Stars liefern ab So haben die Chiefs den Super Bowl für sich entschieden

Analyse | Las Vegas/Düsseldorf · In den ersten drei Vierteln des Super Bowls lief bei den Kansas City Chiefs gerade offensiv nicht viel zusammen. Danach drehten die Topstars jedoch auf – und das Spiel zum Sieg.

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So feiern die Kansas City Chiefs den Sieg über die 49ers

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Foto: AP/John Locher

Die Emotionen übermannten Travis Kelce schon früh im Super Bowl. Als die Kansas City Chiefs zu Beginn des zweiten Viertels an der Neun-Yards-Linie der San Francisco 49ers standen, war der Tight End für einen Spielzug nicht auf dem Feld. In diesem verlor Running Back Isiah Pacheco den Ball an den Gegner. Kelce rastete aus, die Kameras fingen ein, wie er seinen Cheftrainer Andy Reid anbrüllte und sogar anrempelte, weil er unbedingt auf dem Feld stehen wollte.

Die Chiefs hatten bis dahin vor allem offensiv nichts zustande bekommen. Bis vier Minuten vor der Halbzeitpause standen sie bei gerade einmal 79 Netto-Yards Raumgewinn. Sie hatten den Ball dreimal punten müssen, dazu der angesprochene Fumble. Die Chiefs wurden vor allem von der Defensive Line der 49ers dominiert, Quarterback Patrick Mahomes fand keine Anspielstationen und bekam dann viel Druck. Kelce hatte in Hälfte eins nur einen Ball für ein Yard gefangen. Das einzig Positive: Es stand nur 3:10. Welche Stars letztlich aufdrehten und den Weg zum Sieg ebneten:

Patrick Mahomes

Natürlich war der Quarterback ein entscheidender Faktor. Zwar warf er zu Beginn des dritten Viertels erst einmal eine Interception und brauchte noch ein wenig, doch dann war er da. Als die 49ers bei einem Chiefs-Punt den Ball unglücklich berührten und Kansas City ihn deshalb an der gegnerischen 16-Yards-Linie erobern konnte, nutzte Mahomes das kaltschnäuzig zum ersten Touchdown und der ersten Chiefs-Führung des Tages.

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Das ist Patrick Mahomes

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Foto: dpa/Jeff Roberson

In der Verlängerung zeigte er dann, wieso er der beste Quarterback der Liga ist. Nachdem die 49ers mit einem Field Goal vorgelegt hatten, führte Mahomes seine Mannen blitzsauber in 13 Spielzügen 75 Yards das Feld runter. In dem Drive warf er keinen einzigen unvollständigen Pass und lief mehrfach selber – unter anderem, um einen vierten Versuch in ein First Down zu verwandeln. Am Ende stand der entscheidende Touchdown-Pass zu Mecole Hardman. Mit diesem Drive wurde Mahomes zum wertvollsten Spieler (MVP) und entschied das Spiel.

Trent McDuffie

Die Chiefs wurden in der ersten Hälfte an der Line of Scrimmage dominiert. Im zweiten Durchgang änderte Defensive Coordinator Steve Spagnuolo also ein wenig das Vorgehen, wie Cornerback Trent McDuffie erklärte: „Er hat uns Defensive Backs gesagt, dass er sich in vielen Mann-gegen-Mann-Situationen auf uns verlässt.“ Die Chiefs spielten öfter eine „Cover Zero“, bei der alle Wide Reciever des Gegners eben von jeweils nur einem Spieler gedeckt werden, Hilfe durch einen Safety gibt es nicht. Verliert man sein Duell, bedeutet das schnell einen Touchdown. Im Gegenzug kann man aber mehr Spieler an die Line of Scrimmage stellen, um Druck zu erzeugen.

