Nahost - Was bislang über die Tötung von Hamas-Führer Hanija ...

31 Jul 2024

Der Auslandschef der militant-islamistischen Hamas, Hanija, ist bei einer Attacke in Teheran getötet worden. Die Terrororganisation und der Iran haben dies bestätigt. Palästinenser-Präsident Abbas sprach von einer "äußerst gefährlichen Entwicklung". Was zum jetzigen Zeitpunkt bekannt ist.

31.07.2024

Ismail Hanija, Chef der radikalislamischen Hamas

Hamas-Chef Hanija getötet (Archivbild) (dpa/ Wissam Nassar) Wie kam Hanija ums Leben?

Nach Angaben der Hamas gab es einen Angriff auf eine Residenz in Teheran, in der sich Hanija aufgehalten hatte. Er habe vor seinem Tod an der Zeremonie zur Vereidigung des iranischen Präsidenten Peseschkian teilgenommen, hieß es. Ursache und Ausmaß des Vorfalls würden untersucht, die Ergebnisse später bekanntgegeben. Die israelische Tageszeitung "Haaretz" meldete, das Gebäude, in dem sich Hanija aufhielt, sei von einem Marschflugkörper getroffen worden. Nach Angaben der iranischen Revolutionsgarden kam außer Hanija auch einer seiner Leibwächter ums Leben.

Wer ist für die Tötung verantwortlich?

Die Hamas machte Israel für die Tat verantwortlich. Die Terrororganisation sprach von einem "verräterischen zionistischen Angriff" auf Hanijas Haus in Teheran. Als zionistisches Regime bezeichnen die Hamas und auch der Iran üblicherweise Israel, dem sie das Existenzrecht als Staat absprechen. Auch im iranischen Staatsfernsehen wurde Israel für den Angriff verantwortlich gemacht.

Wie äußert sich Israel?

Von Seiten des israelischen Militärs und der Regierung gibt es bislang keine offizielle Stellungnahme. Israel hatte aber angekündigt, Hanija und andere Hamas-Führer für den Terrorangriff auf das Land am 7. Oktober zu töten, bei dem etwa 1.200 Menschen ermordet und rund 250 weitere als Geiseln verschleppt wurden. Zwei der rechtsnationalen israelische Minister reagierten mit Genugtuung. Hanijas Tod mache die Welt ein bisschen besser, schrieb der Minister für das Kulturerbe, Elijahu. Eine ähnliche Äußerung kam vom Diasporaminister Chikli. Israels Regierungschef Netanjahu will die Sicherheitslage am Nachmittag bewerten.

Der Islamwissenschaftler Simon Fuchs von der Universität Jerusalem sagte im Deutschlandfunk, Israel sei nicht bereit, Kompromisse einzugehen und wolle Härte zeigen. Es gehe auch darum, absoluten Druck aufzubauen, um vielleicht doch noch zu einem Abkommen über die Freilassung der Geiseln zu kommen. Zugleich sei die Tötung Hanijas in Teheran auch eine Demütigung des Irans. Dass ein Gast ermordet werde, sei ein klares Zeichen dafür, dass niemand sicher sein könne, betonte Fuchs. Das komplette Interview mit Simon Fuchs können Sie hier nochmal nachhören.

Wie fallen die Reaktionen aus?

Palästinenser-Präsident Abbas sprach von einer "äußerst gefährlichen Entwicklung". Auch die Regierungen mehrerer Länder haben sich zu dem tödlichen Angriff auf den Chef der militant-islamistischen Hamas, Hanija, geäußert. Der neue iranische Präsident Peseschkian kündigte Vergeltung an. Irans geistliches Oberhaupt, Chamenei drohte Israel mit einer harten Bestrafung. Die Bundesregierung ließ über einen Sprecher verlauten, die Situation im Nahen Osten sei gefährlich, ein regionaler Flächenbrand müsse verhindert werden. Auch das Emirat Katar warnte vor einer gefährlichen Entwicklung.

Das russische Außenministerium sprach laut Staatsmedien von einem politischen Mord. Von türkischer Seite hieß es, der Angriff auf Hanija zeige, dass Israels Ministerpräsident Netanjahu keine Absicht habe, Frieden zu erreichen.

Welche Rolle nahm Hanija ein?

Hanija, der normalerweise in Katar lebte, wurde 2017 an die Spitze der Hamas berufen und pendelte zwischen der Türkei und Katars Hauptstadt Doha. Dadurch entging er den Reisebeschränkungen im abgeriegelten Gazastreifen und konnte als Unterhändler bei Waffenstillstandsgesprächen auftreten oder mit dem Hamas-Verbündeten Iran verhandeln. Trotz seiner harten Rhetorik in der Öffentlichkeit wurde Hanija im Vergleich zu den Hardlinern der Hamas im Gazastreifen eher als Realpolitiker und Pragmatiker angesehen.

Der Tod des 62-Jährigen dürfte die Bemühungen um eine Vereinbarung zur Freilassung der israelischen Geiseln sowie zu einer Waffenruhe im Gazastreifen erheblich erschweren. Hanija galt als zentraler Ansprechpartner bei den indirekten Verhandlungen mit den USA, Ägypten, Katar und Israel.

Diese Nachricht wurde am 31.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.

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