Wie stark erschüttert Irans Angriff auf Israel die Börsen?
Öl, Aktien, Bitcoin Wie stark erschüttert Irans Angriff auf Israel die Börsen?
Nach dem Angriff des Irans auf Israel könnte der Handelsstart an den Börsen unruhig werden
© ASSOCIATED PRESS | Leo Correa / Picture Alliance
Der Nahe Osten ist Reich an Öl und daher bedeutsam für die Weltwirtschaft. Eine weitere Eskalation könnte auch die Aktienmärkte erschüttern. Der Kurs des Krypto-Assets Bitcoin sackte bereits deutlich ab
Der am Wochenende deutlich verschärfte Konflikt zwischen Israel und Iran dürfte zum Beginn der neuen Woche die Stimmung am deutsche Akteinmarkt belasten. Die iranische Armee griff am Samstag israelische Ziele mit rund 300 Raketen und Drohnen an. Mit einer militärischen Antwort Israels ist zu rechnen. Weltweit gab es Warnungen vor einer weiteren Eskalation des Konflikts.
Das Ausmaß der Belastung für den deutschen Aktienmarkt dürfte entscheidend davon abhängen, ob es bei zeitlich beschränkten Aktionen bleibt oder ob es zu einem Krieg zwischen Israel und Iran kommt. In diesen könnten dann weitere Länder des Nahen und Mittleren Ostens hineingezogen werden. Die Region ist insbesondere wegen ihres Ölreichtums von hoher Bedeutung für die Weltwirtschaft.
Der Konflikt ist geeignet, selbst das bisher am Aktienmarkt bestimmende Thema Zinsentwicklung zumindest vorübergehend in den Hintergrund zu drängen. Auch die Saison der Quartalsberichte, die mit der Zahlenvorlage mehrerer US-Banken am Freitag inoffiziell begonnen hat, könnte zunächst nicht die übliche große Rolle spielen.
Die Aktienmärkte in der Golfregion zeigten sich nach dem Angriff bereits schwächer. Der saudische Leitindex schloss am Sonntag 0,3 Prozent niedriger nach einem zunächst noch stärkeren Rückgang. Der Hauptindex in Katar gab 0,8 Prozent nach. Dagegen stiegen die Kurse in Tel Aviv um 0,3 Prozent. „Die Frage lautet, ob Israel den Konflikt ausweiten will. Das ist die Unwägbarkeit“, sagte Tina Fordham, Geostrategie-Expertin bei Fordham Global Foresight in London.
Bitcoin verliert innerhalb von 20 Minuten 8 ProzentDie rund um die Uhr gehandelte Kryptowährung Bitcoin war nach dem Beginn des iranischen Angriffs innerhalb von 20 Minuten um acht Prozent auf unter 62.000 Dollar gefallen. Die umsatzstärkste Kryptowährung erholte sich bis Sonntagabend auf 64.312 Dollar.
Im Fokus der Anleger stand allerdings die Frage, wie die Ölpreise nach der Wiederaufnahme des Handels am Montag reagieren würden. Sie waren in der vergangenen Woche bereits wegen Sorgen über ein Vorgehen des Irans gestiegen: Der Preis für die Sorte Brent legte am Freitag auf 92,18 Dollar je Barrel zu, den höchsten Stand seit Oktober.
„Militärische Auseinandersetzungen im Nahen Osten haben in der Vergangenheit auch immer zu höheren Rohölpreisen geführt“, erklärte Chief Economist Thomas Gitzel von der VP Bank Group am Sonntag. „Steigende Ölpreise und der damit verbundene teurere Gang an die Zapfsäule färben unmittelbar negativ auf die Inflationsrate ab.“ Eigentlich hätten die US-Notenbank Fed wie auch die EZB Zinssenkungen im Visier. „Der verschärfte Konflikt im Nahen Osten mischt nun die Karten neu“, erklärte er weiter. „Ob die EZB im Juni die Zinsen tatsächlich senkt, ist deshalb fraglich geworden.“
Nach dem direkten Angriff durch den Iran steht Israel unter Druck, militärisch zu antworten – doch die vergangene Nacht eröffnet Jerusalem auch die große Chance auf eine friedlichere Entwicklung.
Hinzu kommt, dass Börsenexperten nach dem starken ersten Quartal und einem bisher schwachen April ohnehin von einer vorerst launisch bleibenden Stimmung am Aktienmarkt ausgehen. Sie sehen den Dax daher weiter im Korrekturmodus. Die Optimisten unter ihnen sprachen am Freitag vor der Eskalation des Israel-Iran-Konflikts von einer „Schaukelbörse“ und einer „Verschnaufpause“.
Einen raschen neuen Versuch des Dax, wieder in Richtung des nach Ostern erreichten Rekordhochs von 18.567 Punkten zu klettern, erwartete da so schnell schon niemand. Eine Kurskorrektur in Richtung 17.700 Punkte hielten Experten bei entsprechender Nachrichtenlage dagegen für durchaus möglich. Am Wochenende verfügbare Kursindikatoren zeigen, dass diese Prognose wohl zumindest zum Handelsstart der neuen Woche noch unterboten wird.
Ganz verschwinden dürften die Themen Zinsentwicklung und Quartalszahlen aber trotz des Konflikts nicht aus den Köpfen der Anleger. In den USA sind nach den März-Inflationsdaten, so glaubt zumindest Chef-Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets, „sowohl der Juni- als auch der Juli-Termin für eine Zinssenkung vom Tisch“. Dies habe nur deshalb nicht zu einer größeren Talfahrt an den Börsen geführt, da die Mehrheit am Markt davon ausgehe, dass die US-Wirtschaft höhere Zinsen für einen längeren Zeitraum vertragen könne. „Nun muss die Berichtssaison zeigen, ob das auch für einzelne Unternehmen gilt.“
Die Probe aufs Exempel lässt nicht mehr lange auf sich warten: Die US-Investmentbank Goldman Sachs legt am Montag Zahlen vor und Morgan Stanley, die Bank of America sowie das Pharma- und Konsumgüterunternehmen Johnson & Johnson am Dienstag.
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In Europa wird der Auftakt von Chipindustrie-Ausrüster ASML am Mittwoch gemacht und hierzulande vom Dax-Konzern Sartorius. Der Pharma- und Laborausrüster will seine Quartalsbilanz am Donnerstag veröffentlichen. Zuvor berichtet am Dienstag der Konsumgüterhersteller Beiersdorf über seine Umsatzentwicklung. So richtig Fahrt aber nimmt die Berichtssaison erst in der darauffolgenden Woche auf. Das Enttäuschungspotenzial könnte dabei in den USA höher sein, denn während in der weltgrößten Volkswirtschaft die Messlatte hoch hängt, haben die Analysten in Europa ihre Erwartungen bereits etwas heruntergeschraubt, wie Analyst Frank Klumpp von der LBBW konstatiert.
Konjunkturseitig gilt in den USA in der neuen Woche vor allem den zu Wochenbeginn anstehenden Einzelhandelsdaten für März die Aufmerksamkeit. Hierzulande könnten zuvor noch die ZEW-Konjunkturerwartungen bewegen. LBBW und Helaba rechnen nach zuletzt positiven Überraschungen bei den Frühindikatoren für die deutsche Wirtschaft und global mit einem leichten Anstieg. Der erwartete Konjunkturaufschwung scheine sich nun durchzusetzen, schreibt Helaba-Analyst Stefan Mütze.
dpa/rtr/ess
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