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Foto: AP/Eric Gay

So auch kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit: Die 49ers hatten nach der Two-Minute-Warning einen dritten Versuch in der Hälfte der Chiefs. Ein First Down hier und San Francisco hätte die Uhr herunterspielen können und sehr wahrscheinlich gewonnen. Spagnuolo entschied sich wieder für eine Cover Zero und schickte McDuffie zudem per Blitz auf Quarterback-Jagd. „Immer wenn er das macht, weiß ich, dass es funktioniert“, sagte der Cornerback hinterher. Und so war es auch: McDuffie brach ungeblockt durch und zwang San Franciscos Quarterback Brock Purdy zu einem vorschnellen Pass, der nicht ankam. Also erzielten die 49ers nur ein Field Goal und den Chiefs blieb genug Zeit, um noch die Verlängerung zu erreichen.

Travis Kelce

Wie eingangs erwähnt war der Tight End in der ersten Hälfte quasi abgemeldet und fiel nur durch seinen Rempler gegen Coach Reid auf (für den er sich später entschuldigte). Auf dem Feld war es Kelce selbst, der ständig schon von den 49ers-Verteidigern an der Line of Scrimmage angerempelt wurde und sich dann nicht mehr der Deckung des starken Linebackers Fred Warner entziehen konnte. Später im Spiel fanden die Chiefs aber Lösungen dafür – und Kelce fing in der zweiten Hälfte sowie in der Verlängerung noch acht Pässe für 92 Yards.

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Das ist Travis Kelce

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Foto: dpa/Matt Slocum

Bei der Hälfte der Catches wurde Kelce vorher in Motion geschickt, er änderte also kurz vor Beginn des Spielzugs nochmal seine Position und war dadurch frei. Die letzten beiden zeigten dann deutlich Kelces Klasse: Im vierten Viertel stand Warner mal wieder direkt vor der Nase des Tight Ends, doch Kelce entwischte ihm, indem er antäuschte, nach außen zu gehen, dann aber doch nach innen lossprintete. Dieser eine Schritt Vorsprung reichte, um 22 Yards rauszuholen und die Chiefs in Reichweite für das Field Goal zur Verlängerung zu bringen. Vor dem entscheidenden Touchdown war es ebenfalls Kelce, der die Vorarbeit leistete. Er blockte bei dem Spielzug zunächst, ließ seinen Gegner dann aber los, drehte sich um und fing den Ball von Mahomes. Bis die 49ers reagieren konnten, war Kelce schon auf dem Weg nach vorn und kam bis an die Drei-Yards-Linie. Danach entschied Mahomes das Spiel mit einem Touchdown-Pass auf Mecole Hardman.

Chris Jones

Der Defensive Tackle gehört zum Besten, was die NFL auf dieser Position zu bieten hat. Und gerade in den großen Spielen dreht Jones regelmäßig auf. So auch im Super Bowl. Zahlen können gar nicht richtig wiedergeben, was Jones dabei geleistet hat. Immer wieder kämpfte er sich durch zu 49ers-Quarterback Purdy und setzte ihn unter Druck. Und selbst wenn er nicht durch kam, räumte er an irgendeiner Stelle den Weg für seine Teamkollegen frei.

Was zudem in keiner Statistik auftaucht: Jones verhinderte damit zwei Touchdowns. Denn gleich zweimal hatte Purdy einen komplett freien Wide Receiver in der Chiefs-Endzone, hatte aber keine Zeit, den Pass gezielt dorthin zu werfen, weil Jones ihn bereits attackierte. In der Verlängerung war das mitentscheidend: Die 49ers hatten in der Offensive Line beim dritten Versuch kurz vor der Endzone offenbar Abstimmungsschwierigkeiten, denn in diesem entscheidenden Spielzug war scheinbar niemand für Jones zuständig und er brach sofort durch, um Purdy unter Druck zu setzen. Der konnte den Ball nur noch wegwerfen, obwohl Brandon Aiyuk in der Endzone völlig frei gewesen war. Die 49ers schossen nur ein Field Goal, im Gegenzug gewannen die Chiefs per Touchdown.