Newsblog nach dem Ampel-Aus - +++ Habeck: Entlassung von ...
Bundeskanzler Scholz hat Finanzminister Lindner entlassen. Anschließend kündigten die restlichen FDP-Minister ihren Rücktritt an. Die Ampel-Koalition ist somit zerbrochen, Scholz will im Januar die Vertrauensfrage stellen. Wichtige Entwicklungen lesen Sie hier.
07.11.2024
Bundesverkehrsminister Wissing hat angekündigt, weiter im Amt zu verbleiben. Aus der FDP werde er austreten, sagte Wissing in Berlin. Bundeskanzler Scholz habe ihn gefragt, ob er bereit sei, sein Ministeramt unter den neuen Bedingungen fortzuführen. Nach einer Bedenkzeit habe er dies bejaht. Sein Vorgehen entspreche seiner Vorstellung von Übernahme von Verantwortung, sagte Wissing. Er wolle sich selbst treu bleiben und könne den Kurs von Parteichef Lindner nicht mittragen, erklärte Wissing. Er wolle allerdings keine Belastung für seine Partei sein und trete aus. Er wolle in keine andere Partei eintreten und sich auch nicht von den "Grundwerten" der FDP distanzieren.
+++ Staatssekretär Kukies (SPD) wird FinanzministerDer bisherige Wirtschaftsberater von Bundeskanzler Scholz, Jörg Kukies, wird Nachfolger von Finanzminister Lindner (FDP). Das berichten mehrere Medien mit Bezug auf Regierungskreise. Kukies ist bisher Staatssekretär im Kanzleramt.
+++ Wirtschaftsminister Habeck: "Haushalt wäre lösbar gewesen"Die Entlassung von Finanzminister Lindner sei "folgerichtig" gewesen, sagte Habeck im Deutschlandfunk. Der Grünen-Politiker erklärte, Lindner sei es um einen prinzipiellen Politikwechsel gegangen, und nicht alleine um Haushaltsfragen. Der Finanzminister habe als FDP-Chef agiert, und nicht als Teamplayer im Kabinett. Er sei mit dem Verlauf des gestrigen Abends nicht glücklich, sagte Habeck, da es nun keinen Haushalt gebe. Diese Frage wäre lösbar gewesen. Gleichzeitig widersprach er Medienberichten, nach denen er das Amt des Finanzministers nun kommissarisch mit übernehmen werde.
+++ Vogel (FDP): "Wollten geordneten Übergang zu Neuwahlen"Der stellvertretende Parteivorsitzende wies den Vorwurf zurück, das Ampel-Aus provoziert zu haben. SPD und Grüne seien nicht bereit gewesen, die Gespräche über den wirtschaftlichen Kurs fortzusetzen, sagte Vogel im Deutschlandfunk. Die FDP habe daher einen geordnete und würdevollen Übergang zu Neuwahlen Anfang des Jahres vorgeschlagen. Vogel appellierte an Scholz, die Vertrauensfrage nicht erst im Januar zu stellen. Es müsse Klarheit durch Neuwahlen geschaffen werden.
+++ Rehlinger (SPD) wirft der FDP vor, aus Parteitaktik heraus den Bruch der Ampelkoalition provoziert zu haben.Der Regierungspartner sei offensichtlich nicht mehr bereit gewesen, zusammen mit SPD und Grünen zum Wohle Deutschlands zusammenzuarbeiten, erklärte die stellvertretende Parteivorsitzende der Sozialdemokraten. Bundeskanzler Scholz habe in dieser Situation die richtigen Schlüsse gezogen und Handlungsfähigkeit bewiesen, sagteRehlinger im Deutschlandfunk. Nun gehe es darum, einen sauberen Übergang zu organisieren, betonte die saarländische Ministerpräsidentin.
+++ Der Sozialverband VdK hat Kanzler Scholz für die Entlassung von Lindner gelobt.Scholz habe eine wichtige Weiche für eine sozial gerechte Zukunft gestellt, teilte VdK-Präsidentin Bentele mit. Die FDP habe wichtige Reformen, die soziale Absicherung und Gerechtigkeit im Land stärken sollten, immer wieder verzögert und torpediert. Als Beispiel nannte sie die Kindergrundgrundsicherung und das Rentenpaket. Bentele rief Regierung und Opposition nun zur konstruktiven Zusammenarbeit auf.
+++ Nach dem Ende der Ampel-Koalition wird in der Opposition Kritik am angekündigten Zeitplan für Neuwahlen bis Ende März laut.Der CSU-Vorsitzende Söder und mehrere CDU-Politiker forderten Kanzler Scholz auf, die Vertrauensfrage sofort und nicht erst im Januar zu stellen, um umgehend Neuwahlen zu ermöglichen. Die Unions-Fraktion kommt heute früh zu einer Sondersitzung zusammen.
Die AfD-Fraktionschefs Weidel und Chrupalla begrüßten den Koalitionsbruch als „Befreiung für Deutschland“. Scholz müsse dem Land nun einen letzten Dienst erweisen und die Vertrauensfrage umgehend stellen.
Die Vorsitzenden der Linken, Schwerdtner und van Aken, erklärten, sie seien bereit für Neuwahlen. Der Kampf um die Plätze links der Mitte sei eröffnet. Beide warfen der Regierung vor, es drei Jahre lang nicht geschafft zu haben, Sicherheit für die große Mehrheit in Deutschland zu schaffen.
Die BSW-Vorsitzende Wagenknecht warf Scholz „politische Insolvenzverschleppung“ vor. Sie sagte dem Portal T-Online, statt die Bürger für die vergangenen drei Jahre um Entschuldigung zu bitten, habe der „Noch-Kanzler“ eine selbstgerechte Wahlkampfrede gehalten.
+++ Aus der Wirtschaft kommen unterschiedliche Reaktionen auf das Ampel-Aus.Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall forderte eine Wirtschaftswende für Deutschland. Präsident Wolf sagte der „Bild“-Zeitung, angesichts der dramatischen Lage brauche es einen Befreiungsschlag mit großen, ambitionierten Maßnahmen. Nötig dafür seien eine Richtungsentscheidung und handlungsfähige Mehrheiten. Daher sollten so schnell wie möglich Neuwahlen stattfinden.
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Fahimi, forderte eine parteiübergreifende Zusammenarbeit mit Kompromissen für wichtige Beschlüsse. Jetzt müssten sich alle verantwortungsvollen Demokraten zusammenraufen und die dringendsten Entscheidungen für die deutsche Wirtschaft und die soziale Absicherung treffen.
Für baldige vorgezogene Wahlen sprach sich auch der Ökonom Clemens Fuest vom Münchner Ifo-Institut aus. „Ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende“, sagte Fuest dem Nachrichten-Sender ntv. „Es ist richtig, schnell zu neuen Wahlen zu kommen.“
+++ SPD-Chefin Esken rechnet mit Scholz als Kanzlerkandidaten bei Neuwahlen.Man werde gemeinsam in den Wahlkampf gehen, kündigte Esken im RTL-Fernsehen an. Der Bundeskanzler habe jetzt die richtigen Maßnahmen ergriffen und lange verhandelt, fuhr Esken fort. Die FDP sei das Problem gewesen. „Dass wir nicht zu einer Lösung gekommen sind, lag nicht am Bundeskanzler“, sagte die SPD-Politikerin. Sie rief die Unionsparteien nun zur Zusammenarbeit bei den Verhandlungen über den kommenden Bundeshaushalt auf.
Diese Nachricht wurde am 07.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.