Eine äußerst merkwürdige Fahrt nach Kaliningrad

11 Stunden vor
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Stand: 20.11.2024, 17:27 Uhr

Von: Stefan Scholl

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Keine freundlichen Aussichten: die Grenze zwischen Kaliningrad und Polen/Litauen.

Keine freundlichen Aussichten: die Grenze zwischen Kaliningrad und Polen/Litauen. © AFP

Ein deutsch-ukrainischer „Attentäter“ wird vom russischen Geheimdienst gefangen genommen. Und sein Geständnis ist so abenteuerlich wie unwahrscheinlich.

Die Grenzbehörden hatten an alles gedacht: Sie filmten aus mehreren Kameras, wie zwei schwarze Kleinbusse einen PKW blockierten, Maskierte in Tarnanzügen den Fahrer herauszerrten, ihn auf den Asphalt warfen und dann das Auto durchsuchten. Ein Uniformierter mit weißen Handschuhen hielt dem Fahrer eine Halbliterplastikflasche vor die Nase. „Was ist das?“ „Ich weiß nicht“, antwortete der, während er an der Stirn blutete. „Vorher war das nicht da. Hundertprozentig.“ Der staatliche Propagandasender RT kommentiert, das sei Flüssigsprengstoff, als Autowaschmittel getarnt.

Am Mittwoch gab der russische Geheimdienst FSB die Festnahme des Hamburgers Nikolaj Hayduks an der polnisch-russischen Grenze bekannt. Laut der Agentur Tass wollte der Deutsche in die russische Region Kaliningrad einreisen, um dort im Auftrag ukrainischer Geheimdienste seinen schon zweiten Sprengstoffanschlag zu verüben.

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Wann genau der 57-jährige Hayduk gefangen genommen wurde, ist unklar. Aber inzwischen gesteht er alles. Der russische Sender Ren TV verbreitete am Mittwoch Videomitschnitte seines Verhörs, in denen der gebürtige Ukrainer mit gleichmütiger Miene erzählt, ein langjähriger Bekannter, der ukrainische Polizeioberst a. D. Alexander Schorow, habe ihn 2023 angeworben. Gayduk sagt auch, er sei für die Explosion in einer Kaliningrader Gasverteilungsanlage Mitte März verantwortlich. Damals hatten die russischen Behörden den Brand auf der Anlage mit einem leckenden Rohr begründet. Gayduk meinte, jetzt habe er auf Bitte Schorows einen neuen Anschlag in einer Gasanlage in einer Kaliningrader Vorstadt unternehmen wollen.

Laut RT lebt Hayduk seit 32 Jahren in Deutschland, auf Facebook finden sich Bilder von ihm aus Hamburg erst ab 2018, vorher wohnte er offenbar lange in der Ukraine. Er habe sich an mindestens zwei Sprengstofftransporten nach Russland beteiligt, behauptet RT: „Unmöglich, dass die deutschen Dienste das nicht bemerkten.“

Ukrainische Attentäter sind in Mode

Der Sender versteigt sich dazu, dass Deutschland wohl zur Drehscheibe für Produktion und Lieferung von Sprengstoff für Anschläge in Russland avanciere. Zum Beweis wird ein Foto Hayduks mit einem grinsenden Olaf Scholz präsentiert. Das Bild wurde angeblich in Hayduks Handy entdeckt, die Qualität ist schlecht, eine Fälschung nicht auszuschließen. Unklar bleibt auch, warum Hayduk, der einst im sowjetischen Grenzschutz gedient hatte, so tolldreist mit einer Sprengstoffflasche im Auto die russische Grenze ansteuerte, wo Spürhunde und auch Röntgenapparate im Einsatz sind.

Es wäre sicherer gewesen, in Russland Molotowcocktails zu mixen – so wie ein Ukrainer, der angeblich in der Uralstadt Nischnij Tagil ein Umspannwerk in Brand setzen wollte. Ukrainische Attentäter sind gerade in Mode: In der Region Kirow wurde gerade ein 16-Jähriger festgenommen, der nach eigenen Angaben Feuer an der transsibirischen Eisenbahn legen wollte.

Auf manche wirkt das wie ein Ablenkungsmanöver von den derzeitigen mutmaßlich russischen Anschlägen in Europa. Deutsche Medien spekulieren, ob der Hamburger auch zum späteren Austausch gegen staatsnahe russische Gefangene im Westen dienen könnte. Jedenfalls droht ihm jahrzehntelang Gefängnis. Ein anderer geständiger Terrorist erhielt 2023 für einen versuchten Sprengstoffanschlag bei Brjansk, bei dem nur das Fenster einer Güterzuglokomotive beschädigt wurde, 22 Jahre verschärfte Lagerhaft.

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