HSV-Boss Kuntz gibt Einblick in Trainer-Suche: Diese Kandidaten ...
Das Bild des entsetzten Trainers, der mit verschränkten Armen und kopfschüttelnd den Schlusspfiff quittiert, wird das letzte sein, das von Steffen Baumgart beim HSV bleibt. Am Sonntagvormittag, nur 13 Stunden nach dem enttäuschenden 2:2 gegen Schalke, zog der Verein einen Schlussstrich unter die Liaison mit dem 52-Jährigen. Weil Baumgart seinem Sportvorstand Stefan Kuntz nicht ausreichend erklären konnte, wie er die Wende schaffen wollte. Nun läuft die Suche nach einem Nachfolger – mit ersten Tendenzen.
Nach nur zwei Unentschieden aus den vergangenen vier Partien und dem Sturz auf Rang acht der zweiten Liga war für Baumgart nichts mehr zu retten. Bereits um kurz nach acht Uhr fuhr Kuntz am Sonntag an den HSV-Büros im Stadion vor, Baumgart folgte wenig später.
Auch Co-Trainer Wagner und McKenna verlassen den HSV„Es war schwer“, erklärte Kuntz wenige Stunden danach bei Welt-TV. „Wir haben im ganzen Trainerteam darüber gesprochen, dass wir so nicht weitermachen können.“ Anschließend sprach er mit Baumgart allein und kam zu dem Schluss: „Wir haben feststellen müssen, dass es besser ist, dass sich die Wege trennen, um die Ziele des HSV nicht zu gefährden.“ Mit Baumgart verlassen auch seine Vertrauten, die Assistenztrainer René Wagner und Kevin McKenna, den Volkspark. Die Profis wurden informiert, als sie gegen 12 Uhr vom Auslaufen in den Trainingstrakt zurückkehrten. Es soll emotional zugegangen sein.
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Fragt sich nur: Hatte Baumgart nach dem 2:2 gegen Schalke, in dem sich die Fehler der Vorwochen fortsetzen, überhaupt noch eine Chance? Kuntz war zumindest gewillt, sich anzuhören, wie der Trainer wieder in die Erfolgsspur finden wollte. Er habe gefragt: „Was wollen wir ändern? Was spricht dafür, dass es nächste Woche beim Auswärtsspiel in Karlsruhe anders ist? Da war es dann aber so, dass nichts Ausreichendes gesagt wurde, so dass wir dann gesagt haben: Machen wir eine anständige Trennung.“ Baumgart soll mit Verständnis darauf reagiert haben.
„Ein bisschen Angst“ – daran scheiterte BaumgartLetztlich fiel der Coach nicht über das Schalke-Spiel sondern über „immer wiederkehrende Muster“, wie Kuntz es benannte. „So ein Nachlassen nach der Führung, so ein bisschen Angst, wenn man in Führung ist. Erst wenn man nichts mehr zu verlieren hatte, noch mal mutig zu spielen.“
Das größte Problem: Die regelmäßigen Tiefschlafphasen nach der Halbzeitpause. Allein zwölf seiner 19 Saison-Gegentreffer kassierte der HSV in den ersten 20 Minuten nach dem Wiederanpfiff. Ein katastrophaler Wert.
Polzin und Favé übernehmen zunächst beim HSVWie aber geht es nun weiter? Klar ist: Eine schnelle Entscheidung wird es nicht geben. Am Sonntag in Karlsruhe werden definitiv Assistenzcoach Merlin Polzin und U21-Trainer Loic Favé auf der Bank sitzen – wie bereits im Februar in Rostock (2:2), nachdem Tim Walter entlassen wurde und Baumgart noch nicht da war.
Völlig offen, wie lange das Duo nun die Geschicke leiten wird. Ausschlaggebend wird sein, wann Kuntz mit dem aus seiner Sicht geeigneten Nachfolger klar ist. Möglich ist allerdings auch, dass der HSV mit Polzin und Favé in die Winterpause geht. Bis dahin stehen neben dem Ritt in Karlsruhe noch die Partien gegen Darmstadt (8. Dezember), in Ulm (14. Dezember) und gegen Fürth (21. Dezember) an.
