Gender-Streit um algerische Olympia-Boxerin Imane Khelif

Olympische Spiele in Paris Darum geht es im Gender-Streit um die algerische Olympia-Boxerin Imane Khelif

Von dpa | 02.08.2024, 10:09 Uhr | Update vor 2 Std.

Imane Khelif - Figure 1
Foto noz.de - Neue Osnabrücker Zeitung

Bei der WM 2023 wird Boxerin Imane Khelif wegen zu hoher Testosteron-Werte disqualifiziert. Bei Olympia darf sie starten – und gewinnt nach 46 Sekunden durch Aufgabe ihrer Gegnerin.

Nach dem Wirbel um ihre Olympia-Zulassung hat die algerische Boxerin Imane Khelif ihr Achtelfinale bei den Sommerspielen nach nur 46 Sekunden gewonnen. Ihre italienische Gegnerin Angela Carini klagte nach wenigen Schlägen über Schmerzen in der Nase und gab auf. Den im Boxen üblichen Handschlag gab es nach dem Duell nicht.

Khelifs Teilnahme an den Spielen in Paris hatte wegen ihrer Disqualifikation bei der Weltmeisterschaft im Vorjahr für viel Aufsehen gesorgt. Damals hatte die 25-Jährige das Finale wegen erhöhter Werte des männlichen Sexualhormons Testosteron nicht bestreiten dürfen. In Paris darf sie hingegen um Medaillen kämpfen.

Trainer: „Dieser Kampf war unfair“

Carinis Trainer Emanuele Renzini sagte in einer ersten Reaktion: „Ich will nicht für das IOC urteilen und ich weiß, dass das Thema schwierig ist, aber dieser Kampf war unfair“. Das Internationale Olympische Komitee hatte Khelif für Paris zugelassen.

Das IOC rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass Khelif und eine weitere Sportlerin seit vielen Jahren an den Box-Wettkämpfen teilnehmen dürfen, darunter auch an den Sommerspielen in Tokio. Erst eine „willkürliche Entscheidung ohne ordnungsgemäßes Verfahren“ des Box-Verbandes IBA habe zu der aktuellen Aggression gegen die Sportlerin geführt, so das IOC in einer Mitteilung. Das Internationale Olympische Komitee verwies zudem darauf, dass die IBA suspendiert worden ist.

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Imane Khelif - Figure 2
Foto noz.de - Neue Osnabrücker Zeitung
Carini immer wieder von Emotionen überwältigt

Nach der Bekanntgabe ihrer Niederlage sank die Italienerin im Ring weinend auf die Knie. Auch Minuten später wurde sie während zahlreicher Interviews immer wieder von ihren Emotionen überwältigt. „Ich bin in den Ring gestiegen, um alles zu geben. Die Person, die vor mir steht, interessiert mich in dem Moment nicht. Die Schmerzen an der Nase waren zu stark. Ich konnte nicht mehr atmen“, berichtete Carini.

Die Italienerin äußerte ihr Unverständis über die Geschlechtsdebatte um ihre algerische Gegnerin. „Wenn sie nach Meinung des IOC kämpfen darf, respektiere ich diese Entscheidung“, sagte die 25-Jährige der „Gazzetta dello Sport“. Sie habe versucht, die Diskussion auszublenden.

Entschuldigung für verweigerten Handschlag

„Diese Kontroversen haben mich auf jeden Fall traurig gemacht und es tut mir leid für die Gegnerin, die auch nur hier ist, um zu kämpfen“, sagte Carini.

Zu dem verweigerten Handschlag sagte die Boxerin, es habe sich um ein Missgeschick gehandelt. „Das war keine absichtliche Geste, ich entschuldige mich bei ihr und bei allen. Ich war wütend, weil die Olympischen Spiele für mich vorbei waren. Ich habe nichts gegen Khelif, wenn ich sie noch einmal treffen würde, würde ich sie umarmen“, sagte Carini.

Nach der Bekanntgabe ihrer Niederlage sank die Italienerin Angela Carini im Ring weinend auf die Knie. Foto: dpa/AP/John Locher

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Giorgia Meloni heizt Debatte an

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisierte den Start von Khelif. „Man muss in der Lage sein, auf gleicher Augenhöhe zu kämpfen. Von meinem Standpunkt aus war es kein Wettbewerb unter Gleichen“, sagte die 47-Jährige bei einem Besuch im olympischen Dorf.

 „Ich denke, dass Athleten, die männliche genetische Merkmale haben, nicht zu Frauenwettbewerben zugelassen werden sollten. Nicht, weil man jemanden diskriminieren will, sondern um die Rechte der weiblichen Athleten zu schützen, damit sie unter gleichen Bedingungen konkurrieren können.“

Weitere Boxerin wurde bei WM disqualifiziert

Die WM vor einem Jahr wurde vom Internationalen Box-Verband IBA organisiert, der vom IOC nicht mehr anerkannt ist. Auch die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting wurde nach dem Gewinn ihrer Bronzemedaille bei der WM nachträglich disqualifiziert, darf aber bei den Olympischen Spielen antreten. Sie boxt am Freitag im Federgewicht gegen die Usbekin Sitori Turdibekowa. Sowohl Yu-ting als auch Khelif waren schon bei den Sommerspielen 2021 in Tokio dabei.

Auch die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting wurde nach dem Gewinn ihrer Bronzemedaille bei der WM nachträglich disqualifiziert. Foto: IMAGO/Xinhua

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IOC verteidigt Starterlaubnis

IOC-Sprecher Mark Adams verteidigte die Zulassung der beiden Boxerinnen. „Es sind Menschen involviert, wir sprechen über das Leben von Menschen. Sie sind in Frauenwettbewerben angetreten, sie haben gegen Frauen gewonnen und sie haben gegen Frauen verloren über die Jahre“, sagte Adams.

Das algerische Olympische Komitee verurteilte die Kritik vieler Boxfans, die vor allem in den sozialen Medien auf Khelif hereinprasselte. „Diese auf Lügen basierenden Diffamierungsversuche sind völlig unfair, insbesondere in einem entscheidenden Moment, in dem sie sich auf die Olympischen Spiele, den Höhepunkt ihrer Karriere, vorbereitet“, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir stehen alle hinter dir, Imane. Die ganze Nation steht hinter dir und ist stolz auf deine Leistungen.“

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