Deal mit US-Justiz: Julian Assange ist frei

6 Tage vor

Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange hat sich vor einem US-Gericht auf der Marianeninsel Saipan im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen in einem Anklagepunkt schuldig bekannt – und ist nun im Gegenzug nach seiner schon in Großbritannien verbüßten Haft auf freiem Fuß.

Julian Assange - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

Während der dreistündigen Anhörung räumte Assange den Tatvorwurf der Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von geheimen Dokumenten der US-Regierung ein. Er habe geglaubt, dass der erste Zusatzartikel der US-Verfassung, der die Meinungsfreiheit schützt, auch seine Aktivitäten schütze, sagte Assange vor Gericht: »Bei meiner Arbeit als Journalist habe ich meine Insider ermutigt, mir Informationen zu geben, die als geheim galten, um sie zu veröffentlichen. Ich glaubte, dass der erste Verfassungszusatz diese Tätigkeit schützte, aber ich akzeptiere, dass es ein Verstoß gegen das Spionagegesetz war.«

Die leitende US-Bezirksrichterin Ramona Villagomez Manglona akzeptierte sein Schuldbekenntnis und entließ ihn, weil er die Zeit einer möglichen Haftstrafe von 62 Monaten bereits in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis abgesessen hatte. »Mit diesem Urteil werden Sie diesen Gerichtssaal als freier Mann verlassen können. Ich hoffe, dass nun wieder etwas Frieden einkehrt«, sagte Richterin Manglona nach Aussagen von Reportern vor Ort. Assange habe ihres Wissens nach nächste Woche Geburtstag. Zu diesem wolle sie ihm schon jetzt gratulieren. »Ich hoffe, dass Sie Ihr neues Leben auf positive Weise beginnen werden.«

Der 52-Jährige reist nun in seine australische Heimat. Planmäßig soll er in Canberra um 19.39 Uhr Ortszeit landen (10.39 Uhr MEZ).

Seine Anwälte sprachen von einem »historischen Tag«. »Ich hoffe, dass die Tatsache, dass es uns heute gelungen ist, Julian Assange trotz aller Widrigkeiten und gegen eine der mächtigsten Regierungen der Welt freizubekommen, allen weltweit inhaftierten Journalisten und Verlegern Hoffnung gibt«, sagte die australische Menschenrechtsanwältin Jennifer Robinson nach dem Urteil.

Sie dankte vor allem dem australischen Premierminister Anthony Albanese für dessen unermüdlichen Einsatz für Assange. Der Regierungschef habe sich immer wieder auf höchster Ebene für eine Lösung in dem juristischen Tauziehen um den Australier starkgemacht. Albanese sagte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, dass man lange auf das heutige Ergebnis hingearbeitet habe: »Dies ist nicht etwas, das in den letzten 24 Stunden passiert ist.«

Julian Assange auf dem Weg ins Gerichtsgebäude

Foto: Eugene Hoshiko / AP

Assange hat mehr als ein Jahrzehnt eingesperrt verbracht – erst in einer Botschaft, dann im Gefängnis. Die USA werfen Assange vor, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Die amerikanische Justiz wollte Assange lange Zeit den Prozess wegen Spionagevorwürfen machen. Bis zu 175 Jahre Haft hätten ihm in den USA gedroht. Stattdessen handelte er mit der US-Justiz jedoch einen Deal aus. Dieser war in der Nacht zu Dienstag durch die Veröffentlichung von US-Gerichtsdokumenten bekannt geworden. Assange war bereits am Montag unbemerkt von der Öffentlichkeit aus der Haft in London freigekommen und mit einem gecharterten Flugzeug aus Großbritannien ausgereist. Nach einem Zwischenstopp in der thailändischen Hauptstadt Bangkok flog er weiter nach Saipan. Dort landete rund zwei Stunden vor dem Beginn der Anhörung.

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Er trug einen dunklen Anzug mit einer am Kragen gelockerten Krawatte und wurde zügig in das Gerichtsgebäude eskortiert. Weder vor noch nach der Anhörung gab er einen Kommentar ab.

Das US-Justizministerium hatte zugestimmt, die Anhörung auf der abgelegenen Insel abzuhalten, weil Assange sich weigert, auf das US-amerikanische Festland zu kommen – und weil die Insel in der Nähe Australiens liegt.

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