"Herrhausen – Der Herr des Geldes": Eine Mords-Geschichte

1 Okt 2024

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Foto ZEIT ONLINE

Der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen wurde 1989 ermordet. Ein ARD-Mehrteiler erzählt diesen Banker, Intellektuellen und Machtmenschen nun sehenswert.

1. Oktober 2024, 18:00 Uhr

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Alfred Herrhausen (Oliver Masucci, Mitte) im Fahrstuhl mit dem Vorstand der Deutschen Bank, dessen alleiniger Sprecher er wird. © ARD Degeto/​rbb/​hr/​swr/​Sperl Film und Fernsehproduktion GmbH/​Florian Emmerich

Dies ist die Geschichte eines Mordes, der nie aufgeklärt wurde. Und es ist die Geschichte eines Mannes, der zum Opfer wurde, als er einer der einflussreichsten Menschen in der deutschen Gesellschaft war. Die Rede ist von Alfred Herrhausen, Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank bis zum Tag seiner Ermordung am 30. November 1989. Herrhausen, der Name sagt vielen schon nichts mehr, aber sein Denken hinterlässt noch immer Spuren.

Die ARD verwandelt diese Geschichte in einen zeitgeschichtlichen Thriller, in vier Teilen vom Leben zum Tod. Herrhausen – Der Herr des Geldes ist eine fürs deutsche Fernsehen außergewöhnlich sehenswerte Fiction-Produktion, ein großer Spielfilm als Mehrteiler. 

Herrhausen – Der Herr des Geldes erinnert entfernt an die ZDF-Serie Bad Banks aus den Jahren 2017 und 2020 über eine fiktive Großbank in Frankfurt am Main. Auch die war schauspielerisch exzellent besetzt (mit Désirée Nosbusch in der Hauptrolle), fiel durch ihre schnelle Erzählweise auf und hat das Banken-Milieu präzise eingefangen. Inhaltlich knüpft Herrhausen – Der Herr des Geldes jedoch an die großen zeitgeschichtlichen Produktionen an, die von der frühen Bundesrepublik (Bonn – Alte Freunde, neue Feinde) erzählen und die DDR (Weißensee) sowie die deutsch-deutsche Geschichte (Deutschland 83, Deutschland 86, Deutschland 89) verhandeln.

Also, wer war Alfred Herrhausen? Ein 1930 geborener Bankmanager, sagt Wikipedia, ein konservativer Anarchist, sagt Thomas Schreiber, der für den Mehrteiler in der ARD verantwortlich ist. Ein Freund, schrieb seine Patentochter, die Journalistin Carolin Emcke. Ein Weggefährte, sagte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl bei der Trauerfeier für Herrhausen.

Der lebte offenbar nach den Grundsätzen "Stillstand bedeutet Tod" und "Geld, das nicht gestaltet, ist verschwendet". Es sind entscheidende Sätze auch in dem ARD-Mehrteiler. Als Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank organisierte Herrhausen Kredite für die reformwilligen Regime in Osteuropa gegen Ende des Kalten Krieges. Er hat in dieser historischen Schwellenzeit dazu beigetragen, dass der Wandel in Osteuropa nach 1985 weitgehend friedlich verlief, allen voran half er Michail Gorbatschow in der damals noch existierenden Sowjetunion. 

Dabei handelte Herrhausen nie selbstlos, sondern immer auf den Vorteil seiner Bank bedacht, aber mindestens so sehr war er ein politischer Machtmensch, der den Zweiten Weltkrieg erlebt hatte und ein friedliches Europa mitgestalten wollte. In einer Rede, die er nicht mehr halten konnte und die nach seinem Tod in der ZEIT erschienen ist, entwarf Herrhausen noch das Bild eines europäischen Binnenmarktes, einer gemeinsamen europäischen Währung und einer Welt, die gemeinsam die drohende "ökologische Katastrophe" bekämpfen würde. 

Zugleich war Herrhausen ein wesentlicher Akteur der sogenannten Deutschland AG – in der Linken nannten sie es den politisch-industriellen Komplex. Diese konservative Elite war aufs Engste untereinander verbunden und traf in wechselnden Konstellationen weitreichende Entscheidungen. Als Teil dieses Netzwerks, und als Chef der Deutschen Bank dessen größter Finanzier, machte Herrhausen Industriepolitik, handelte Unternehmensbeteiligungen und entschied dadurch, wer ein Unternehmen übernehmen konnte – und wer übernommen wurde. 

Herrhausen trieb unter anderem durch die Fusion von Daimler mit MBB die Bildung eines führenden deutschen Rüstungskonzerns voran. Diese Rüstungssparte bildet heute wiederum die deutsche Hälfte von Airbus. In der Deutschen Bank selbst, das wird in Herrhausen – Der Herr des Geldes exzellent beschrieben und inszeniert, kämpfte er für den Umbau des Geldhauses in eine moderne, digitalisierte, vom Investment-Banking angetriebene Bank. Seine Nachfolger haben diese Strategie fortgesetzt, einige mit eher mäßigem Erfolg.

Der Mehrteiler orientiert sich insofern an historischen Gegebenheiten. Doch um daraus eine große Erzählung werden zu lassen, haben sich Drehbuch (Thomas Wendrich), Regie (Pia Strietmann) und Produzentin (Gabriela Sperl) die Freiheit genommen, Dialoge und Szenen wie beispielsweise im Haus der Herrhausens oder in der Bank oder auf Fahrten mit dem Chauffeur zu erfinden.

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