Hamburger SV: Der nächste Rückschlag
Der couragierte Pokalauftritt beim 1:2 in Freiburg hatte gewisse Anzeichen dafür geliefert, dass der Hamburger SV womöglich bereit sei, sich umgehend für das 2:4 in Elversberg rehabilitieren zu können. Stattdessen gibt das schmeichelhafte 1:1 gegen Nürnberg erneuten Anlass zur Sorge.
Skeptischer Blick: HSV-Coach Steffen Baumgart. picture alliance / xim.gs
Der Punkteschnitt von 1,72 entspricht nicht dem eines potenziellen Aufsteigers, der Vortrag vom Sonntag noch viel weniger. Nach ordentlicher Anfangsphase wurde das Hamburger Spiel spätestens mit dem verletzungsbedingten Ausscheiden von Ludovit Reis nach einer halben Stunde beinahe minütlich schlechter. Schon vor der Pause rettete Daniel Heuer Fernandes mehrfach herausragend, danach wuchs der Keeper phasenweise über sich hinaus und ist in der Analyse ähnlich klar wie in seinem Torwartspiel. "In Momenten und Räumen, in denen wir aggressiv sein müssen, waren wir es nicht, bei Ballbesitz war es auch zu wenig. Wir haben viel zu viele Chancen zugelassen." Das gleichermaßen ehrliche wie ernüchternde Fazit: "Der Punkt ist glücklich für uns."
Noch deutlicher als Heuer Fernandes legt Daniel Elfadli den Finger in die Wunde. "Es ist ein glückliches Unentschieden, das uns nicht zufriedenstellen kann. Es ist schon Ende der ersten Hälfte weniger geworden, wir haben immer weniger Zugriff bekommen. Das ist nicht unser Anspruch." Dass nach den Ausfällen von Sebastian Schonlau, Jonas Meffert (beide gesperrt) und Robert Glatzel (Sehnenabriss) mit Reis früh in der Partie noch ein vierter Eckpfeiler weggebrochen ist, will Elfadli nicht als Argument anführen. "Wir haben viel Qualität und Breite im Kader, wir müssen Ausfälle auffangen können." Er selbst erfüllte diesen Auftrag gegen die hochüberlegenen Franken in einer Doppelrolle: Bei Ballbesitz agierte er als Meffert-Ersatz im Mittelfeld, gegen den Ball als Schonlau-Vertreter in der Abwehrkette - und vertrat "nebenbei" auch noch Glatzel als Torschütze.
Heyer kann fehlende Spielpraxis nicht kaschierenDas Problem: Andere erfüllten ihre Rolle als Ersatzmann nicht. Moritz Heyer konnte als zentraler Mann der Dreierkette die fehlende Spielpraxis nicht kaschieren, bei Lucas Perrin wechselten beherzte Zweikampfszenen mit unglücklichen Ausrutschern; Marco Richter, für Reis gekommen, enttäuschte abermals und wird mehr und mehr zum Rätsel. Der frühere U-21-Nationalspieler sollte ein Garant für kreative Momente sein, enttäuscht aber gerade in der Offensive seit seiner Ankunft in Hamburg Ende August restlos, ist noch ohne jede Torbeteiligung und sammelt bislang allenfalls Fleißpunkte bei der Arbeit gegen den Ball.
Unterm Strich aber steht für Richter und den gesamten HSV - es ist von allem zu wenig, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Und Elfadli sagt mit Blick auf die kommenden Wochen klar und deutlich: "Das können wir uns so nicht mehr erlauben." Sonst drohen weitere Rückschläge.
Sebastian Wolff