Zwischen Himmel und Hölle liegt Halloween
Sie fallen auf einen Tag und scheinen nichts miteinander zu tun zu haben: der Reformationstag und Halloween. Dabei handelt es sich bei letzterem um "All Hallows Eve" - den Abend vor Allerheiligen. Es geht um nichts Geringeres als um Himmel und Hölle.
Am 31. Oktober ist es wieder so weit: Während die einen – meist jüngeren Alters - in schaurigen Kostümen durch die Straßen ziehen, um Nachbarn und ansässige Geschäfte mit vor Kunstblut triefenden Verkleidungen zu erschrecken und Süßigkeiten einzuheimsen, gedenken die anderen – meist erwachsen - eines der bedeutendsten Ereignisse der Kirchengeschichte. Denn der Reformationstag und Halloween fallen auf denselben Tag. Zwei Anlässe, die gegensätzlicher auf den ersten Blick nicht sein könnten – doch so einfach ist es nicht.
Man könne Halloween "fast evangelisch feiern", findet Isabell Pawletta, die als ehrenamtliche Predigerin im Pfarrsprengel Gransee (Oberhavel) tätig ist. Denn es sei möglich, so die Kirchenmitarbeiterin, "Verbindendes zwischen Halloween und Luthers Gedanken" – auf den der Reformationstag zurückgeht – zu finden [kirchenkreis-oberes-havelland.de].
Imago Images
Zu Halloween ziehen der Tradition nach Kinder von Tür zu Tür, fordern Süßigkeiten und spielen Streiche. Doch Jugendliche schlagen oft über die Stränge, zünden Böller und Pyrotechnik. Die Berliner Polizei will das an "Brennpunkten" verhindern.
Halloween kommt von "All Hallows Eve"Denn Halloween ist ein Fest, das seine Wurzeln im katholischen Hochfest Allerheiligen hat. Schon im 9. Jahrhundert, gefeiert von den Kelten, wurde es als "All Hallows Eve" bezeichnet – den Abend vor Allerheiligen (am 1. November). Gefeiert wurde die Ernte, der Beginn der kalten Jahreszeit und der Start in ein neues Kalenderjahr - im keltischen Kalender ist der 31. Oktober der letzte Tag des Jahres. Die Kelten glaubten außerdem, dass es an diesem Tag Kontakte in das Reich der Toten geben kann. Erinnern wollte man sich der Legende nach, so Isabell Pawletta, an einen "umherirrenden" Mann, dem Himmel und Hölle verschlossen waren. Und auch Luther habe schließlich geglaubt, dass der Mensch sich zeitlebens immer zwischen Himmel und Hölle bewege, immer gleichzeitig gerecht und Sünder (lat. simul iustus et peccator) sei.
Die ersten irischen Auswanderer brachten diesen Brauch im 19. Jahrhundert in die USA mit, wo er sich allmählich zu dem entwickelte, was wir heute auch hierzulande kennen: ein Fest voller Geister, Kürbisse und gruseliger Dekorationen. Kinder und Jugendliche tragen Bettlaken als Gespenster oder schlüpfen in furchteinflößende Kostüme aus beliebten Serien wie "Haus des Geldes" oder "Squid Game".
Weil es in Berlin in den vergangenen Jahren allerdings in einigen Vierteln nicht bei martialischen Kostümen blieb, sondern zu Böllerwürfen kam und Pyrotechnik gezündet wurde, wird die Polizei auch in diesem Jahr ihre Präsenz im Stadtgebiet zu Halloween verstärken. Noch ist unklar, wie viele Einsatzkräfte 2024 dafür abgestellt werden – im vergangenen Jahr waren es etwa 1.000.
Die Begeisterung für Halloween, das in Deutschland erst seit den 1990er Jahren verbreitet gefeiert wird, ist auch in anderer, nämlich kommerzieller, Hinsicht ungebrochen. Laut einer Studie des Handelsverbands [www.einzelhandel.de] wird für 2024 ein Rekordumsatz von 540 Millionen Euro durch Halloween-Waren erwartet – ein klares Zeichen für die Kommerzialisierung dieses Festes. Über die Ladentische gehen zu diesem Anlass alljährlich Schminke, Kostüme, gruseliges Gummizeug und Party-Dekoration.
dpa/Hannes P. Albert
1 min
In Mexiko gilt: Nur wer vergessen wird, ist wirklich tot. Um das zu verhindern, werden die Toten am Día de los Muertos gebührend gefeiert. In Berlin gewinnt das Totenfest immer mehr an Bedeutung - im kleinen Kreis oder auf rauschenden Partys. Von Jenny Barke und Camilo Toledo
Ohne Niederschlag im Handel, dafür mit religiösem Aspekt steht auf der anderen Seite zum selben Zeitpunkt der Reformationstag, der an die Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen im Jahr 1517 erinnert. In vielen norddeutschen Bundesländern ist dieser Tag ein gesetzlicher Feiertag. Evangelische Christen feiern ihn als einen Tag der Besinnung und des Gedenkens an die Reformbewegung, die die christliche Welt nachhaltig veränderte. Und während sie den historischen Kontext und die religiöse Bedeutung des Tages schätzen, haben andere zur selben Zeit in der schaurigen Atmosphäre von Halloween ihren Spaß.
Und Verkleidungen zumindest war ja auch Luther selbst zugetan. Hatte er sich doch, verfolgt vom Kaiser und für tot gehalten, verkleidet als "Junker Jörg" zurückgezogen, um S̶ü̶ß̶i̶g̶k̶e̶i̶t̶e̶n̶ ̶z̶u̶ ̶s̶a̶m̶m̶e̶l̶n̶ das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen.
In diesen Bundesländern ist der Reformationstag ein Feiertag In vielen Bezirken war der Reformationstag schon zu DDR-Zeiten ein Feiertag. Er wurde allerdings in den 60er Jahren abgeschafft — doch blieb die Tradition im Osten des Landes. In folgenden Bundesländern ist der 31. Oktober heute ein Feiertag: Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen.
In diesen Bundesländern ist Allerheiligen ein Feiertag In den vorwiegend katholisch geprägten Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland ist Allerheiligen am 1. November alljährlich ein Feiertag.
In Berlin und Hessen sind beide Tage kein Feiertag, dort muss an beiden Tagen gearbeitet werden.
Hinweis: Im rbb sind Mitarbeitende bis Freitag 22:30 Uhr zum Streik aufgerufen - das trifft auch die Redaktion rbb|24. Die Kommentarfunktion dieses Beitrags - wie auch weiterer aktueller Beiträge - bleibt daher geschlossen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 31.10.2024, 6:20 Uhr