Uhr eingestürzt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich laut Teusch 14 Personen im Hotel. Fünf davon habe man schnell retten können, da sie sich nicht in dem eingestürzten Teil des Gebäudes befanden.

Mutter und zweijähriges Kind leicht verletzt geborgen

Die neun weiteren Personen seien durch den Einsturz der Decke eingeklemmt worden. Es seien keine Fenster oder Türen mehr vorhanden, die Decken der beiden Geschosse lägen nach dem Einsturz quasi aufeinander, sagte Teusch: »Wir sind davon ausgegangen, alle, die dazwischen liegen, sind tot.« Doch »wie durch ein Wunder« hätten sieben der Eingeschlossenen überlebt.

Zwei Menschen – ein Mann und eine Frau – wurden wohl direkt beim Einsturz der Decke tödlich verletzt. Teusch drückte den Hinterbliebenen der Toten sein Mitgefühl aus.

Junge Frau aus den Trümmern geborgen: Über Nacht im Dunklen ausgeharrt

Foto: Alex Kraus / REUTERS

Bei den Eingeschlossenen handele es sich ausschließlich um Gäste des Hotels, keine Mitarbeitenden, so Teusch. Von den sieben Überlebenden habe man bereits vier retten können, hieß es am Vormittag. Darunter sind ein zweijähriges Kind und seine Mutter aus den Niederlanden. Die Familie habe bei dem Einsturz der Decke wohl nahe einem Türrahmen gestanden. Die Tür sei herausgesprungen und habe so eine Art Schutzhülle gebildet, sagte Teusch. Die Familie habe die Nacht über im Dunklen ausgeharrt, gegen neun Uhr morgens habe man die junge Mutter und das Kind retten können. Die beiden seien nur leicht verletzt gewesen. Auf Bildern war zu sehen, wie die Rettungskräfte die Frau aus den Trümmern trugen.

Kröv Hotel-Einsturz - Figure 2
Foto DER SPIEGEL

»Ich habe mich noch nie so gefreut, ein fremdes Kind zu sehen«, sagte Teusch. Es sei ein sehr emotionaler Moment für die Retterinnen und Retter gewesen. Der Familienvater war laut Teusch zunächst noch im Gebäude. Er sei schwerer verletzt, man habe aber Hoffnung, auch ihn noch zu retten, hieß es.

Am Mittag wurde dann bekannt, dass der Vater des zweijährigen Kindes aus den Trümmern befreit werden konnte. Damit seien noch zwei Menschen eingeklemmt, teilte die Polizei mit.

System misst Verschiebungen des eingestürzten Hotels

Die Rettungsarbeiten dauern an, zwischenzeitlich waren 250 Einsatzkräfte daran beteiligt, inzwischen seien es noch 150, sagte Teusch. Neben dem THW sind auch Polizei, Feuerwehr und weitere Rettungskräfte vor Ort. Er habe bereits mehr als 4000 Einsätze miterlebt, sagte Teusch, aber ein solcher plötzlicher Gebäudeeinsturz sei wohl einmalig in der Geschichte des Landes: »Dass uns so etwas heute vor die Füße fällt, war nicht absehbar«, sagte er.

Die Lage im Hotel sei schwierig: »Die gesamte Gebäudestruktur gleicht einem Kartenhaus«, sagte er. »Wenn man an der falschen Karte zieht, stürzt das gesamte Gebäude ein.« Die Einsatzkräfte haben demnach ein Messsystem an dem Hotel angebracht, um Verschiebungen des Gebäudes zu überwachen. Es habe sich in den vergangenen Stunden um etwa vier Millimeter pro Stunde verschoben, sagte Teusch. Ab einer Verschiebung von einem Zentimeter schlage das System Alarm, damit die Retter nicht auch verschüttet werden.

Staatsanwaltschaft leitet Todesermittlungsverfahren ein

Das Erdgeschoss des Hotels stamme aus dem 17. Jahrhundert, doch in den Achtzigerjahren habe man zweieinhalb Geschosse aufgesattelt, so Teusch weiter. Es sei eine Stützstruktur errichtet worden, um die oberen Geschosse zu tragen. Das erste Obergeschoss sei komplett eingestürzt, wie es dazu kam, ist laut den Verantwortlichen aber noch unklar. Am Dienstag habe es noch Bauarbeiten an dem Gebäude gegeben, ob diese in sachlichem Zusammenhang mit dem Einsturz stünden, sei bislang nicht bekannt.

Die Staatsanwaltschaft habe inzwischen ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, sagte Oberstaatsanwalt Peter Fritzen bei der Pressekonferenz. Das geschehe immer, wenn Menschen eines nicht-natürlichen Todes sterben. Bislang richte sich das Verfahren nicht gegen eine Person, man werde so schnell wie möglich einen Sachverständigen beauftragen, um die Einsturzursache festzustellen, so Fritzen. Das könne jedoch erst nach Abschluss der Rettungsarbeiten geschehen.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) drückte den Angehörigen der beiden Toten sein Mitgefühl aus und dankte den Einsatzkräften für ihren »professionellen Einsatz« in einer »außerordentlich herausfordernden Lage«. Die verschiedenen Einsatzkräfte des THW, der Polizei, Feuerwehr und weiterer Rettungskräfte würden »Hand in Hand« zusammenarbeiten, sagte Ebling.

Mehr lesen
Die beliebtesten Nachrichten der Woche