Das Wunschprofil der HSV-Bosse stehtIhr Wunschprofil haben Kuntz und Sportdirektor Claus Costa bereits erstellt und befinden sich im intensiven Austausch. Ein Kriterium: Im Idealfall soll der neue Trainer über Erfahrung bei Traditionsvereinen verfügen und eine entsprechende Druckresistenz mitbringen. Denn nicht zuletzt die hohe Erwartungshaltung im HSV-Umfeld machte Baumgart von jeher zu schaffen. Von Vorteil wäre es aus Sicht der Bosse auch, wenn der neue Mann sich in der 2. Bundesliga auskennen würde.
Nimmt man dieses Profil als Maßstab, gibt es gleich mehrere auf dem Markt verfügbare Anwärter. Friedhelm Funkel würde dazu zählen. Der 70-Jährige ist mit sechs Bundesliga-Aufstiegen Deutschlands Rekord-Trainer, arbeitete bereits bei ähnlich wuchtigen Traditionsvereinen wie dem HSV (unter anderem Köln und Frankfurt). Schocken kann ihn sicher nichts.
Wird Labbadia noch mal Thema beim HSV?Offen ist, ob Bruno Labbadia ein Kandidat werden könnte. Der 58-Jährige, der den HSV bereits zweimal trainierte, traf sich bereits mehrfach mit Kuntz in Hamburg, ohne dass es sich dabei um Bewerbungsgespräche handelte. Hintergrund: Die beiden Ex-Angreifer stürmten früher gemeinsam für Kaiserslautern und sind befreundet. Klar ist: Kuntz‘ Draht zu Labbadia ist kurz. Nicht auszuschließen, dass der HSV-Boss die Bereitschaft seines Kumpels abklopfen wird.
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Auch Ex-HSV-Profi Niko Kovac, der in der Bundesliga für Frankfurt, die Bayern und Wolfsburg arbeitete, dürfte zu den Kandidaten zählen, die für Kuntz in Frage kommen. Offen bleibt allerdings, ob sich der 53-Jährige den Gang in die 2. Bundesliga vorstellen könnte. Das gilt auch für Urs Fischer, der im Vorjahr noch mit Union Berlin in der Champions League spielte, allerdings weiß, wie man in die Bundesliga aufsteigt. Im Sommer 2019 gelang ihm der Sprung mit den Köpenickern. Gleich zwei Aufstiege (mit Braunschweig und Darmstadt) hat der ebenfalls zurzeit arbeitslose Torsten Lieberknecht vorzuweisen. Der TV-Sender Sky brachte am Sonntag Ex-HSV-Stürmer Ruud van Nistelrooy (zuletzt Interimscoach bei Manchester United) ins Spiel.
Kwasniok war bereits in den Hinterköpfen der HSV-BosseUnd dann geistert auch wieder der Name eines alten Bekannten durch den Volkspark: Paderborns Lukas Kwasniok spielte bereits im Februar in den Gedanken von Ex-HSV-Boss Jonas Boldt eine Rolle, zu konkreten Gesprächen kam es damals aber nicht. Auch Kuntz soll von der Arbeit des 43-Jährigen, der mit dem SCP aktuell die Tabelle anführt, sehr angetan sein. Allerdings müsste der HSV die komplizierte Aufgabe bewältigen, den Trainer während der Saison von einem Konkurrenten im Kampf um den Aufstieg loszueisen. Eine knifflige Nummer, die ordentlich Geld kosten würde.
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Dennoch: Auszuschließen ist dieser Tage beim HSV wenig bis gar nichts. Dafür spricht auch die Tatsache, dass sich Kuntz nicht auf einen Termin festlegen will, wann er einen neuen Coach präsentieren will. Weil er sich womöglich mit einem abgebenden Verein einigen muss? „Besser keinen Zeitplan, aber dafür dann den richtigen Trainer“, sagt er dazu, nur der Aufstieg zähle: „Wir sind jetzt mal in der Bringschuld, diesen Schritt auch zu schaffen.“
Nur eine Lösung scheidet für Kuntz definitiv aus. Auf keinen Fall wird sich der frühere Trainer der deutschen U21 und des türkischen Nationalteams selbst auf die Bank setzen. Er hat auch so genug zu tun.