Presseschau Hunter Biden: "Eine aufrichtige Heuchelei"

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US-Medien warnen nach der Begnadigung Hunter Bidens vor einem Glaubwürdigkeitsverlust für die Demokraten. Viele ziehen Vergleiche zu Donald Trump. Die Presseschau

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Foto ZEIT ONLINE

2. Dezember 2024, 8:49 Uhr

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Joe Biden und sein Sohn Hunter: Medien auf beiden Seiten des politischen Spektrums schreiben von einer nachvollziehbaren Entscheidung eines Vaters. © Craig Hudson/​Reuters

Die Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, seinen wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilten Sohn Hunter zu begnadigen, hat auch in den USA für Überraschung gesorgt. Medien auf beiden Seiten des politischen Spektrums schreiben von einer nachvollziehbaren Entscheidung eines Vaters. Politisch sei sie aber fatal, urteilen viele Kommentatoren.

"Präsident Biden und der designierte Präsident Donald J. Trump sind sich nun in einer Sache einig: Das Justizministerium unter Biden wurde politisiert", schreibt die New York Times. Bei der Begnadigung seines Sohnes Hunter, in der er die Fairness jenes Systems infrage stellte, das er bisher stets verteidigt hatte, habe der scheidende Präsident sehr ähnlich geklungen wie sein designierter Nachfolger. Zwar unterschieden sich die Argumente Bidens und Trumps hinsichtlich einer angeblichen Befangenheit des Justizsystems in wichtigen Aspekten, schreibt die New York Times weiter. Doch die Begnadigung Hunter Bidens werde es den Demokraten erschweren, künftig die Integrität des Justizministeriums zu verteidigen und sich gegen Trumps Pläne zu stellen, es für politische Zwecke zu nutzen.  

Munition für die Argumentation der Republikaner

Ähnlich kommentierte der Sender CNN die unerwartete Entscheidung Bidens. Dessen Begnadigung seines Sohnes vertiefe "die Verstrickung von Politik und Rechtsstaatlichkeit, die das Vertrauen in die amerikanische Justiz beschädigt und sich mit großer Wahrscheinlichkeit während der zweiten Amtszeit von Donald Trump noch weiter verschärfen wird". Die politischen Auswirkungen des "dramatischen Vorfalls vom Sonntagabend" könnten tiefgreifend sein, kommentiert CNN. "Bereits jetzt argumentieren Republikaner, dass die Begnadigung von Hunter Biden zeigt, dass der amtierende Präsident – und nicht der nächste – die größte Verantwortung für die Politisierung des Justizsystems trägt, indem er seinem Sohn bevorzugte Behandlung zuteilwerden lässt. Ihre Behauptung mag nicht zutreffend sein, aber sie könnte dennoch politisch wirksam sein."

Auch das Wall Street Journal warnt vor einem Glaubwürdigkeitsverlust für die Demokraten. "Die Demokraten warnen seit Langem, dass Trump das Justizministerium politisieren werde. Doch die Begnadigung (Hunter Bidens) droht, diese Botschaft zu untergraben, da sie Munition für die Argumentation liefert, dass beide politischen Parteien bereit sind, in das Justizsystem einzugreifen, wenn es ihren eigenen Interessen dient."

"Ergebnis eines Shakespeareschen Kampfes"

Als "aufrichtige Heuchelei" bezeichnet die britische Tageszeitung Guardian Bidens Entscheidung zur Begnadigung seines Sohnes. Dass Biden sich trotz gegenteiliger Ankündigungen entschieden habe, seinem Sohn eine mögliche Gefängnisstrafe zu ersparen, sei "wohl das Ergebnis eines Shakespeareschen Kampfes zwischen Verstand und Herz", schreibt die Zeitung. Man könne sie als "Akt der väterlichen Liebe" werten. Doch: "Indem Biden seinem Sohn die Begnadigung erteilt, gibt er indirekt zu, dass das Rechtssystem nicht immer frei von politischen Überlegungen ist – und öffnet damit die Tür für die gleichen Taktiken, die er immer wieder den Republikanern, und insbesondere Donald Trump, vorgeworfen hat."

Der Trump-nahe Sender Fox News hob hervor, wie umfassend die Begnadigung sei. Sie beziehe sich nicht nur auf Hunter Bidens Verurteilung wegen illegalen Waffenbesitzes und der drohenden Verurteilung wegen Steuervergehen, sagte die Moderatorin Shannon Bream. Zwar gebe es "keine Hinweise darauf, dass es irgendeine weitere Sache gibt, wegen derer Hunter angeklagt werden würde". Offensichtlich habe Joe Biden seinem Sohn aber "so viel Schutz wie möglich" geben wollen. Der scheidende Präsident vertraue nun darauf, dass die Amerikaner seine Entscheidung als Vater verstünden. Der Sender zitierte auch Trump, der die Begnadigung als "Missbrauch der Justiz" verurteilt hatte.

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