Lindsey Graham und Co.: Toprepublikaner warnen Trump vor ...

19 Aug 2024
Lindsey Graham und Co. Toprepublikaner warnen Trump vor drohender Niederlage

Erst Nikki Haley, nun Lindsey Graham: Konservative Führungsfiguren bitten Donald Trump inständig, die persönlichen Attacken gegen Kamala Harris einzustellen. Ansonsten befürchten sie im November ein böses Erwachen.

Kamala Harris donald Trump - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

19.08.2024, 10.51 Uhr

Donald Trump, Lindsey Graham, 2019

Foto: Drew Angerer / Getty Images

Lindsey Graham gilt als vergleichsweise treuer Anhänger von Donald Trump. Vom einstigen Kritiker hat er sich zum verlässlichen Verteidiger des ehemaligen US-Präsidenten gewandelt. Nun allerdings scheint auch dem republikanischen Senator aus dem Bundesstaat South Carolina mulmig zu werden angesichts der schwächelnden Umfragewerte und eskalierenden Rhetorik des Kandidaten für die Präsidentenwahl im November.

Entsprechend deutlich warnt Graham nun vor einer drohenden Niederlage, sollte Trump seinen Kurs nicht ändern. Im Gespräch mit dem US-Sender NBC  sagte er am Sonntag (Ortszeit): »Präsident Trump kann diese Wahl gewinnen. Seine Politik ist gut für Amerika, und wenn man eine politische Debatte führt, gewinnt er. Donald Trump, der Provokateur, der Showman, wird diese Wahl wohl nicht gewinnen.«

Damit zielt er auf Trumps wiederholte persönliche Angriffe auf die demokratische Kandidatin Kamala Harris ab. Trump hatte der politischen Gegnerin unter anderem ihre Herkunft abgesprochen (»Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist, bis sie vor einigen Jahren plötzlich schwarz wurde«). Zudem zweifelte er öffentlich ihre Intelligenz an, ließ sich über ihr Lachen aus (»Wenn sie lacht, ist die Wahl gelaufen«) – und bezeichnete sie als »sozialistische Irre«.

Lindsey Graham hält diese Angriffe für die falsche Strategie. »Ich denke nicht, dass Kamala Harris eine Verrückte ist«, sagte er bei NBC. Vielmehr sei sie die »liberalste Person«, die je für das Weiße Haus kandidiert habe. An dieser Stelle sollten die Attacken ansetzen: »Für Harris wäre es ein Albtraum, ihre politischen Entscheidungen zu verteidigen.«

Die Aussagen des Senators stehen für einen wachsenden Flügel der Republikaner, der sich einen strukturierten, gezielten Wahlkampf wünscht. Trump hingegen bleibt selbst während geplanter Pressetermine selten bei der gewünschten Botschaft. Zuletzt hatte er am Donnerstag (Ortszeit) in seinen Golfklub in New Jersey geladen. Dort sollte es um die angeblich explodierenden Lebenshaltungskosten unter der demokratischen US-Regierung gehen. Schlagzeilen machte stattdessen vor allem Trumps Aussage, er habe »ein Recht auf persönliche Attacken gegen Harris« .

Kamala Harris donald Trump - Figure 2
Foto DER SPIEGEL

Lindsey Graham ist nicht die einzige prominente Stimme im konservativen Lager , die sich von Trump mehr Zurückhaltung wünscht. Die republikanische Führung im Repräsentantenhaus wies ihre Parteileute schon direkt nach Harris’ Aufstieg zur designierten Kandidatin an, auf Kommentare zu ihrer Herkunft zu verzichten.

Zuletzt kritisierte auch die frühere republikanische Präsidentschaftsbewerberin Nikki Haley das Verhalten Trumps. Die Wahl lasse sich nicht gewinnen, indem über die Herkunft der Kandidatin der Demokraten geredet werde oder darüber, dass die amtierende Vizepräsidentin »dumm« sei, sagte Haley im rechtsgerichteten Fernsehsender Fox News. »Die Amerikaner sind kluge Leute. Geht mit ihnen wie mit klugen Leuten um«, forderte sie.

Trump und die Partei sollten aufhören, »zu jammern« oder Debatten über Zuschauerzahlen bei Veranstaltungen zu führen – Letzteres gehörte zu Trumps Lieblingsthemen der vergangenen Wochen.

Nikki Haley und Donald Trump, 2018 im Weißen Haus

Foto: Jonathan Ernst / REUTERS

Haley hatte im republikanischen Vorwahlkampf am längsten gegen Trump durchgehalten. Dabei teilte dieser auch gegen sie persönlich aus und verunglimpfte Haley unter anderem mehrfach als »Spatzenhirn«. Trotz aller Attacken und Meinungsverschiedenheiten unterstützt Haley weiter die Trump-Kandidatur.

Deutliche Kritik setzte es zuletzt auch von anderen prominenten Republikanern:

Kellyanne Conway, ehemalige Trump-Beraterin im Weißen Haus, hatte es bei Fox News  so zusammengefasst: »Die Erfolgsformel ist simpel: weniger Beleidigung, mehr Substanz und ein klarer Gegensatz in der Politik.«

Auch Larry Kudlow, ebenfalls unter Trump im Weißen Haus aktiv, sagte bei Fox News an Trump gerichtet: »Schweif nicht ab, nenn sie nicht ›dumm‹ oder sonst irgendwas, und bleib nah an der Kernbotschaft.«

Peter Navarro, Trumps Ex-Wirtschaftsberater, formulierte das Problem so: »Wenn Trump sie persönlich angreift – und nicht auf politischer Ebene – steigen Harris’ Beliebtheitswerte bei unentschlossenen Wählern. Das gilt besonders für Frauen.«

Harris selbst ließ Trumps jüngste Verbalentgleisungen nicht unkommentiert, blieb aber kühl. Die Stärke einer Führungspersönlichkeit bestehe nicht darin, andere Menschen niederzumachen, sagte sie bei einem Auftritt vor Wahlkampfhelfern in Rochester im Swing State Pennsylvania. Wahre Stärke bestehe darin, andere aufzubauen. »Wer andere Menschen niedermacht, ist ein Feigling«, so die Demokratin, ohne Trump dabei namentlich zu erwähnen.

Die US-Demokraten kommen am Montag zu ihrem Parteitag in Chicago zusammen. Das viertägige Treffen dürfte die Partei vor allem nutzen, um Harris und Walz zu zelebrieren und ihnen Schwung für den weiteren Wahlkampf zu verleihen.

Die beiden sind bereits offiziell als Kandidaten der Partei für die Präsidentschaftswahl im November bestätigt worden. Die Nominierung der Demokraten war dieses Mal vorgezogen und digital abgewickelt worden. Nun wird erwartet, dass Harris ihre Kandidatur bei einer für Donnerstag geplanten Rede formell annimmt.

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