Mindestens 500 Israelis bei Hamas-Angriff getötet
Stand: 08.10.2023 16:09 Uhr
Bei den Großangriffen der Hamas sind in Israel wohl mindestens 500 Menschen getötet worden. Die Gefechte auf israelischem Boden gehen weiter. Für die kommenden Tage wird mit einem massiven israelischen Einsatz im Gazastreifen gerechnet.
Bei den massiven Angriffen der Terrororganisation Hamas sind in Israel mindestens 500 Menschen getötet worden. Das meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Quellen im Land. Andere Medien berichten von 600 Toten. Zudem wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums mehr als 2.000 Menschen verletzt.
Aufseiten der Palästinenser im Gazastreifen wurden bislang mindestens 370 Menschen bei israelischen Gegenangriffen getötet und 2.200 verletzt, wie das dortige Gesundheitsministerium bekannt gab. Israel griff nach eigenen Angaben 426 Ziele im Gazastreifen an.
Derweil hat das israelische Sicherheitskabinett den Kriegszustand ausgerufen. Dies erlaube "weitreichende militärische Schritte", teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit. Für die kommenden Tage wird mit einem massiven israelischen Einsatz im Gazastreifen gerechnet - möglicherweise auch mit Bodentruppen.
Israel: Hamas hält mehr als hundert Menschen als GeiselnNach Angaben der israelischen Regierung hält die Hamas mehr als hundert Menschen als Geiseln fest. Das israelische Militär hatte zuvor berichtet, dass man zwei Geiselnahmen beendet habe. Die Kämpfe "zur Befreiung von Geiseln" dauerten an, sagte Armeesprecher Daniel Hagarivor.
Laut übereinstimmenden Medienberichten soll sich unter den Geiseln auch eine Frau mit deutscher Staatsbürgerschaft befinden. Ihre Mutter habe sie auf einem Video erkannt, das online geteilt wurde. Ihre 22-jährige Tochter, die in Israel lebe, habe ein Festival nahe der Grenze zu Gaza besucht, als der Angriff begann. Auf dem Video war zu sehen, wie Palästinenser eine halbnackte und verletzte Frau auf einem Pickup offenbar in den Gazastreifen verschleppen. Die Frau auf dem Video wirkt leblos und ist offenbar verletzt.
Der "Spiegel" berichtete unter Berufung auf die Angaben der Mutter, dass die Kreditkarte der Tochter im Gazastreifen benutzt worden sei. Dies sei den Eltern von der Bank mitgeteilt worden. Eine Bestätigung des Auswärtigen Amts gab es bislang noch nicht. Es stehe aber im engen Kontakt mit den israelischen Behörden, berichtet ARD-Korrespondentin Nadine Bader aus Berlin.
Lage ist noch nicht unter KontrolleRund um den Gazastreifen hat die israelische Armee die Lage noch immer nicht vollständig unter Kontrolle. Weiterhin befinden sich militante Palästinenser auf israelischem Gebiet. An acht Orten gebe es noch Gefechte, teilte das Militär mit. Dabei seien 26 Soldaten getötet worden. Man habe Hunderte Angreifer der Terrororganisation Hamas getötet, Dutzende Angreifer seien festgenommen worden.
Der Sperrzaun zum Gazastreifen sei an 29 Stellen durchbrochen worden, diese seien inzwischen alle unter Kontrolle, erklärte die Armee weiter. Israel hatte entlang der Grenze zum Gazastreifen einen massiven Zaun errichtet, der Infiltrationen verhindern sollte. Er verläuft auch tief unter der Erde und ist mit aufwendiger Technik ausgestattet.
Die Armee evakuierte die israelischen Ortschaften an der Grenze zum Gazastreifen. Tausende Menschen sollten an andere Orte in Israel gebracht werden. Auch im Norden Israels, nahe der Grenze zum Libanon, wurden die Bewohner aufgerufen, das Gebiet zu verlassen.
Hisbollah beschießt Israel aus dem LibanonAm Morgen töteten israelische Soldaten nach Angaben des israelischen Rundfunks fünf weitere militante Palästinenser, die über den Strand nach Israel eindringen wollten. Ein Armeesprecher bestätigte allerdings lediglich, dass die Männer aufgehalten worden seien.
Zudem meldete Israel Beschuss aus dem benachbarten Libanon. Die Hisbollah-Miliz erklärte, sie habe das von Israel besetzte Gebiet der Scheeba-Farmen an der Grenze zum Libanon mit Raketen und Artillerie angegriffen. Die israelische Armee nahm nach eigenen Angaben das Gebiet, aus dem geschossen worden sei, als Reaktion unter Beschuss. Die UN-Beobachtertruppe im Libanon rief Israel und die Hisbollah zur Zurückhaltung auf.
Der Sprecher der Hamas, Ghazi Hamad, sagte dem Sender BBC, die Gruppe habe direkte Unterstützung für den Angriff vom Iran erhalten.
Die Schebaa-Farmen gehören nach Auffassung der UN zu den 1967 von Israel besetzten syrischen Gebieten. Syrien und einigen Parteien im Libanon sehen das Gebiet jedoch als libanesisches Territorium an. Die Hisbollah hatte der Hamas zuvor zu ihrem "heldenhaften, groß angelegten" und "siegreichen" Einsatz gegen Israel gratuliert.
Netanyahu kündigt Vergeltung anAls Reaktion auf die palästinensischen Angriffe beschloss Israel, unter anderem die Einfuhr von Strom-, Brennstoff- und Warenlieferungen in den Gazastreifen abzuschneiden. Ziel sei es, die militärischen und administrativen Möglichkeiten der Hamas und des Islamischen Dschihad so zu zerstören, "dass sie für viele Jahre nicht mehr in der Lage und bereit sind, die Bürger Israels zu bedrohen und anzugreifen", gab das Büro von Regierungschef Netanyahu nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts bekannt.
"Wir beginnen einen langen und schwierigen Krieg, der uns durch einen mörderischen Angriff der Hamas aufgezwungen wurde", wurde Netanyahu zitiert. Die erste Phase ende jetzt mit der "Vernichtung des größten Teils der feindlichen Kräfte, die in unser Gebiet eingedrungen sind", hieß es nach der Sitzung des Sicherheitsrats.
Die Hamas hatte Israel am Samstag mit einer beispiellosen Kombination von Großangriffen überrascht. Sie feuerte am jüdischen Feiertag Simchat Tora Tausende Raketen auf Israel ab, zugleich überwanden deren Kämpfer die schwer gesicherte Grenze zu Israel.