Zum Tod von Hermes Phettberg: Ein Original aus Österreich
Am Dienstagabend erschien die jährlich heiß erwartete Abschlussjahresnummer der Wiener Wochenzeitung „Falter“. In „Phettbergs Predigtdienst“, der dort seit 1991 erscheinenden wöchentlichen Kolumne von Hermes Phettberg, geboren 1952 als Josef Fenz im niederösterreichischen Hollabrunn teilte er uns voll Zuversicht mit, er würde gerne zu Weihnachten ein Gulasch essen. Leider habe er gerade jetzt eine Lungenentzündung und sei im Spital, aber bis zum Heiligen Abend werde das schon werden.
Phettberg wurde Anfang der Neunzigerjahre, als er schon ein Wiener Original war, nicht nur durch seine „Falter“-Artikel über die Hauptstadt hinaus bekannt, auch seine Mitwirkung in Kurt Palms Spaßtheatertruppe „Sparverein Die Unz-Ertrennlichen“ und dann als Gastgeber der mittlerweile legendären „Phettbergs Nette Leit Show“ (eine ostösterreichische Verballhornung von Late Night Show; „Leit“ steht für „Leute“) machten ihn quasi im gesamten deutschsprachigen Raum populär. Die „Nette Leit Show“ begann auf der Theaterbühne und lief dann in den Jahren 1995 und 1996 einmal monatlich im spätabendlichen ORF-Programm „kunst-stücke“. Dieser bisweilen auch als Anti-Talkshow bezeichneten Sendung war tatsächlich ein unerwarteter Publikumserfolg beschieden, und neben für Hermes Phettberg (oder Kurt Palm) interessanten Gästen, wie etwa Menschen mit ausgefallenen Berufen oder frühen LGBTQ-Aktivisten, drängte sich alles, was damals in der hiesigen Kulturszene auch nur einen bisschen bekannten Namen hatte, um einen Termin bei Phettberg und harrte seiner Begrüßungsfrage: „Frucade oder Eierlikör?“ Laut Wikipedia wurden insbesondere die Auftritte des Opernkenners Marcel Prawy (1911 bis 2003) und der Tierschützerin Edith Klinger (1922 bis 2013) in der Show berühmt.
Nach der Frühpensionierung wurde er zum Star
Dabei war es für Josef Fenz zu Beginn nicht leicht gewesen. Im Teenageralter entdeckte er seine Homosexualität. Sich öffentlich dazu zu bekennen war im damals noch erzkatholischen Niederösterreich und selbst im etwas liberaleren Wien keine besonders förderliche Idee. Psychische Probleme, darunter schwere Depressionen, führten bereits 1990 zur Frühpensionierung wegen „seelischer Invalidität“. Seine steigende Bekanntheit und ständigen selbst- wie gesellschaftskritischen Betrachtungen, vor allem sein Eintreten für die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und LGBTQ-Rechten, ermöglichten ihm zumindest zeitweise ein etwas angenehmeres Dasein, auch wenn sich seine geschlechtsneutralen Anreden – „Damen und Herren, Schwestys und Brüdys“; er schrieb das dann immer: „Duhsubys“ – nicht durchsetzen konnten.
Leider hielt sein kurzes Glück nicht lange an. Schwere körperliche Probleme und weitere depressive Schübe führten zu dramatischen Verschlechterungen. Er, der den Namen „Phettberg“ auch mit Blick auf seine Körperfülle gewählt hatte, verlor binnen kurzer Zeit mehr als hundert Kilo an Gewicht, nahm wieder zu und dann rasend schnell wieder ab. Seit rund fünfzehn Jahren konnte er sich nur mehr mithilfe eines Rollstuhles fortbewegen.
Mit dem Gulasch wird es leider nichts mehr. Hermes Phettberg ist am 18. Dezember im Alter von zweiundsiebzig Jahren von uns gegangen.